Pfaffenhofen
Eine Frage der Zeit

Der Ärztliche Bereitschaftsdienst startet am 24. April in der Pfaffenhofener Ilmtalklinik - nicht alle freut das

18.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:32 Uhr
Bald geht es los: Der technische Leiter der Ilmtalkliniken, Johann Delwa (rechts), und der Elektriker Franz Karl bereiten in der Pfaffenhofener Ilmtalklinik die Räume für die Ärzte des Bereitschaftsdienstes vor. Hier können sich künftig Patienten behandeln lassen, −Foto: Foto: Brenner

Pfaffenhofen (PK) Am 24. April startet die Bereitschaftspraxis an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik, zeitgleich geht auch der Fahrdienst für die Hausbesuche an den Start. Der Scheyrer Hausarzt Michael Seidl hat derweil Widerspruch bei der KVB eingelegt. Er kritisiert vor allem, dass die Bereitschaftsdienst-Zeiten mit seinen eigenen Sprechstunden kollidieren.

Ab dem 24. April gibt es vor allem für den südlichen Landkreis Pfaffenhofen statt ständig wechselnder Praxen nur noch eine Anlaufstelle für Patienten beim ärztlichen Bereitschaftsdienst: Die Ilmtalklinik Pfaffenhofen. Außerdem ist ein zusätzlicher Arzt zusammen mit einer weiteren medizinisch ausgebildeten Person zu festgelegten Zeiten unterwegs und macht Hausbesuche, wenn er das für medizinisch angemessen hält.

Die Klinik ist "froh darum, weil wir hoffen, dass so unsere Notaufnahme entlastet wird", so Sprecherin Bianca Frömer. Bekanntlich hatte die Klinik schon oft berichtet, dass Patienten sich mit Problemen in der Notaufnahme behandeln haben lassen, die eigentlich ein Fall für den Hausarzt sind. Allerdings übernimmt die Notfallambulanz künftig ganz offiziell den Dienst, wenn die Bereitschaftspraxis schließt, zum Beispiel in der Nacht. Die Klinik hat nämlich einen Kooperationsvertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) geschlossen. Laut Frömer wird das Krankenhaus in diesen vereinbarten Zeiten besser vergütet als bei einer reinen Notfallbehandlung.

Im Norden des Landkreises sind die Änderungen schon seit dem 20. März Realität. Hohenwart, Reichertshofen, Baar-Ebenhausen, Manching, Ernsgaden, Vohburg und Münchsmünster sind der Region Ingolstadt-Eichstätt-Neuburg zugeordnet. Dort gibt es eine neue Bereitschaftspraxis an der Klinik in Eichstätt. Auch die Öffnungszeiten der vom Praxisnetz GOIN privat betriebenen Bereitschaftspraxen in Ingolstadt und Neuburg wurden erweitert.

Doch die Patienten sind laut KVB nicht an ihre Bereiche gebunden. Bürger aus dem Landkreisnorden können also ab Ende April auch nach Pfaffenhofen in die Praxis kommen.

Auch die Patienten des Scheyrer Hausarztes Michael Seidl (kleines Foto) werden wohl künftig öfter nach Pfaffenhofen fahren, wenn sie ihren Hausarzt wie bisher nach der Arbeit aufsuchen wollen. Denn die Zeiten seiner eigenen Praxis kollidieren mit denen der Bereitschaftspraxis. Zum Beispiel öffnet Seidl Montag und Donnerstag bis 19 Uhr seine Pforten - da muss er aber schon um 18 Uhr in der Bereitschaftspraxis sein.

Den Dienst einfach an einen Vertreter abgeben - das ist nämlich in dem System ohne weiteres möglich - kommt für ihn nicht infrage. Er macht gern Bereitschaftsdienst, da komme man als Mediziner auch mal wieder mit akuten Sachen in Berührung, wie etwa einen Asthmaanfall oder eine Kopfwunde. "Aber diese Zeiten engen mich in meiner Abendsprechstunde ein." Deshalb hat er Widerspruch eingelegt, eine offizielle Antwort der KVB gibt es bisher noch nicht darauf. Insgesamt seien aus dem Landkreis zwei Widersprüche eingegangen, so die KVB auf Anfrage, einer sei aber schon wieder zurückgenommen worden.

