Pfaffenhofen
Hereinspaziert zur "Miorin-Show"

Pfarrfasching sprengt mit Drei-Stunden-Programm alle Rekorde - Kirchenrenovierung aufs Korn genommen

20.02.2019 | Stand 25.10.2023, 10:29 Uhr
Die Kolping-Boys-Group (oben) trat mit einem Tukan auf, beim Sketch von Roland Kraus und Martin Rohrmann vom Freundeskreis des Kindergartens St. Michael traf Schreibmaschine auf PC (unten links) und die Pfarrgemeinderatsmitglieder fanden sich im Königlich Pfaffenhofener Amtsgericht wieder (unten rechts). −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) "Das war der beste Pfarrfasching seit vielen Jahren!" Darin waren sich nicht nur die Gäste einig, sondern auch die rund 50 Akteure, die den Pfarrsaal am Dienstag und Mittwochabend mit einem jeweils dreistündigen Programm zum Brodeln brachten.

"Der Pfarrsaal", hatte es in den Einladungen ein wenig wortkarg geheißen, "verwandelt sich zur Faschingsbühne." Das stimmte nur bedingt: Der Raum und die Bühne waren mit Schubkarren, Schaufeln, Farbeimern und Absperrgittern zur Baustelle mutiert, auf der die vielen Helfer hinter der Bühne mit Overalls und Schutzhelmen emsig wuselten.

Spätestens jetzt ahnten es die Besucher: Die Renovierung der Stadtpfarrkirche stand für das Thema Pate, das die Gemeindereferentinnen Jutta Rödler und Christine Kuplent kurz zur "Miorin-Show" erklärten. Hinter den Masken von Statler und Waldorf - den beiden "Alten" aus der Muppet-Show - spekulierten sie über den Fortgang der Bauarbeiten: Vielleicht werde ja auch noch ein Aufzug zur Kirchenempore gebaut. Oder gar ein zweiter Turm.

Florian Erdle, Stadtrat und Rechtsdirektor der Stadt, führte - wie schon seit 20 Jahren - durchs Programm. Wer ihn nicht kennt, konnte bestaunen, zu welchen humoristischen Pirouetten ein Jurist fähig ist. Launig überbrückte er die Kulissenumbauten. Jetzt, kündigte er an, werden die "edelsten Teile des Pfarrgemeinderats zu sehen sein": Die Bühne war mit schwarzen Tüchern bis zum Boden verhängt, unter denen fröhlich 14 Puppen zum Radetzki-Marsch tanzten. Wer genauer hinschaute, entdeckte, dass diese Figuren maskierte und geschminkte Unterschenkel waren, die sieben Mitgliedern des Gremiums gehörten.

Sieben Buben, die der katholischen Jugend entwachsen waren, stellten in einer Staffel in kurzen Sätzen vor, "wenn ich nicht auf dem Fasching wär, was werd' ich dann wohl sein". Zum Beispiel ein Boxer: "Linke Faust, rechte Faust, Zähne raus."

Die Familie Sibinger machte sich musikalisch Gedanken, von wem denn wohl die Kirchenrenovierung finanziert werden könnte. "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld ..." Klar, der Pfarrer, "der hat's auch bestellt". Ein bisschen kurz gedacht - und deshalb legt die Familie Sibinger mit Vorschlägen nach, zum Beispiel mit der Einführung eines Klingelbeutels mit EC-Karten-Funktion. Aber da ist doch noch etwas Luft nach oben: Wie wäre es mit einer Umbenennung der Kirche für Hochzeiten in eine "Welcome-Wedding-Celebration-Hall" mit gestaffelten Preisen bis 3000 Euro, wenn auch noch Weihrauch gewünscht wird.

Alexander Daniel und Christoph Klaus verblüfften auf der abgedunkelten Bühne, nur von Spots angestrahlt, mit Nonsens-Magie: Sie zauberten aus einem Papiertaschentücher-Karton kein Kaninchen, sondern immer weitere neue Tücher, was insofern verblüfft, weil die Zuschauer sehen, wie viel Papier so eine Schachtel enthält.

Umwerfend war der Sketch, den Martin Rohrmann und Roland Kraus aufführten, beide engagiert im Kindergarten St. Michael. Rohrmann hat einen PC-Laden, in den Kraus seine Schreibmaschine, 40 Jahre alt, zur Reparatur bringt: Das F klemme. Rohrmann fragt, ob er es mal mit der Tastenkombination Strg/Alt/Entfernen versucht habe. "Entfernen kann ich nicht schreiben", entgegnet Kraus; logisch, das F hängt.

In der anschließenden Darbietung zeigte der Kirchenchor eine Seite, die Gottesdienstbesuchern bisher verborgen geblieben ist: Manche Sänger haben ein umwerfend komödiantisches Talent, das sie in den 30er-Jahre-Hits der Comedian-Harmonists ausleben, etwa bei "Veronika, der Lenz ist da". Da lassen die Herren von Bass und Tenor Blockflötenputzer als Spargel in die Höhe schießen.

Für die Quizshow "Wer weiß denn so was", die Kolping-Mitglieder auf die Bühne bringen, mussten Politiker herhalten: Stadtrat Michael Kaindl und der stellvertretende Landrat Anton Westner werden unter einen Bottich gesetzt, der vom "Vollstrecker" im totenschwarzen Umhang mit Wasser gefüllt wird, sobald ein Kandidat aus dem Publikum eine Frage von Quizmaster Ulrich Nischwitz falsch beantwortet. Wer sollte auch wissen, mit wie vielen Pflastersteinen der Hauptlatz belegt ist (396 112). Aber statt der befürchteten Wasserdusche, für die sich die beiden Kandidaten mit Regenumhängen und Schirmen gewappnet haben, fallen dann nur Flocken aus der Tonne.

Urkomisch der Dialog zwischen Ursel Sibinger, Vorsitzende der Frauenbunds, und Marita Findel. Sibinger kommt vom Meinungsforschungsinstitut "Paf im Blick" und will mehr über den Frauenbund erfahren, in dem offenbar nur "alte Weiber", wie es Findel alias Kreszenz "Zenzi" Kratzenbichler vermutet. Um dort beizutreten, dafür fühle sie sich mit 80 noch deutlich zu jung.

Von den Stühlen gerissen haben das Publikum sechs fröhliche Damen aus der katholischen Jugend. Jeweils zwei schlüpften in eine Strumpfhose, die eine mit dem linken, die andere mit dem rechten Bein. Der Tanz geriet so zur Synchron-Akrobatik.

In seinem Metier war dann Martin Rohrmann beim kurzen Theaterstück aus dem königlich Pfaffenhofener Amtsgericht. Rohrmann, im wirklichen Leben Rechtsanwalt und Strafverteidiger, ist angeklagt, mit einem Spezl ins Haus der Pfarrköchin gewaltsam eingedrungen zu sein. Nach langem Leugnen vor "Richter" Heinz Böhm überführen ihn schließlich die Federn des geklauten Huhns.

Dass Pfarrgemeinderatsmitglieder nicht nur Theater spielen, sondern auch zugabereif singen können, bewiesen sie unter großem Applaus als Chor beim Schlussgesang. Als schließlich die Vorsitzende Waltraud Daniel alle Helfer und Akteure auf die Bühne bat, war klar: Ein solch beeindruckendes Programm ist nur möglich, wenn alle Gruppierungen der Pfarrgemeinde mitmachen. "Und so viele wie diesmal", freute sich Ursel Sibinger, "haben sich bisher noch nie beteiligt."

Albert Herchenbach