Pfaffenhofen
Ein Votum pro Europa

Wahlbeteiligung steigt auf 59,7 Prozent - CSU profitiert vom Weber-Effekt - Grüne und ÖDP im Aufwind

26.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:10 Uhr
Sie sind zufrieden mit der Anzahl der Stimmen für ihre Parteien: Landrat Martin Wolf (rechts) freut sich über das Ergebnis der CSU. Albert Gürtner (links) und Roland Weigert von den Freien Wählern sehen die Zahlen als Bestätigung für die Koalition in Bayern. −Foto: Csapó

Pfaffenhofen (PK) Als klares Votum für die EU deuten führende Politiker im Landkreis die hohe Beteiligung an der Europawahl. Exakt 59,7 Prozent der Wahlberechtigten sind an die Urne gegangen - ein Wert, der normalerweise nur Kommunal- oder Landtagswahlen vorbehalten ist. Der Manfred-Weber-Effekt hat der CSU einen weiteren Einbruch erspart. Die Partei und ihr Spitzenkandidat für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten holen 44,8 Prozent der Stimmen im Landkreis.

Böse erwischt hat es erneut die SPD: Angesichts von 7,4 Prozent verliert die Partei fast zehn Prozentpunkte - und rutscht auch im Landkreis hinter die Grünen und die AfD auf Platz vier ab. Die Grünen legen auf 14,8 Prozent zu und sind jetzt zweitstärkste Kraft. Aber auch die EU-kritische AfD verbessert sich leicht und heimst jede zehnte Stimme im Landkreis ein.

"Die Richtungsänderung hat uns gut getan", meint der CSU-Kreisvorsitzende Karl Straub. Seine Partei habe "engagiert gekämpft" - und sei belohnt worden. Als Gradmesser dafür nennt er nicht die Europawahl vor fünf Jahren, sondern die Landtagswahl 2018. "Da hatten wir 37,8 Prozent, jetzt liegen wir viel besser", sagt er. Und am meisten freut ihn sowieso die hohe Wahlbeteiligung. "Unser Landkreis hat sich für Europa entschieden."

Noch nicht gewöhnt an solche Erfolgserlebnisse hat sich die grüne Kreischefin Kerstin Schnapp. "Wir sind solide zweistellig, und das ist wunderbar", sagt sie. Gerade im Süden des Landkreises zahle sich die Präsenz in neuen Ortsverbänden aus. Und dass es noch nicht zu 20 Prozent wie in ganz Deutschland reiche, erklärt sie mit zwei Gleichungen. "Die CSU ist wegen Weber stärker als die CDU. Und die Grünen sind in der Stadt stärker als auf dem Land." Zum Feiern sei ihr trotzdem zumute - getrübt werde die Freude lediglich durch das gute Abschneiden der AfD.

Als symptomatisch bezeichnet SPD-Kreischef Markus Käser den neuerlichen Absturz der Sozialdemokraten. "Wir müssen diese Groko beendet, um wieder Fuß zu fassen", sagt er. Denn in dieser Deutlichkeit sei der Absturz der Sozialdemokratie kein europaweites Phänomen. Die 60 Prozent Wahlbeteiligung bezeichnet Käser als überragend. Und auch das gewählte Spektrum sei in Ordnung. "Nur für die SPD ist das einfach bitter", fügt er an - und hofft, dass dies zumindest in Pfaffenhofen für die nächste Zeit das letzte schlechte Ergebnis war.

Der FW-Kreisvorsitzende Albert Gürtner sieht im Ergebnis eine Bestätigung für die schwarz-orangene Koalition in Bayern. "Ich bin sehr zufrieden", sagt er und freut sich, dass es neben Ulrike Müller nun einen zweiten Europaabgeordneten der Freien Wähler geben wird. Gürtner verfolgte den Wahlabend zusammen mit dem Staatssekretär für Wirtschaft im Bayerischen Landtag, Roland Weigert. Der Freie Wähler wertet die Ergebnisse ebenfalls als "Bestätigung der bayerischen Politik". Gleichwohl müsse man erkennen, dass die Grünen mit den Themen Umwelt und Klima den Zahn der Zeit erkannt hätten. Dass die SPD als Partei so einbricht, stimmt ihn nachdenklich. "Das ist ein echtes strukturelles Problem", sagt Weigert. Auch Martin Wolf (CSU) verfolgte die Ergebnisse an der Seite von Gürtner und Weigert im Rentamt. Der Landrat findet es sehr erfreulich, dass die Wahlbeteiligung auf knapp 60 Prozent gestiegen ist. Auch freut er sich, dass die CSU im Landkreis stärker ist als im bayerischen Durchschnitt.

Sorgen bereitet Wolf allerdings, dass dies auch auf die AfD zutrifft. Und das, obwohl die Rechten "hinter den Erwartungen zurückgeblieben" sind, wie es Johannes Huber offen zugibt. Die EU-Skepsis sei offenbar doch nicht so weit verbreitet wie von der AfD angenommen, räumt der Bundestagsabgeordnete ein. Der Klimaschutz sei das beherrschende Thema dieser Wahl gewesen. "Da müssen wir uns noch klarer profilieren", zieht er Rückschlüsse. Ansonsten hofft er, dass die AfD in Europa die dringend benötigten Reformen anstoßen könne.

Ebenfalls enttäuscht äußert sich Thomas Neudert, Kreischef der FDP. "Wir verzeichnen einen leichten Zuwachs, aber hätten uns mehr erhofft." Mit Themen wie Wirtschaft und Digitalisierung hätten die Liberalen nicht punkten können. Die ÖDP schaffte das hingegen ausgesprochen gut. Kreischef Richard Fischer ist hocherfreut über das Erreichte. "Zum Teil über fünf Prozent, gleichauf mit Freien Wählern und FDP - diese Belohnung haben wir uns verdient", spielt er auf das Bienen-Volksbegehren an - und freut sich, dass gerade Jungwähler sehr freie Entscheidungen treffen würden. "Rezo-Video, Fridays for Future: Die jungen Leute haben gemerkt, dass sie Europa was angeht", sagt Fischer und freut sich, dass sich die Jugend interessiert, Fragen stellt und sich kräftig beteiligt.

Laura Csapó, Patrick Ermert