Generell stört ihn die "Zwangsversetzung" auch, "weil ich nun zusätzliche Zeit investiere, um nach Pfaffenhofen zu fahren." Zeit, die er lieber bei Patienten verbringen würde. Früher hielt er den Dienst in seiner eigenen Praxis ab. Nun habe die KVB ihn sogar teilweise für den Bereitschaftsdienst in Mainburg eingeteilt. "Die Fahrt dahin kostet mich zusätzlich Zeit und Geld." Während er dafür keine Erstattung erhalte, werde ihm für den Fahrdienst ein Auto mit medizinisch ausgebildetem Fahrer zur Verfügung gestellt. "Das ist Geldverschwendung", sagt der Hausarzt. Er könne schließlich selbst fahren. Auch der Fahrdienst reiche in seine eigene Sprechstunde. Der gehe nämlich bis 8 Uhr, doch seine Praxis öffne schon um 7 Uhr. Seidl nervt besonders, dass die KVB die Zeiten einfach festgelegt habe, ohne das vorab mit den Ärzten zu besprechen. "Man wird einfach eingeteilt", so der Hausarzt. Er hofft nun, dass die KVB die Zeiten doch noch ändert.

Das sieht allerdings nicht danach aus: Laut KVB-Sprecherin Birgit Grain richten sich die Öffnungszeiten der Bereitschaftspraxen "nach den gesetzlich festgelegten Zeiten für den organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst". Auch bisher habe ein Arzt, wenn er zum Bereitschaftsdienst eingeteilt war, sich nach diesen Zeiten richten müssen.

Trotzdem fühlen sich einige Ärzte im Landkreis den Vorgaben der KVB "machtlos ausgeliefert", so Michael Waller, der neue Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Pfaffenhofen. Etwa die Hälfte der Ärzte sei "nicht begeistert", so Waller. "Die Zeiten werden ein großes Problem, weil Ärzte teilweise bis 20 Uhr ihre Praxen öffnen." Auch er selbst habe sich Gedanken gemacht, da er montags seine Praxis länger aufhat. Ganz allgemein hätte er sich gewünscht, dass die KVB die Ärzte besser in die Umstrukturierungen eingebunden hätte. "Ich finde es nicht gut, dass wir nicht befragt wurden." Letztlich handle es sich aber nur um seltene Überschneidungen, da jeder Arzt insgesamt seltener Dienst habe. Und am Ende gehe es ja darum, einen verlässlichen Bereitschaftsdienst zu installieren. Das sieht auch Wallers Stellvertreter Matthias Fleige so. "Es muss allgemein verbindliche Regeln geben." Daher sei es den Ärzten zuzumuten, dass sie ab und an ihre Praxis früher schließen. Das helfe am Ende der Allgemeinheit. Fleige verteidigt die Vorgehensweise der KVB: "Es macht keinen Sinn, die Zeiten extra abzufragen, ab 18 Uhr haben die meisten Praxen zu." Und ab da kommen eben erfahrungsgemäß viele Patienten zum Bereitschaftsdienst.

Generell ist der Bereitschaftsdienst für Patienten gedacht, die so krank sind, dass sie nicht mehr warten können, bis die Praxis am nächsten Tag öffnet. Sie können die Nummer 116117 wählen. Von dort werden sie entweder zur nächsten Bereitschaftspraxis gelotst oder es wird ein Hausbesuch vermittelt. Letztlich entscheidet der Arzt vom Fahrdienst, ob ein Hausbesuch medizinisch notwendig ist.

Die Bereitschaftspraxen können auch ohne Voranmeldung besucht werden. Wer allerdings in einer lebensbedrohlichen Lage ist, also beispielsweise bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, wählt die 112.

Die Bereitschaftspraxis im Erdgeschoss der Ilmtalklinik ist ausgeschildert und zu folgenden Zeiten geöffnet: Montag, Dienstag und Donnerstag von 18 bis 21 Uhr; Mittwoch und Freitag von 16 bis 21 Uhr; am Wochenende und an Feiertagen von 9 bis 21 Uhr.

Der Fahrdienst ist laut Bereitschaftsdienstordnung der KVB Montag, Dienstag und Donnerstag jeweils von 18 Uhr bis 8 Uhr des Folgetages, Mittwoch von 13 bis Donnerstag, 8 Uhr. Außerdem am Wochenende von Freitag, 13 Uhr, bis Montag, 8 Uhr.