Ingolstadt
Gibt es doch noch eine gütliche Einigung?

Landgerichtspräsidentin Kurzweil ist Mediatorin bei Schadensersatzansprüchen in der "Affäre Klinikum"

21.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:16 Uhr

Ingolstadt - Wird die "Affäre Klinikum" vier Jahre nach ihrem Beginn gütlich beigelegt oder droht nach der strafrechtlichen Verurteilung des früheren Ingolstädter CSU-Oberbürgermeisters Alfred Lehmann und eines Bauträgers durch das Landgericht Ingolstadt jetzt ein zermürbender, öffentlicher Zivilprozess?

Noch ist die Entscheidung darüber nicht gefallen, das letzte Wort haben der Aufsichtsrat der Klinikum GmbH und der Krankenhauszweckverband, der das Thema am Mittwoch im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung ebenfalls auf der Tagesordnung hat.

Von einem Gütetermin vor dem Landgericht Ingolstadt am Montag drang bislang kaum etwas nach außen. Es ging um eine Einigung zu Schadensersatzansprüchen des Klinikums gegen die Erben des früheren Klinikums-Geschäftsführers Heribert Fastenmeier. Auch Ansprüche gegen Lehmann und möglicherweise auch gegen den Bauträger stehen auf dem Prüfstand.

Der Gütetermin ist beim Landgericht Ingolstadt personell ganz oben angesiedelt: Landgerichtspräsidentin Elisabeth Kurzweil höchstpersönlich obliegt in dem politisch hoch brisanten Fall die Mediation. Kurzweil hat im Dezember 2019 das Amt der Landgerichtspräsidentin in Ingolstadt von Sibylle Dworazik übernommen, sie war zuvor Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München und verfügt auch über Erfahrung als Wirtschaftsmediatorin.

Gütetermine vor Gericht sind grundsätzlich nicht-öffentlich. "Das ist das Wesentliche an einer Güteverhandlung", so Landgerichtssprecherin Heike Linz-Höhne auf Anfrage unserer Zeitung. Mit Verweis auf das "laufende Verfahren" und die Nichtöffentlichkeit des Gütetermins gibt es "zum jetzigen Zeitpunkt" auch vonseiten der Geschäftsführung des Klinikums "keine Informationen", wie Pressesprecher Hartmut Kirstenfeger am Montag sagte.

Eine zivilrechtliche Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Erben Fastenmeiers dürfte nicht einfach sein - zumal es hier nach dem Tod Fastenmeiers anders als im Fall Lehmann kein strafrechtliches Urteil gibt, auf das man zurückgreifen kann. Man müsste im Zivilverfahren komplett in die Beweisführung einsteigen. Und es stellt sich die Frage: Welcher Schaden entstand vorsätzlich, welcher fahrlässig? Für strategische Fehlentscheidungen in seiner Funktion als Geschäftsführer hatte Fastenmeier eine Versicherung, die aufkommen könnte. In diesem Fall wäre dem Klinikum kaum Schaden entstanden.

Die Vorwürfe gegen Fastenmeier umfassten unter anderem die Vergabe von Aufträgen zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Konditionen. Der Beschuldigte hatte sich nach monatelanger Untersuchungshaft das Leben genommen. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte jüngst in einem Interview mit unserer Zeitung, in dem es um Gründe für das schlechte Abschneiden der Ingolstädter CSU bei den Kommunalwahlen ging, über Fastenmeier wörtlich, man habe diesen, "wie ich glaube, auch nicht immer fair behandelt". Ob man jetzt gegen Fastenmeiers Erben zivilrechtlich vorgehen möchte, bleibt abzuwarten. Zumal der Ausgang eines solchen Prozesses völlig offen ist.

Gegen den zweiten Protagonisten in der Klinikums-Affäre, Ex-OB Alfred Lehmann, gibt es zumindest ein rechtskräftiges strafrechtliches Urteil. Lehmann war im Oktober vergangenen Jahres vom Landgericht Ingolstadt wegen Bestechlichkeit und Vorteilsannahme in zwei Fällen zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Ein Komplex hatte Lehmanns Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums betroffen. Beim Verkauf des alten städtischen Krankenhauses hatte er sich für einen Bauträger aus dem Landkreis Pfaffenhofen eingesetzt. Der frühere Klinikums-Geschäftsführer Fastenmeier hatte nach Absprache mit Lehmann im Kaufvertrag nachträglich die Geschossfläche ändern lassen, ohne einen dafür geltend gemachten angeblichen Rechenfehler zu überprüfen. Der Bauträger hatte sich dadurch über 650000 Euro Nachzahlung gespart, ein Schaden, der dem Zweckverband entstanden sei. Lehmann hatte in dem späteren Neubaukomplex eine private Wohnung erworben, die er von dem Bauträger vergünstigt ausgebaut bekam.

PK

Ruth Stückle