Pfaffenhofen
Geldstrafe für Strohmann

Für 150 bis 200 Euro "Belohnung": 33-Jähriger soll Paket mit USB-Sticks annehmen - und fliegt auf

16.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:40 Uhr
Ramona Müller

Pfaffenhofen (PK) Angeschrieben wurde er auf Facebook: Der 33-jährige Angeklagte, der sich vor dem Amtsgericht Pfaffenhofen verantworten musste, sollte für eine Paketannahme 150 bis 200 Euro bekommen, hieß es in der Nachricht eines unbekannten Hintermanns.

Den Inhalt aber verschwieg der Absender - es handelte sich um 2500 USB-Sticks im Wert von etwa 20000 Euro. Wie sich herausstellte, sollte der Angeklagte ein Strohmann für einen Betrugsversuch sein. Dass letztlich aber kein Schaden entstand, liegt daran, dass der Absender des Pakets die Polizei einschaltete. Denn der Marketing-Firma, bei der die Sticks bestellt worden waren, kam die Menge seltsam vor. Die Polizei stellte dem Empfänger deshalb eine Falle, tauschte das Paket aus und nahm den 33-Jährigen schließlich fest. Vor dem Amtsgericht warf die Staatsanwaltschaft ihm nun Geldwäsche vor.

Zu dem Fall befragte Richterin Nicola Schwend zwei involvierte Polizeibeamte. Der Angeklagte habe bei der Festnahme gleich erklärt, es würde sich nicht um seine Bestellung handeln, erzählten sie. Der für die Durchsuchung des Hauses des 33-Jährigen zuständige Beamte fand mehrere Versandkartons mit älteren Telefonen, Fahrzeugpapieren und Schuhen. Verdächtig erschienen ihm auch die Funde in der Garage. Der Inhalt des ausgetauschten Pakets - die Polizei hatte es mit Zeitungen befüllt - wurde dort in der Mülltonne gefunden.

Die Frage, ob der Angeklagte über den Inhalt, den er eigentlich entgegennehmen sollte, Bescheid wusste, blieb ungeklärt. Auf den Handys des Angeklagten fanden die Beamten Nachrichten, die einen Zusammenhang zwischen dem Angeklagten und dem Paket belegten. Es wurde laut Zeugenaussage des Polizisten jedoch nie schriftlich erwähnt, was eigentlich bestellt worden war. Die letzte Nachricht war ein Foto der erhaltenen Bestellung sowie die Frage, ob das nicht der falsche Inhalt wäre. Außerdem hatte sich der Angeklagte bei dem Unternehmen bereits beschwert, er habe die falsche Ware erhalten.

Verteidigerin Annette Wunderlich erklärte dennoch, dass ihr Mandant kein Wissen über die USB-Sticks hatte. Er habe gedacht, er würde nur ein Paket erhalten und weitergeben. Im vergangenen Oktober, in dem es zu dem Vorfall gekommen war, sei er noch arbeitslos gewesen. Dementsprechend sei die in Aussicht gestellte Belohnung sehr verlockend gewesen. Laut Verteidigerin ist der Angeklagte außerdem Analphabet, sodass er gar nicht verstehen konnte, worum es letztlich ging. Richterin Schwend verwies hier allerdings auf die Chatverläufe. Der Angeklagte müsse also schreiben und lesen können. Nach langem Hin und Her stellte sich heraus, dass er die Diktierfunktion seines Handys benutzt hatte. Lesen könne er nur schlecht.

Die Verteidigerin plädierte auf Freispruch. Ihr Mandant habe in dem Fall nur eine untergeordnete Rolle gespielt, indem er das Paket annahm. Ein nennenswerter Schaden sei nicht entstanden. Der 33-Jährige komme aus sehr einfachen Verhältnissen und habe eine traumatische Vergangenheit. Maximal sollte es eine Geldstrafe geben, so die Anwältin. Die Staatsanwaltschaft forderte dagegen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie eine Zahlung von 500 Euro an eine gemeinnützige Organisation. Der Angeklagte bat zum Abschluss der Beweisaufnahme um Vergebung.

Richterin Schwend entschied letztlich auf eine Strafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro. Als Grund führte sie an, dass sie nicht glaube, dass der 33-Jährige kein Wissen über die Ware hatte. Zudem habe er kein Problem damit gehabt, bei der Bestellung einen falschen Namen zu verwenden. Seine Entschuldigung und seine sehr untergeordnete Rolle wirkten sich dagegen positiv aus. Außerdem war Schwend der Meinung, dass der Angeklagte aufgrund seiner finanziellen und gesundheitlich schlechten Lage leicht manipulierbar war. Seit Anfang April arbeitet er inzwischen Vollzeit, weswegen sie unter dem Strich eine Geldstrafe für angemessen hielt.

Ramona Müller