Geisenfeld
Schwerlastverkehr als zentrales Problem

Gutachten: Von den 40 000 Fahrten, die das Stadtgebiet täglich belasten, sind 9000 Durchgangsverkehr

17.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr
Das extrem hohe Schwerlastaufkommen ist in Geisenfeld in Sachen Verkehr das mit Abstand größte Problem. Dies hat auch ein jetzt im Stadtrat vorgestelltes Verkehrsgutachten bestätigt. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) Für eine Stadt ihrer Größe hat Geisenfeld ein etwas erhöhtes Verkehrsaufkommen und relativ viel Durchgangsverkehr - aber das ganz große Problem ist der extrem hohe Anteil an Schwerlastverkehr. Das ist die zentrale Aussage des jetzt vorgestellten Verkehrsgutachtens.

"Sie werden von mir mit Zahlen zugeschüttet", kündigte Projektleiter Robert Ulzhöfer am Donnerstagabend den Stadträten augenzwinkernd an - und er hielt Wort. Der Fachmann von der Planungsgesellschaft Stadt-Land-Verkehr stellte dem Gremium die Ergebnisse des Verkehrsgutachtens vor, das die Stadt im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (Isek) in Auftrag gegeben hatte.

Basis des Zahlenwerks sind die Verkehrsbefragung und die Verkehrszählung vom Frühsommer unter Mithilfe vieler Realschüler. Damals gab es über das Stadtgebiet verteilt 20 Zähl- und sechs Befragungspunkte. Eingeflossen sind aber auch die Ergebnisse der parallel dazu durchgeführten Haushaltsbefragung in Sachen Verkehr sowie die Erhebungen zum ruhenden Verkehr, also zur Parksituation (Bericht hierzu folgt). Was den Geisenfeldern beim Thema Verkehr aber am meisten unter den Nägeln brennt, sind die Probleme mit dem fließenden Kfz-Verkehr mit seiner Lärmbelastung und den vielen Rückstaus. 70 Prozent sahen bei der Haushaltsbefragung hier das größte Ärgernis. Als Lösungsansatz nannten laut Ulzhöfer rund 43 Prozent den Bau einer Umgehungsstraße, weitere knapp 20 Prozent schlugen die Sperrung der Durchfahrt für den Schwerlastverkehr vor.

Doch welcher Art ist der Verkehr in Geisenfeld - und wie viel davon ist hausgemacht? Von den rund 40 000 Auto- und Lkw-Fahrten, die das (engere) Stadtgebiet tagtäglich belasten, sind laut Gutachten etwa 13 000 dem Binnenverkehr zuzurechnen, also Fahrzeugen, die ausschließlich in diesem Bereich herumfahren. Selbst für kürzeste Strecken setzen sich viele Geisenfelder ins Auto, ergab die Untersuchung. "Mehr als ein Drittel aller Autofahrten im Geisenfelder Binnenverkehr ist nicht länger als einen Kilometer", berichtete Ulzhöfer.

Zum Ziel/Quellverkehr (Fahrzeuge, die vom Stadtgebiet kommend nach auswärts fahren oder die von dort die Stadt als Ziel haben) sind etwa 17 500 Fahrzeuge zu rechnen. Für 12 000 dieser Fahrten sind Fahrer aus Geisenfeld-Stadt oder den Ortsteilen verantwortlich, für den Rest ein- oder ausfahrende Auswärtige.

Den reinen Durchgangsverkehr bezifferte Ulzhöfer mit rund 9000 Fahrzeugen, was einem Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen von etwa 22 Prozent entspricht. "Das ist etwas mehr als bei einem Ort dieser Größe üblich", so Ulzhöfer. Freilich gebe es hier gewaltige Unterschiede. Für die innere Augsburger Straße etwa ergab die Erhebung, dass sich hier etwa jedes zweite Fahrzeug auf der Durchfahrt befindet.

Als "geradezu eklatant hoch" bezeichnete der Verkehrsfachmann jedoch den Anteil des Schwerlastverkehrs am Durchgangsverkehr. "Da kommen wir teilweis auf 13 Prozent - das sind wirklich Verhältnisse, die keiner haben will". Zusätzlich belastend komme hier noch der ungewöhnlich hohe Anteil an Sattelzügen beim Lkw-Verkehr dazu. "Das ging zum Teil bis 75 Prozent", so Ulzhöfer.

Doch trotz dieser Situation ist das jetzt vorgelegte Zahlenwerk dazu geeignet, die Diskussion um die Umgehungsstraße zu befeuern. So sind es nach den Zählergebnissen etwa 2500 Fahrzeuge pro Tag, die überhaupt dafür infrage kommen, eine solche Umfahrung zu nutzen. Sind das nun viel oder wenig? Im Stadtrat lief am Donnerstag die Debatte über eventuell andere oder zusätzliche Lösungen zur Verbannung des Schwerlastverkehrs bereits an. Dafür ist es aber noch zu früh. Die Planungsgesellschaft will in einem nächsten Schritt bis Ende des Jahres ermitteln, wie sich der Verkehr im Raum Geisenfeld in den nächsten 15 Jahren entwickeln wird und dann bis zum Februar konkrete Handlungsempfehlungen vorlegen.

OFFIZIELLE ZAHLEN: WENIGER VERKEHR

Ganz klar: Der Verkehr im Raum Geisenfeld hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Diesen Eindruck hat zumindest jeder, der hier regelmäßig unterwegs ist. Umso ungläubiger registrierten die Stadträte am Donnerstagabend das Ergebnis der deutschlandweiten, offiziellen Straßenverkehrszählung von 2015, das jetzt veröffentlicht wurde. Danach, so Experte Robert Ulzhöfer von der Planungsgesellschaft Stadt-Land-Verkehr, "lagen die Zahlen für Geisenfeld fast durchgängig unter jenen von 2010". Für die Münchener Straße etwa kommt die Zählung zu einem Rückgang von 10 058 auf 9317 Fahrzeuge, für die Augsburger Straße gar auf einen von 9912 auf 8433.

"Diplomatisch" formuliert bezeichnete Ulzhöfer dieses Zählergebnis, das jeder Wahrnehmung widerspricht, als "relativ ungewöhnlich". Doch wie erklärt er es sich? Ein Grund, so erläuterte er auf Anfrage aus dem Gremium, sei sicherlich die Methodik der Zählung, die er "schon als etwas problematisch" sehe. Alle fünf Jahre werde bei dieser bundesweiten Erhebung gezählt, und zwar zweimal an einem normalen Werktag, einmal an einem Werktag während der Schulferien und einmal an einem Sonntag. Gezählt werde immer nachmittags drei Stunden lang, und das Ergebnis werde dann "auf 24 Stunden hochgerechnet". Will heißen: Ob eine solche Hochrechnung immer die realen Verhältnisse widerspiegelt, sei fraglich.

Das Problem: Es sind halt nun mal die offiziellen Zahlen, die als solche auch bei Entscheidungen zu Straßenbauprojekten herangezogen werden. Dass sich das Ergebnis negativ auf die Umgehungsstraßenpläne der Stadt auswirkt, kann sich Bürgermeister Christian Staudter, so bekundete er jedenfalls gegenüber unserer Zeitung, aber dennoch "nicht vorstellen". | kog