Pfaffenhofen
Humorvoller Selbsthass

Die Musikkabarettistin Lizzy Aumeier präsentiert im Pfaffenhofener Stockerhof ihr Programm "Ja, ich will!"

21.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:17 Uhr
Macht sich über die eigenen Schwächen lustig: Lizzy Ameier bei ihrem Gastspiel imStockerhof. −Foto: Paul

Pfaffenhofen (PK) Mit ihrem Programm "Ja, ich will!" war die Musikkabarettistin Lizzy Aumeier am Freitagabend zu Gast im Stockerhof.

Nach einer Weile möchte man sie am liebsten in den Arm nehmen und ihr tröstend über den Kopf streicheln: "Nun mach Dich doch nicht so schlecht!" Jeder Mensch übt ab und an mal harte Selbstkritik oder macht sich über die eigenen Schwächen lustig - ok, bei vielen ist es auch nur fishing for compliments - aber was die 54-jährige Lizzy Aumeier betreibt, ist verbale Autoaggression. "Ich will nix festes", habe ihr ein Mann, der ihr gefiel, neulich gestanden. Antwort: "Fein, dann werden Dir meine Oberschenkel sicher gefallen!" Sie sei ja aufgrund ihrer Neigung zu einem ausgefallenen Sexleben - "seit Weihnachten ist es ausgefallen" - auch schon dankbar dafür, so die Oberpfälzerin, wenn sie "bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen hin und wieder mal abgetastet wird". Und Frauenparkplätze seien wie für sie gemacht, da müsse sich eine wie sie nur nachts hinstellen, "irgendwann kommt dann wenigstens ein Vergewaltiger vorbei". Der sei ja nicht wählerisch. Und stupst zur Bestätigung die Haut an ihrem erhobenen nackten Oberarm an, die daraufhin kurz vor- und zurückschwingt. Dass sie sich im ersten Teil des mit Pause knapp zweieinhalbstündigen Programms noch in ein wenig vorteilhaftes weißes Negligé gezwängt hat, unterstreicht optisch den humorvollen Selbsthass.

Wobei Lizzy Aumeier ihre möglicherweise vorhandenen Defizite bei der physischen Attraktivität - sowas liegt ja auch immer im Auge des Betrachters - durch ihr unbestritten vorhandenes künstlerisches Talent mehr als wettmacht. Und dass sie eine sozial engagierte Frau mit großem Herz ist, dran hat man ebenfalls nach wenigen Sätzen keinen Zweifel. Zwar besteht der überwiegende Teil des Programms aus eher schlüpfrigen und mitunter auch zotigen Geschichten, mitunter wird es aber auch auf boshafte Weise politisch: "Legen wir bitte alle für den Donald Trump zusammen und schenken ihm ein Wochenende mit Cabriolet in Dallas." Ja, bei einigen nicht ganz so geschichtsfesten Gästen im Saal dauerte es eine Weile, bis der Groschen fiel.

Lustig und ungezwungen erzählen ist das eine; dabei durchgehend die Zuschauer einbinden und selbst auf Unvorhersehbares wie runtergefallene Gläser mit einem coolen Spruch reagieren schon das nächsthöhere Level. Anbei: Ob das erotische Geplänkel zwischen ihr und dem "Hubsi" im Publikum mit diesem Abend definitiv zu Ende ist? Man wird sehen. Obendrein spielt Lizzy Aumeier auch noch toll auf dem Kontrabass - als erste Frau überhaupt examinierte sei einst auf diesem Instrument am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg -, begleitet von ihrer langjährigen künstlerischen Partnerin Svetlana Klimova am Klavier. Höhepunkt im musikalischen Teil des Programms ist ein gemeinsames Medley der beiden zu bekannten Film-, Rock- und Popsongs. Svetlana übrigens scheint es ganz gut zu verstehen, Lizzy Aumeier zu trösten - wenngleich nicht mega-sensibel: "Lieber eine dicke Chefin als ein mageres Gehalt", findet die Russin. Als Zuschauer möchte man hinzufügen: "Und lieber eine dicke Künstlerin als ein dünnes Programm!"

Andre Paul