Manching
Mehr als nur nostalgische Erinnerung

Vor 40 Jahren: Letztmals Fahrgäste am Bahnhof Manching - Neue Studie über Haltepunkte-Ausbau in Auftrag

28.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:16 Uhr
Die Zeit der Dampflokomotiven ist längst Geschichte, ebenso wie die Personenbeförderung am Bahnhof Manching. Deutlich länger hielt sich die Rollende Landstraße, bis sie 2005 nicht mehr lukrativ war. Die ÖDP im Stadtrat Ingolstadt setzte sich Ende vergangenen Jahres für eine erneute Lkw-Beförderung mit dem Zug in der Region ein. −Foto: Schmidtner

Manching - Menschen, Lkw, Zuckerrüben oder Rüstungsgüter wurden vom Manchinger Bahnhof aus befördert, seit dieser am 1. Juni 1874 eröffnet worden ist.

Vor 40 Jahren stiegen die letzten Fahrgäste ein, die Personenbeförderung ist seitdem Geschichte. Doch im Zuge der Entwicklung eines regionalen Verkehrsverbunds (Stichwort Audi-Bahnhalt) wäre der Manchinger Bahnhof nicht uninteressant, finden INVG-Geschäftsführer Robert Frank und Bürgermeister Herbert Nerb.

Seine größte Rolle spielte der an der Strecke Ingolstadt-Regensburg gelegene Bahnhof im Zweiten Weltkrieg. Damals gab es eine Gleisverbindung vom Bahnhof in den Fliegerhorst, um Flugbenzin, Rüstungsgüter und Soldaten zu befördern. Ab 1948 waren der Bahnhof und die Bahnhaltestelle Manching-West an der Niederfelder Straße für Jahre die einzige Verbindung für die Bürger, um nach Ingolstadt zu fahren. Denn an den besagten Stellen hielt jeder Personenzug.

Doch nachdem immer weniger Fahrgäste einstiegen, wurde die Bahnstation an der Niederfelder Straße 1955 aufgelöst und das Gebäude im Oktober 1971 abgerissen. Am 1. Juni 1980 stellte der Fahrdienstleiter Heinrich Brotsack auch am Manchinger Bahnhof zum letzten mal die Weichen und gab das letzte Signal zur Weiterfahrt für einen Personenzug - obwohl der damalige Bürgermeister Hans Stutz samt Gemeinderat für den Erhalt der Bahnstation gekämpft hatten. In einer scharfen Protestnote hatte Stutz darauf verwiesen, dass sich die Auflassung des Manchinger Bahnhofs für den Personenverkehr nicht mit dem Landesentwicklungsplan und der Stellung Manchings als Unterzentrum vereinbaren lasse. Es wurde damals sogar der Verdacht geäußert, dass die Stilllegung des Bahnhofes von langer Hand vorbereitet worden sei. So hielt der Zug laut Fahrplan für die tägliche Personenbeförderung 1964 noch 18 Mal, 1973 waren es noch elf Mal. 1976 hielten nur noch ganze vier Züge am Manchinger Bahnhof.

Im November 1992 protestierten 35 Landwirte - vor allem die Zuckerrübenbauern aus Westenhausen, Manching und Umgebung - gegen die Entscheidung der Bahn, die Verladung der Rüben am Manchinger Bahnhof aus wirtschaftlichen Gründen einzustellen. Von 1950 bis 1992 waren über 10 000 Waggons auf die Reise in die Zuckerfabriken geschickt worden.

1993 rollten dann die Bagger und Bauarbeiter an, um das Gelände umzubauen. Ein Großteil der alten Gebäude und Anlagen wurde abgebaut, um das Areal für die Rollende Landstraße zur Beförderung der Lastkraftwagen zum Brennersee attraktiv zu gestalten. Trotz Bedenken seitens der Manchinger Bevölkerung wegen der zu erwartenden Lärmbelästigungen nahm am 29. Mai 1994 die Bahn den Verladebetrieb auf. Gut zehn Jahre später war die Rollende Landstraße jedoch schon wieder Geschichte: Sie war nicht mehr lukrativ und der Betrieb wurde mangels Nachfrage eingestellt. Ging man anfangs von zehn Zügen mit 18 Waggons, also 180 Lkw am Tag aus, waren es später weit über 100000 Lkw im Jahr. Doch mit dem Auslaufen der Ökopunkteregelung in Österreich kam auch das Aus für die Rollende Landstraße, die Nachfrage ging drastisch zurück.

Heute ist das gesamte Gelände außer dem Bahngebäude und einem schmalen Streifen im Besitz des Autohauses Bierschneider, der auf dem Gelände Autos abstellt und dort eine neue Firmenzentrale bauen will.

Doch die sich mit einem Bahnhof bietenden Möglichkeiten sind mehr als nur nostalgische Erinnerung. Wie Manchings Bürgermeister Herbert Nerb erzählt, habe es im Zusammenhang mit der Erweiterung des ganzen Gewerbegebiets dort in den vergangenen Jahren immer wieder Ideen für eine spätere, mittelfristige Nutzung des Bahnhofs gegeben. Mit der Deutschen Bahn hat der Markt Manching bisher nicht gesprochen. Aber wenn die entsprechende Nachfrage und Kapazität im Gewerbegebiet vorhanden ist, könnte sich Nerb durchaus vorstellen, dass die Agilis-Züge in Manching halten.

"Für die Bürger des Ortes ist der Bahnhof aber nicht so interessant", räumt der Rathauschef ein. Der Weg vom Hauptort dorthin ist zu weit, die ganze Zubringersituation schwierig. Doch auch für den Personenverkehr ist der Bahnhof Manching nicht abgeschrieben. "Wenn der Autoverkehr durch Ingolstadt noch dichter und schwieriger wird, könnte es wieder interessant werden. " Nerb denkt hier vor allem an die Rush Hours. So mancher Manchinger, der bei Audi arbeitet, käme mit dem Zug schneller vom Bahnhof Manching zum neuen Audi-Bahnhalt, als wenn er mit dem Auto durch Ingolstadt fahren muss.

INVG-Geschäftsführer Robert Frank verweist ebenfalls auf den Audi-Bahnhalt und auf den geplanten Bahnhalt Brunnen ("zwei ermutigende Beispiele") , der voraussichtlich im Herbst aktiviert wird. Die INVG sei außerdem bei einer erst jetzt in Auftrag gegebenen Studie beteiligt, mit der Potenziale von Massenverkehrsmitteln untersucht werden sollen und in diesem Rahmen auch zusätzliche Haltepunkte in Ingolstadt sowie in der Region. "Der Ausbau der Haltepunkte passt zu unserer Gesamtstrategie", so Frank. Neben den technischen Möglichkeiten müssten natürlich auch entsprechende Einsteigezahlen zu erwarten sein. Außerdem mache ein Bahnhalt nur Sinn in Verbindung mit Radstellplätzen und Park-and-Ride-Anlagen für Autos. "Alles auf der Schiene entlastet die Straßen der Stadt enorm", so Frank. Die Entscheidung liegt bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft.

PK