Pfaffenhofen
Mit einem Laubfrosch die Erotik wecken

Eine Ausstellung im Rathausfoyer zeigt die Geschichte von Liebe, Sex und Zärtlichkeit in der Holledau

23.06.2019 | Stand 25.10.2023, 10:33 Uhr
Mit verschiedenen Ausstellungsstücken unter anderem aus dem alten Mesnerhaus hat Frieder Leipold (rechts) eine Ausstellung im Rathausfoyer gestaltet. Am Freitagabend wurde die Schau im Rahmen des Kultursommers eröffnet. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Vielleicht war's ja manchem am Freitagabend zu schwül, witterungsbedingt und thematisch. Denn was soll man erwarten von einer Ausstellung, die sich dem Thema Liebe, Sex und Zärtlichkeit im Pfaffenhofener Land widmet? Noch keine drei Dutzend Gäste waren auf die Ausstellungseröffnung "Glaube - Liebe - Gute Hoffnung" im Rathaus-Foyer neugierig. Interessierte haben aber noch bis Anfang August die Chance, diese Schau im Rahmen des Kultursommers zu sehen.

 


Die Besucher am Freitagabend allerdings konnten, so Pfaffenhofens Zweiter Bürgermeister Albert Gürtner (FW), tief eintauchen in die "Geschichte der Liebe in der Romantik" und in das "Mystisch-Verborgene", das unseren Vorfahren eigen war. Kurator Frieder Leipold hatte die Exponate aus dem alten Pfaffenhofener Mesnerhaus und dem Museum für religiöse Kunst ausgewählt, um zu zeigen, wie Uroma in einer Zeit, "als das Wünschen noch geholfen hat", wie es im Froschkönig heißt, Uropa fand. Ob's tatsächlich immer geholfen hat und ob die Erfüllung der Wünsche auch ein erfülltes Liebesleben garantierte, darf allerdings bezweifelt werden.

Die Ausstellung beginnt thematisch mit der Partnersuche und einem fast 400 Jahre alten Tafelbild, das in der ehemaligen Spitalkirche hing. Es zeigt den heiligen Franz Xaver, Mitbegründer des Jesuitenordens, der der Überlieferung nach als Missionar außergewöhnlich erfolgreich war. Unmengen Weihwasser muss er verbraucht haben, um 1,2 Millionen Inder, wie es eine Tafel auf dem Gemälde verrät, zu taufen.

Ein wenig von der Wirkkraft des so erfolgreichen Wassers erhofften sich damals auch Mädels auf Brautschau. Das Begleitheft zur Ausstellung erklärt das Prozedere: Sie schauten in das am Xaveritag geweiht Wasser und hofften, darin das Gesicht ihres Zukünftigen zu erkennen. Und damit man nicht nur sich selbst erkennt, wurde das Wasser in Wallung gebracht.

Zeigte einem die Auserwählte die kalte Schulter, versuchten die Burschen mit magischem Zauber die erotische Eisschicht zu schmelzen. Die Ausstellungsbroschüre verrät das Wie: Ohrenschmalz wurde ins Getränk der Angebeteten gerührt. Umgekehrt erhofften sich die Mädels denselben Effekt mit Menstruationsblut. Wem dazu nur ein "Igitt" einfiel, der konnte alternativ am Lukastag, dem 18. Oktober, einen Laubfrosch fangen und mit dessen Pfote die Auserwählte blutig ritzen. Wirkte der Zauber und wurde die Erwählte schwanger, war völlig klar, dass geheiratet werden musste. Denn Sex vor der Ehe verhieß nichts Gutes, weil "unordentlicher Beyschlaf mehr zur Wollust als Erzeugung der Kinder nicht zur Beförderung ihrer Glückseligkeit so tauglich und bequem ist".

Ähnlich magisch wie bei der Brautschau versuchte man damals auch, sich während der Schwangerschaft und des Wochenbetts den Himmel gewogen zu machen. Hans Hipp, der Ausstellungstücke aus der Lebzelterei seines Hauses beigesteuert hat, zeigt auf ein wächsernes Exponat: "Diese Brust ist von meinem Großvater!" Seit 400 Jahren werden bei Hipp Votivgaben hergestellt wie diese kleine Plastik, die auf der vorderen Seite eine Brust und auf der Rückseite das Christus-Monogramm zeigt. Weil sich das einfache Volk früher statt Ärzten nur quacksalbernde Bader leisten konnte, suchte man zum Beispiel bei einer Brustentzündung Hilfe im Himmel und brachte die dem Leiden entsprechende Wachsspende zur Niederscheyrer Kirche, früher ein weithin bekannter Wallfahrtsort. "Es war eine wundergläubige Zeit", sagt Hipp, "in der man versucht hat, mit dem Himmel Geschäfte zu machen." Er meint das in keiner Weise abträglich: "Die Menschen waren damals tief im Glauben verwurzelt."

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. August im Rathaus-Foyer zu sehen. Geöffnet ist Montag von 8 bis 16 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 12 Uhr und Donnerstag von 7 bis 18 Uhr. Zudem ist an jedem ersten und dritten Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
 

 

Albert Herchenbach