Geisenfeld
Je runder, um so besser

Herbert Gabler und Karl Steinberger fertigen die Reifen des Geisenfelder Schäfflertanzes nach ihrer eigenen Methode

14.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:57 Uhr
Für die Reifen der Geisenfelder Schäffer sind seit Jahrzehnten Herbert Gabler (oben links) und Karl Steinberger zuständig. Auf dem Foto präsentieren die beiden die noch nicht angestrichenen neuen Reifen neben zwei verbliebenen der Saison 2012. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) Ganz zum Schluss wird er zerbrochen, der Reifen, der beim allerletzten Schäfflertanz zum Einsatz gekommen ist. Aber nicht nur deshalb müssen alle sieben Jahre neue Reifen gebastelt werden. In Geisenfeld dafür zuständig sind Herbert Gabler und Karl Steinberger. Und die haben ihre ganz eigene Fertigungsmethode, damit die filigranen Holzringe absolut rund sind und gut in der Hand liegen.

Der Reifenschwinger hat am Ende eines jeden Schäfflertanzes seinen rund einminütigen Auftritt. Es braucht viel Übung und Geschicklichkeit, den Reifen auf unterschiedlichste Art so durch die Finger gleiten zu lassen, dass das volle Schnapsglas im Reifen nicht herausfällt und auch nichts verschüttet wird. "Da geht beim Trainieren schon mal eines der Hozteile zu Bruch", weiß Zimmerermeister Karl Steinberger, der 1984 selbst als Reifenschwinger aktiv war und der seit der Tanzsaison 2012 als Hauptkasperl im Einsatz ist.

Dass alle sieben Jahre neue Reifen gebastelt werden müssen, hat seinen Grund aber nicht nur im absichtlichen oder unabsichtlichen Zerbrechen. "Jeder Reifenschwinger darf am Ende der Saison auch zwei mit nach Hause nehmen", verrät der langjährige Schäffler-Aktive. "Und außerdem müssen am Ende einer Saison auch noch Reifen übrig sein, mit denen die Reifenschwinger der Folgesaison trainieren können." So wie es derzeit gerade der Fall ist. Die beiden neuen Reifenschwinger sind ausgewählt und schon fleißig am Üben.

Beim den im Januar beginnenden Tanzauftritten kommen aber dann die neuen Reifen zum Einsatz, berichtet Steinberger, und deshalb sei es "extrem wichtig, dass sich die neuen von den alten nicht unterscheiden". Dass das neue Material passt, ist für den Zimmerermeister aber auch so etwas wie eine familieninterne Ehrensache - schließlich bildet sein eigener Sohn, Karl Steinberger junior zusammen mit Dominik Kis das neue Reifenschwinger-Duo. "Sofern nichts Gravierendes dazwischenkommt", wie Schäfflertanz-Hauptleiter Georg Dellermann einschränkend ergänzt.

Wenn möglich sollten die Reifen also alle gleich groß (knapp 45 Zentimeter im Durchmesser), gleich schwer und absolut rund sein, erläutert Zimmerermeister Steinberger. Gerade mit der letzten Vorgabe gab es freilich früher immer wieder mal Probleme. Der Grund: Bis in die 1970er Jahre hinein hat man die Reifen aus einer einzigen dünnen Latte geformt, die unter Wasserdampf gebogen wurde. "Durch unterschiedliche Strukturen im Holz war aber dann die Rundung nicht selten ungleichmäßig."

Das geht anders besser, dachte sich der Holzfachmann, als er 1984 zum Reifenschwinger auserkoren wurde. Und er überlegte sich eine Methode, die er dann an Herbert Gabler - ein anderes Geisenfelder Schäffler-Urgestein - weitergab. Seit der Tanzsaison 1998 ist der in einer Schreinerei aufgewachsene gelernte Bauingenieur somit für den "Rohbau" der Reifen zuständig. Karl Steinberger übernimmt anschließend den Feinschliff, ehe die Holzteile dann noch zum Malermeister Max Heimbucher kommen, der ihnen das markante weiß-blaue Streifenmuster verpasst.

Herbert Gabler hat sich also auch heuer an die Arbeit gemacht, um nach der "Methode Steinberger" etwa zehn bis zwölf Reifen herzustellen. Das Geheimnis der perfekten Rundung: mehrere geleimte Schichten. "Die Basis für einen Reifen bilden vier je 1,60 Zentimeter lange, 0,8 Millimeter dicke und auf fünf Zentimeter Breite zugeschnitten Fichten-Furnier-Streifen." Diese werden mit Leim eingepinselt, aufeinandergelegt und um eine dicke Spanplattenscheibe gewunden, die in der richtigen Größe zugeschnitten wurde. Außen herum, so Gabler, "kommt dann ein Spanngurt, der mit einer Schraubzwinge zugezogen wird, wodurch die geleimten Furnierschichten zusammengepresst werden." Die sich überlappenden Enden werden passend zugeschnitten, und auch die Reifen selbst werden nach oben hin auf etwa 1,5 Zentimeter verschmälert. "Damit lassen sie sich besser greifen, sehen eleganter aus, und die Schwungmasse kommt besser zur Geltung", sagt Gabler.

Die Schwungmasse, die besteht aus dem hölzernen Schnapsglashalter, der in die breitere Seite des Reifens geleimt wird - und neben dem Loch für das Schnapsglas interessanterweise noch zwei weitere Löcher aufweist. Warum? "Keine Ahnung", sagen Steinberger und Gabler lachend. "Wahrscheinlich weil es schon immer so war." Die Tradition wird halt groß geschrieben bei den Schäfflern.

Gerhard Kohlhuber