Wolnzach
"Kein flächendeckender Befall"

Das Citrus Bark Cracking Viroid ist heuer in vier weiteren Betrieben der Hallertau nachgewiesen worden

03.09.2020 | Stand 23.09.2023, 13:54 Uhr
Ein Hopfengarten mit Befall durch das Citrus Bark Cracking Viroid: Das Bild zeigt eines der Teams bei der Probennahme neben positiven Pflanzen. Die Reben fallen durch ihr gestauchtes und vermindertes Wachstum auf. −Foto: LfL

Wolnzach - Das bei Hopfenbauern gefürchtete Citrus Bark Cracking Viroid ist dieses Jahr in vier Betrieben der Hallertau nachgewiesen worden. Experten sprechen allerdings von keinem flächendeckenden Befall.

Als es im vergangenen Jahr kurz vor der Ernte erstmals in deutschen Hopfengärten nachgewiesen wurde, sorgte das für Schlagzeilen weit über die Hopfenfachwelt hinaus: Das sogenannte Citrus Bark Cracking Viroid (CBCVd) gilt als ernstzunehmende Gefahr für das "Grüne Gold", denn eine unkontrollierte Ausbreitung kann innerhalb weniger Jahre zum Totalausfall der betroffenen Anlagen führen. Nachdem das Viroid 2019 in drei Betrieben auf Geisenfelder Flur nachgewiesen wurde, hat man es heuer in vier weiteren Betrieben der Hallertau festgestellt. Aber es ist "kein flächendeckender Befall", so Adolf Schapfl, Präsident des Verbands Deutscher Hopfenpflanzer. Es handle sich meist um Einzelpflanzen, "also keinen großen Befall, der auch erntemäßig keinen negativen Eindruck in der Hallertau hinterlässt".

Das bestätigt Simon Euringer (kleines Foto), Pflanzenschutzexperte am Hopfenforschungsinstitut Hüll, auf Anfrage unserer Zeitung. "Die Verbreitung des Viroids beschränkt sich punktuell auf wenige Betriebe", sagt er. Im Rahmen eines risikobasierten Monitoringprogramms in allen bayerischen Anbaugebieten hatte man heuer nach seinen Angaben mehr als 650 Hopfengärten bonitiert und beprobt. Dabei wurde in den drei bereits bekannten Betrieben erneut Befall festgestellt, darüber hinaus in vier weiteren. Von ihnen liegen laut Adolf Schapfl zwei im "Ursprungsgebiet", also bei Geisenfeld, die zwei weiteren an anderen Stellen in der Hallertau, seines Wissens nach im mittleren und südlichen Bereich. In den anderen deutschen Anbaugebieten Tettnang, Spalt und Elbe-Saale wurde das Viroid im Hopfen bislang nicht nachgewiesen.

Laut Simon Euringer gibt es Hinweise darauf, dass die Infektionen in einigen der betroffenen Betrieben bereits seit mehreren Jahren bestehen. "Der Befallsgrad ist daher ebenfalls sehr unterschiedlich." Anhand dessen könne man zwar vermuten, welche Hopfengärten bereits länger infiziert sind als andere, die erste infizierte Hopfenpflanzer könne aber wie erwartet nicht mehr ermittelt werden.

Damit sich der Schaderreger während der inzwischen laufenden Ernte nicht weiterverbreitet und andernorts eingeschleppt wird, gelten für die Betroffenen strikte Maßnahmen: Diese Landwirte dürfen zunächst keine Fechser erzeugen oder Maschinen überbetrieblich einsetzen. Daneben ist ihnen untersagt, Rebenhäcksel oder anderes Hopfenpflanzenmaterial außerhalb des Betriebs zu verbringen. Das schließt laut Euringer auch den Transport in Biogasanlagen mit ein. "Kontaminierte Ernterückstände haben Verbreitungspotenzial", erklärt er. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), das Landwirtschaftsministerium sowie der Hopfenpflanzerverband unterstütze die betroffenen Betriebe, "um ein individuelles und praktikables Rebenhäckselmanagement zu etablieren".

Zudem müssen die Landwirte befallene Pflanzen eliminieren und "befallsverdächtige Bestände" roden. Diese Empfehlung gelte nach wie vor, so Euringer. Ob und wie lange die Landwirte auf den Flächen danach keinen Hopfen anbauen dürfen, ist im Moment offen. Dazu stehen noch Entscheidungen auf europäischer und bundesdeutscher Ebene aus.

Eine relativ sichere Vermutung gibt es dazu, wie das Viroid überhaupt in die Hopfengärten der Hallertau gekommen ist: Da Zitruspflanzen und -früchte mit dem CBCVd infiziert sein können, gilt Kompost mit entsprechendem Material als möglicher Eintragsweg. Während das Viroid an Zitruspflanzen aber meist keine oder geringe Symptome verursacht, ist es für den Hopfen dagegen gefährlich: Die ersten optischen Symptome - dazu gehören deutlich gestauchtes Wachstum, Vergilben der Blätter (sogenannte Blattchlorose) und das namensgebende Aufplatzen der Rebe ("bark cracking") - treten nach ein bis zwei Jahren auf. Bei schwerem Krankheitsverlauf erreicht der Hopfen nicht einmal Gerüsthöhe. Der Verlauf endet mit dem Absterben der Pflanze, die bis dahin infiziert bleibt. Eine direkte chemische oder biologische Bekämpfung ist nicht bekannt.

Nicht immer bedeuten die genannten Symptome allerdings, dass tatsächlich ein Befall mit dem CBCVd vorliegen muss. Darauf weist ein Beitrag im LfL-Jahresbericht 2019 zur Sonderkultur Hopfen hin: So kann das Aufplatzen von Reben auch eine Folge von mechanischen Verletzungen oder Bewegungen durch den Wind sein. Auch Blattvergilbungen können viele andere Ursachen haben. Simon Euringer: "Für Laien ist der Unterschied zwischen einer jungen Hopfenpflanze oder einer mit CBCVd-infizierten Hopfenpflanze nur sehr schwer ersichtlich. Bei einer Autofahrt durch die Hallertau könnte man meinen, dass das CBCVd sehr viel weiter verbreitet ist."

Dass das nicht der Fall ist, dürfte die Pflanzer und Hopfenfachleute etwas beruhigen. Die Ergebnisse des Monitorings geben laut Adolf Schapfl "relativ große Sicherheit, dass das Viroid nicht ganz so weit verbreitet ist". Dennoch sei Vorsicht geboten. Das Viroid habe zweifelsohne Potenzial, verweist Schapfl auf die Situation in Slowenien. Dort wurde das CBCVd erstmals im Jahr 2014 im Hopfen nachgewiesen. Die Folgen des Befalls sind drastisch: Aktuell sind in Slowenien 29 Betriebe betroffen, aufgrund des Viroids mussten mehr als 290 Hektar Hopfenfläche gerodet werden.

In der Hallertau gibt man sich zuversichtlich: "Wir schauen, dass wir es in den Griff bekommen", sagt Adolf Schapfl über das Citrus Bark Cracking Viroid. Dazu soll die Forschungsarbeit in Hüll entsprechend ausgeweitet und 2021 erneut ein Monitoring aufgelegt werden.

WZ

Katrin Rebl