Pfaffenhofen
Wahlspiel ohne Sieger

Die zweite Podiumsdiskussion verläuft deutlich lebendiger als vor drei Wochen - Streit um PFC

09.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:29 Uhr
Ein übergroßes Spielfeld entschied über die Fragen, die den Kandidaten gestellt wurden. −Foto: Wenisch

Pfaffenhofen - Sie können also doch streiten.

 

Nach der ersten Diskussionsrunde, bei der sich die Pfaffenhofener Landratskandidaten noch mit gegenseitigen Attacken zurückgehalten haben, zeigen sie sich im zweiten Aufeinandertreffen deutlich angriffsfreudiger. Kontroversen gibt es bei der Debatte am Sonntag, zu der der Pfaffenhofener DGB-Kreisverband eingeladen hat, etwa zu den Themen PFC oder zu der angeblichen CSU-Tarnliste Bürgerliste.

Organisiert ist das Aufeinandertreffen von sechs Landratskandidaten - die AfD war wie berichtet vom DGB nicht eingeladen worden - in Form eines Spiels. Das Würfelglück entscheidet bei "Mensch wähl mich" über die Themenfelder - zur Wahl stehen unter anderem Pflege, Verkehr, Daseinsvorsorge, Wirtschaft oder Wohnen - und welche konkreten Fragen die Kandidaten gestellt bekommen. Zudem haben die Kandidaten die Möglichkeit, mit sogenannten Veto-Karten direkt auf den Vorredner zu reagieren.

Für die erste Auseinandersetzung zwischen den Bewerbern sorgt aber nicht eine von den Veranstaltern gestellte Frage, sondern eine Wortmeldung aus dem Publikum. Wie Kerstin Schnapp als Grünen-Kandidatin gedenke das PFC-Problem im Landkreisnorden zu lösen, will eine Besucherin wissen. Schnapp verspricht, "alles zu tun, dass ihr euer Geld bekommt". Dass die Verantwortung zwischen Bund und Land hin- und hergeschoben werde, sei nicht hinnehmbar. FDP-Kandidat Thomas Neudert wirbt dagegen für Vertrauen in den Staat, die Grundwasserreinigung benötige eben Zeit. Und auch Martin Rohrmann (CSU) warnt vor Schnellschüssen: Er erklärt, das Landratsamt sei eigentlich nicht zuständig. Es brauche aber endlich einen Runden Tisch, um alle beteiligten zusammenzubekommen.

Die anderen Kandidaten wollen dagegen Tempo machen: Es brauche Sofortmaßnahmen, man könne "nicht auf das achte und neunte Gutachten warten", kritisiert Albert Gürtner (FW). Wenn Bürger die Umwelt verschmutzten, seien die Behörden sofort da, wenn aber die Bundeswehr Schuld sei, passiere lange nichts. "Das finde ich ein Armutszeugnis", sagt Gürtner. SPD-Bewerber Andreas Herschmann hat einen sehr pragmatischen Lösungsvorschlag: Er würde auf dem Bundeswehrgelände einen Bauschuttplatz ausweisen, auf dem die betroffenen Anlieger ihr kontaminiertes Material zur Endlagerung abladen könnten, sagt er. Und auch Schnapp zeigt sich mit den Einwänden alles andere als einverstanden: "Aber man könnte ja mal anfangen", sagt sie zu den Verzögerungen bei der Grundwasserreinigung.

Rohrmann und die CSU nimmt Schnapp gleich mehrfach ins Visier. Immer nur der Verweis darauf, dass das Landratsamt nicht zuständig sei, reiche nicht. Ein Landrat könne in Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern und mit dem Kreistag anpacken. Das aber gehe nur "mit veränderten Mehrheiten", sagt sie mit Blick auf die Christsozialen, die im Kreistag die größte Fraktion stellen.

Für Gesprächsstoff sorgt auch die neu gegründete Bürgerliste. Deren Vertreter Karl Huber sieht es nicht als geboten an, mit einer Veto-Karte einzuschreiten, als seine Gruppierung in einer Publikumsfrage des Wolnzacher SPD-Bürgermeisterkandidaten Werner Hammerschmid als zweite CSU-Liste dargestellt wird. Daraufhin muss sich Huber Häme von Albert Gürtner gefallen lassen. Dass Huber auf den Vorwurf nicht reagiere, sei interessant. Daraufhin zückt Huber dann doch sein rotes Kärtchen und erklärt, auf seiner Liste gebe es nicht nur CSUler, sondern auch SPDler, Grüne oder FW-Sympathisanten. Und dass er trotz seiner Bürgerlisten-Kandidatur weiterhin CSU-Mitglied sei, begründet Huber mit einem Fußballvergleich: Wenn ein Spieler in einem Club den Sechser spiele, in einem anderen aber die Möglichkeit habe, als 10er aufzulaufen, könne er doch trotzdem auch weiterhin Mitglied des ersten Vereins sein, sagt er.

Den längsten Applaus des Tages erntet im Übrigen Albert Gürtner, als er erklärt, dass er die DGB-Absage an AfD-Kandidat Claus Staudhammer für absolut korrekt halte. Die Rechtspopulisten seien eine Partei, "die nicht nach den demokratischen Grundprinzipien handelt". Dass der DGB ihr nicht die Möglichkeit gebe, sich öffentlich zur Schau zu stellen, sei daher grundsätzlich richtig. Unter die Zustimmung mischen sich aber auch Buhrufe von anwesenden AfD-Funktionären und -Anhängern.

Ansonsten gelingt es den Bewerbern dieses Mal besser als bei der ersten Debatte vor drei Wochen, ihre Botschaften auch in kurzen Statements unters Volk zu bringen. So befürwortet etwa Rohrmann ein Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe, um mehr Pflegepersonal zu gewinnen. Gürtner verspricht Gründer- und Handwerkerzentren im Landkreis, um Existenzgründern Büro- und Lagerräume zur Verfügung stellen zu können. Herschmann spricht sich klar für die Reaktivierung der Bahnstrecke Wolnzach-Rohrbach aus und will eine Kreis-Wohnbaugesellschaft namens Haller-Bau gründen. Und Neudert will die Verbindungen zu den bestehenden Bahnhöfen im Landkreis verbessern. Nicht nur an der Bahnstrecke München-Ingolstadt, sondern auch nach Vohburg und Münchsmünster - diese Bahnhalte würden in der Debatte meist vergessen. Huber will neuen Wohnraum vor allem durch eine verbesserte Beratung für die Gemeinden schaffen: Er plant die Einsetzung eines Kompetenzteams am Landratsamt, das den Kommunen hilft. Schließlich seien die Fördertöpfe voll und müssten nur ausgeschöpft werden. Und Schnapp will die Bildung beispielsweise durch eine bessere Ausstattung und neues Personal stärken. Ein Lehrer könne sich nicht nebenbei als Systemadministrator um die ganze technische Ausstattung einer Schule kümmern.

Ein Gewinner des Spiels "Mensch wähl mich" ist letztlich nicht auszumachen. Zwar holt Moderator Roland Dörfler mithilfe von Smiley-Karten, die die Besucher hochhalten und mit denen sie jeden einzelnen Kandidaten bewerten können, ein Stimmungsbild ein. Rote und grüne Karten sind aber jeweils bunt gemischt. Die Wahl dürfte also spannend werden.

PK

Daniel Wenisch