Wolnzach
Hommage an einen Poperinger Freund

Wolnzach hat Walter de Sagher eine Straße gewidmet - Er war ein Impulsgeber der Städtepartnerschaft

26.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:13 Uhr
Im August 1968 waren Wolnzacher zu Besuch in Poperinge. Dieses Bild entstand beim Empfang im Rathaus. Hinten stehend ist Walter de Sagher zu sehen, die Fahne halten (links) Alois Maier, Zweiter Bürgermeister von Wolnzach, und Georges Verstraete, Stadtsekretär von Poperinge. −Foto: www.westhoekverbeeldt.be-Privatsammlung

Wolnzach - Straßen, die nach Bürgermeistern benannt sind, gibt es in Wolnzach gleich mehrere. Sie erinnern an verdiente Persönlichkeiten wie Anton Dost, Hans Felsl, Max Eder oder Josef Aichbichler. Ein Name sticht unter diesen "Bürgermeister-Straßen" allerdings hervor, und das nicht nur, weil er so gar nicht bayerisch anmutet. Und dem einen oder anderen mag Walter de Sagher bisher vielleicht sogar gänzlich unbekannt sein, der Mann, der zwar nicht Bürgermeister in Wolnzach war, aber in der belgischen Partnerstadt Poperinge.

Wolnzach benannte im Jahr 1992 eine Straße im Baugebiet am sogenannten Fuchsberg nach ihm. Eine kleine Kuriosität darf man dabei nicht verschweigen: Bei der Namensgebung der Straße hat sich in der Schreibweise ein Fehler in Form eines zusätzlichen Buchstabens eingeschlichen und aus "Walter" wurde "Walther" - warum, weiß heute keiner mehr so richtig. Das schmälert aber nicht die Absicht, mit der der Gemeinderat damals den Straßennamen aussuchte: Er ist als eine Hommage an den Mann gedacht, der einer der wichtigsten Impulsgeber für die Partnerschaft zwischen Wolnzach und dem belgischen Poperinge war.

So ist die Geschichte hinter dem Straßennamen, der in diesem Teil unserer Serie "Spurensuche" beleuchtet wird, die einer Freundschaft über Ländergrenzen hinweg. Einer Freundschaft, die bis heute besteht und gerade in den vergangenen Jahren wieder intensiver gepflegt wurde. Die zwei Orte führte ursprünglich etwas zusammen, das beide gemeinsam haben: nämlich der Hopfenbau. Allererste Kontakte knüpften Hopfenpflanzer beider Orte 1958 auf der Weltausstellung in Brüssel. In den 1960er Jahren wurden die Kontakte intensiver und gingen über den Hopfenbereich hinaus. Erste offizielle Besuche fanden ab 1965 statt, der Wunsch nach einer engeren und dauerhaften Verbindung wurde größer. Als im August 1967 die belgischen Freunde zum Heimatfest in Wolnzach waren, stand Bürgermeister Walter de Sagher an der Spitze der Poperinger Delegation. Wie es in den Chroniken heißt, soll er beim Empfang im Rathaus dem damaligen Wolnzacher Bürgermeister Hans Felsl den Vorschlag gemacht haben, die bisherigen freundschaftlichen Beziehungen durch eine offizielle Partnerschaft zu festigen.

Während seines Aufenthalts in der Hallertau war Walter de Sagher viel unterwegs, knüpfte zahlreiche Kontakte in der Bevölkerung. 1968 fuhr die Fußball-Abteilung des TSV Wolnzach nach Poperinge und wurde dort mit allen Ehren empfangen. Wieder ein Jahr darauf, im Herbst 1969, nahm eine offiziellen Vertretung aus Wolnzach am Poperinger Hopfenfest teil. Damit wurde die Freundschaft erneut bekräftigt, offiziell besiegelt wurde sie 1973.

Walter de Sagher, der 1916 im Londoner Stadtteil Twickenham geboren wurde, war insgesamt 15 Jahre lang - von 1955 bis 1970 - Bürgermeister von Poperinge; zugleich war er als Doktor der Rechtswissenschaften Notar in Poperinge. Er war Mitglied des Provinzialrats, hatte verschiedene Ehrenämter und war Träger mehrerer Orden und Auszeichnungen. Wie aus Poperinge zu erfahren ist, setzte sich de Sagher als Bürgermeister vor allem für eine moderne und effiziente Wohnungs- und Industriepolitik ein, er war Gründer der Industriezone Poperinge als der ersten Stadt in der Provinz Westflandern. Wichtig war ihm auch, den Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region zu bieten. Zusammen mit seiner Frau Rosa hatte Walter de Sagher drei Söhne und vier Töchter.

Er hatte sie zwar angestoßen, die eigentliche offizielle Verbrüderung zwischen Wolnzach und Poperinge erlebte de Sagher aber nicht mehr mit. Er starb am 6. Februar 1970 im Alter von nur 53 Jahren. Drei Jahre später unterschrieben sein Nachfolger Albert Sansen und der Wolnzacher Bürgermeister Anton Dost die Partnerschaftsurkunde.

De Saghers früher Tod löste damals auch in der Hallertau große Bestürzung aus. Der Wolnzacher Bürgermeister Hans Felsl, der auf deutscher Seite die Verbindungen mit Poperinge vorantrieb, sagte in einer Trauersitzung des Marktgemeinderats, dass man einen "wirklichen Freund" verloren habe. Es gebe eine herzliche Verbundenheit der Bürger beider Orte. "Diese haben wir Bürgermeister Walter de Sagher zu verdanken", wird Felsl zitiert. Zusammen mit einer mehrköpfigen Abordnung reiste Hans Felsl auch zur Trauerfeier nach Poperinge. Beerdigt wurde Walter de Sagher in der Familiengruft in Gent.

Übrigens erinnert in Wolnzach nicht nur die Walther-de-Sagher-Straße an die bayerisch-belgische Freundschaft, daneben gibt es schon länger den "Poperinger Platz" unterhalb der Pfarrkirche. Im Gegenzug existiert in Poperinge eine "Wolnzachlaan" (Wolnzacher Allee). Beim Hopfenfest 1975 durfte sie Anton Dost als damaliger Wolnzacher Bürgermeister dem Verkehr übergeben, indem er symbolisch eine über die Straße aufgespannte Hopfenrebe durchschnitt.

WZ

Katrin Rebl