Wolnzach
Volle Rückendeckung für Birgit Janecek

Grüne bestimmen 35-jährige Wolnzacherin zu ihrer Bürgermeisterkandidatin - 14 Listenbewerber

11.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:24 Uhr
Acht der insgesamt 14 Listenbewerber konnten bis zum Gemeinschaftsfoto bleiben, fünf hatten aus terminlichen Gründen früher gehen müssen, eine Kandidatin war in Abwesenheit gewählt worden. −Foto: Zurek

Wolnzach (WZ) Für Deutschland ist der 9. November bereits in mehrfacher Hinsicht ein "historischer Tag". Nun bekommt er auch in den Annalen der Wolnzacher Grünen dieses Attribut, denn erstmals kandidiert jemand aus der Partei für das Bürgermeisteramt - und erstmals ist es eine Frau.

"So viele waren wir noch nie", freute sich Tom Kupka als Vorsitzender der örtlichen Grünen über die Enge, die im Nebenzimmer des Gasthofs Post anlässlich der Aufstellungsversammlung am Samstag herrschte. Auch Kerstin Schnapp war als Vertreterin des Kreisverbandes erschienen. Nie zuvor habe in Wolnzach eine Grüne "zum Sturm auf das Rathaus geblasen", das sei "sensationell" und ein Zeichen dafür "wie wir wachsen und uns in der Kommunalpolitik immer mehr verwurzeln", so Schnapp, die statt Sonnenblume mit Blick auf den anstehenden, zeitintensiven Wahlkampf scherzhaft einen pflegeleichten Kaktus als Geschenk mitgebracht hatte.

Was sie antreibt und wofür sie steht, formulierte Bürgermeisterkandidatin Birgit Janecek in ihrer Vorstellungsrede (siehe auch nebenstehende Meldung). Was die Grundsätze ihrer Partei betrifft, verwies sie auf das ausliegende Positionspapier mit der programmatischen Überschrift: "Weil wir hier leben - Wolnzach wird Grün". "Lebenswert", "klimaneutral", "gemeinschaftlich", "ökologisch" und "zukunftsfähig" soll der Markt werden. Auf dem Weg dahin wollen sich die Grünen für eine Privilegierung von Fußgängern, Radfahrern und den ÖPNV einsetzen, für eine verkehrsberuhigte Preysingstraße und eine höhere Aufenthaltsqualität im Zentrum. Zudem streben sie den bedarfsgerechten Ausbau von Ganztagsangeboten an der Schule und eine Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, auch bei der Ausweisung von Bebauungsplänen, an. Darüber hinaus fordern sie "noch mehr Energie in Bürgerhand" und ein kommunales Klimaschutzkonzept. Weltoffenheit und ein gutes Miteinander durch die Förderung von Teilhabe ist ihnen laut Programm ebenso wichtig wie der Gewässerschutz, die nachhaltige Bewirtschaftung kommunaler Flächen und Wälder, eine Baumschutzsatzung für die Gemeinde, mehr Blühwiesen, Dach- und Fassadenbegrünung im Sinne der Schaffung neuer Lebensräume und die Entwicklung kommunaler Strategien zur Plastikvermeidung. Auch die Wirtschaftsförderung soll sich "an nachhaltigen Kriterien wie Ökologie, Lebensqualität, Mitbestimmung, Sozialstandards und Geschlechtergerechtigkeit" orientieren. Bei Ausschreibungen wolle man darauf achten "dass Wettbewerb, Regionalität und ökologische wie soziale Verantwortung berücksichtigt werden". Zentrale Idee ist überdies die Einführung eines "Bürgerhaushalts" zur Finanzierung von Projektideen aus der Bürgerschaft. "Es geht um nicht weniger als unsere Heimat und Lebensgrundlage", so das Credo, das die Kandidaten mit unterschiedlichen Schwerpunkten vertreten. Durch das komplizierte Wahl-Prozedere, bei dem es auch besondere Bestimmungen zum Geschlechterproporz zu beachten galt, führte die per Akklamation einstimmig zur Versammlungsleiterin bestimmte Brigitta Winkelmann vom Ortsverband Baar-Ebenhausen. Ohne Gegenstimme wurde Birgit Janecek zur Bürgermeister-Kandidatin gewählt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Sie führt die Reihe der 14 Kandidaten an, die es ohne große Diskussion auf die Liste für die Wahl zum Gemeinderat geschafft haben. Keinen ausreichenden Rückhalt fand hingegen Nikolaus Schuster, für den sich nur vier der zwölf Wahlberechtigten aussprachen. "Knackpunkt" war offenbar, dass der Vorsitzende des Wolnzacher Gewerbeverbandes auf Kreisebene für die Bürgerliste kandidiert. Das ist zwar, wie Winkelmann erläuterte, formal möglich, weil Schuster kein Parteimitglied ist. Einige der Anwesenden hegten indes Befürchtungen, dies könnte zu Loyalitätskonflikten führen, wenn die Bürgerliste Entscheidungen trifft, die "konträr" zu jenen der Grünen stehen. Trotz gegenteiliger Beteuerungen Schusters überwogen letztlich die Zweifel und er fand keine Mehrheit für seine Listenkandidatur.
 

ZUR PERSON

Birgit Janecek ist Bürgermeisterkandidatin der Wolnzacher Grünen. Sie ist 35 Jahre alt und in Hög aufgewachsen. Nach dem Abitur am Hallertau-Gymnasium Wolnzach studierte sie Politikwissenschaften in Regensburg. Sie arbeitete für Abgeordnete in mehreren Parlamenten und aktuell ist sie als persönliche Referentin der Grünen-Landtagsabgeordneten Sabine Weigand tätig.

Seit vier Jahren lebt sie mit ihrem Mann, dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek, und der gemeinsamen Tochter in Wolnzach. Der Umzug hierher war für sie so etwas wie eine Rückkehr, denn schon seit ihrer Gymnasiumszeit fühlt sie sich - wie sie sagt - Wolnzach sehr verbunden. Hier hatte sie ihre erste Clique, genoss zahlreiche legendäre Siegelhallenpartys. Sie sei "schon immer grün" gewesen, beschreibt sie sich selbst. Weltweite Entwicklungen bewirkten "Verzweiflung und Motivation" gleichermaßen, in ihr hätte das den Drang geschürt, selbst etwas bewegen zu wollen. Ihre Ziele beschreibt sie auszugsweise so: eine klimaneutrale Kommune, die Einbeziehung der Aspekte Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz sowie das Schonen von Ressourcen. Prioritäten sollte ihrer Ansicht nach auf den Verkehr gelegt werden, hier sollten Fußgänger und Radlfahrer Vorrang vor Autos haben. Den Ortskern attraktiver machen, die Bürger in Entscheidungen stärker einbinden, einen eigenen "Bürgerhaushalt" für Projekte, die aus der Bürgerschaft kommen, nennt sie als weitere Ziele.

Maggie Zurek