Kampfabstimmung zwischen zwei CSU-Räten

Bei der Wahl des dritten Bürgermeisters ging es extrem eng zu - Keine Änderungen bei neun der 16 Referate

05.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:54 Uhr
Ihren Amtseid geleistet haben in der Sitzung am Montagabend auch die sechs neuen Stadträte Andreas Aichele (von links), Andrea Dietenhofer, Günter Haslbeck, Josef Robin, Renate Robin und Karl Steinberger. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld - Nein, so viel Spannung war bei der Wahl des dritten Bürgermeisters gar nicht zu erwarten gewesen - schließlich war zwischen den drei großen Stadtratfraktionen eigentlich alles abgesprochen. Doch dann wurde es für Andreas Aichele (CSU) in der konstituierenden Sitzung am Montagabend eng. Sehr eng sogar. Eine Stimme weniger, und es wäre zu einer Stichwahl zwischen ihm und seinem Fraktionskollegen Erich Deml gekommen.

Dass auch der neue Geisenfelder Bürgermeister - vor dem Hintergrund stetig wachsender Aufgaben - wieder zwei Stellvertreter haben soll, dies wurde nach der Vereidigung Paul Webers und der sechs neu gewählten Stadträte vom Gremium einstimmig und ohne Debatte so beschlossen. Breite Unterstützung fand dann Erich Erl (FW, unter Christian Staudter noch dritter Bürgermeister) bei seiner Wahl zu Webers erstem Stellvertreter. 21 von 25 Stimmen - klare Angelegenheit.

Aus den Reihen der CSU sollte, gemäß der Absprache der drei großen Fraktionen, der neue dritte Bürgermeister kommen. In der CSU hatte man sich dafür im Vorfeld mehrheitlich auf Andreas Aichele verständigt, und dieser wurde von seinem Parteikollegen Martin Lachermeier dann auch vorgeschlagen. Doch dann bekam Aichele, für viele überraschend, einen Gegenkandidaten aus den eigenen Reihen: den von Josef Robin (AfD) vorgeschlagenen Erich Deml.

Mucksmäuschenstill war es in der Anton-Wolf-Halle, als Paul Weber wenig später das Ergebnis der geheimen Abstimmung bekanntgab: eine Stimme für Hans Schranner, zwei für Reinhard Bachmaier, neun für Erich Deml und 13 für Andreas Aichele. Dieser erreichte damit im ersten Wahlgang denkbar knapp die absolute Mehrheit der 25 Stimmen und wurde gleich anschließend als dritter Bürgermeister vereidigt.

Dies übernahm Paul Weber, der zu Beginn der Sitzung auf die "großen Herausforderungen" hingewiesen hatte, die "diese mehr als außergewöhnliche Zeit" mit sich bringe. Gerade die wirtschaftlichen Folgen, die die Corona-Pandemie auch für die Kommunen mit sich brächte, seien kaum einzuschätzen. Weil gerade in solchen Zeiten Zusammenhalt wichtig sei, freue es ihn, so Weber, dass es in den Vorgesprächen gelungen sei, "alle Fraktionen mit einzubinden", was sich auch in der personellen Besetzung der Referate, Ausschüsse und sonstigen Gremien niederschlage (siehe Kasten unten). Weil man wollte, dass nicht nur im Bau-, sondern auch im Finanz- und im (aufgewerteten) Landwirtschaftsausschuss alle Fraktionen vertreten sind, habe man hier die Zahl der Sitze von sechs auf acht erhöht, so der neue Bürgermeister.

Die Zahl der Referate wurde hingegen von 18 auf 16 reduziert. Das bisherige Stadtmarketing-Referat wurde aufgelöst und dem Referat für Märkte und Vereine zugeschlagen. Ebenfalls aufgelöst wurde das Referat "Städtepartnerschaft und Tourismus". Um diesen Themenbereich kümmert sich nun der Bürgermeister höchstpersönlich. Neun der 16 verbliebenen Referate werden von denselben Stadträten betreut wie in der vorherigen Amtsperiode. Bei allen Referaten erfolgte die Besetzung einstimmig, nur beim Referat "Wirtschaftsförderung, Betriebsansiedlungen" gab es zwei Gegenstimmen: Die beiden Ilmendorfer Josef Robin (AfD) und Renate Robin (BLG) hatten persönliche Vorbehalte gegen einen der Räte in dem Dreier-Referat.

Zusammen mit Günter Haslbeck und Renate Robin (BLG) votierte Josef Robin auch gegen die Geschäftsordnung des neuen Stadtrats in jener Fassung, auf die sich die drei großen Fraktionen verständigt hatten. Grund für das Nein der beiden BLG-Räte: Nach ihrer Forderung sollten die kompletten Stadtratsniederschriften, einschließlich Wortmeldungen, übers Internet abrufbar sein - was aber nur in einer abgespeckten Form, ohne die Wortmeldungen, der Fall sein wird. Der AfD-Stadtrat Josef Robin versagte seine Zustimmung zur neuen Geschäftsordnung, weil in dieser eine zentrale Forderung nicht aufgegriffen wurde, wie er sie in seinem Wahlkampf formuliert hatte: eine Bürgeraussprache vor oder nach jeder Stadtratssitzung mit dem Ziel einer "besseren Bürgerbeteiligung". Bürger, die sich dafür einige Tage vorher bei der Stadt anmelden, sollten hier das Wort ergreifen können, so Josef Robin.

Mehr Bürgerbeteiligung sei auch ihm und den anderen großen Fraktionen wichtig, entgegnete Paul Weber. Allerdings halte er die geforderten Bürgeraussprachen vor oder nach einer Stadtratssitzung für problematisch. Zum einen dauerten diese Sitzungen ohnehin oft schon über drei Stunden, und nicht selten seien sie flankiert von vorgeschalteten Ortsterminen oder Sitzungen anderer Gremien. Es gebe, so Weber, aus seiner Sicht "bessere Instrumente, um die Bürger ins Boot zu holen", etwa Bürgersprechstunden, die Teilnahme an öffentlichen Fraktionssitzungen oder Bürgerversammlungen. Gerne sei er auch bereit, zusätzlich zu den bisher üblichen jedes Quartal eine zentrale Bürgerversammlung abzuhalten.

Das leidenschaftlichste Wortgefecht in der konstituierenden Sitzung gab es jedoch zu einem anderen Thema: die Höhe der Aufwandsentschädigung, die der Bürgermeister neben seiner Besoldung erhält, und der Entschädigung mit der die Arbeit seiner beiden Stellvertreter vergütet wird (Bericht hierzu folgt).

GZ

Gerhard Kohlhuber