Rohrbach
Eine Breitseite aus der bürgerlichen Mitte

Freie Wähler schwören sich auf Wahlkampf ein - und präsentieren Roland Weigert als Galionsfigur

17.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:44 Uhr
"Ihr müsst unsere Multiplikatoren sein": Dieser Forderung richteten Rudi Koppold (von links), Albert Gürtner und Roland Weigert an die rund 40 Freien Wähler, die bei der Kreisversammlung in Rohrbach am Montagabend den Wahlkampfauftakt miterlebten. −Foto: Ermert

Rohrbach (PK) Als bürgerliche Alternative für die Wähler in der politischen Mitte bringen sich die Freien Wähler (FW) in Stellung. Bei der Kreisversammlung in Rohrbach feuerten die Kandidaten am Montagabend eine volle Breitseite auf die ihrer Meinung nach immer mehr nach rechts driftende CSU ab.

Die Freien Wählen ziehen in den Wahlkampf. Und im Gegensatz zu den Christsozialen, die aus Angst vor der AfD manchmal fast schon wie gelähmt wirken, scheint sich die konservative Kraft in der bürgerlichen Mitte so richtig auf die kommenden Monate zu freuen. Die Direktkandidaten für die Landtagswahl am 14. Oktober aus dem Stimmkreis Pfaffenhofen - Albert Gürtner für den Landtag und Rudi Koppold für den Bezirkstag - holten sich prominente Unterstützung aus dem Schrobenhausener Land ins Herz der Hallertau. Roland Weigert stellte sich seinen FW-Freunden vor: als aussichtsreicher Zweitstimmenkandidat, Hoffnungsträger und neue Galionsfigur (siehe Kasten).

Befeuert von Weigerts Elan liefen aber auch die bekannten Gesichter im FW-Kreisverband zu Hochform auf. Gürtner übernahm die Begrüßung, lobte seine Parteifreunde, die aus dem Landkreis stolze 2500 Unterschriften gegen die Straßenausbaubeitragssatzung nach München geschickt hatten, und stellte sich hinter die FW-Kampagne mit der Forderung nach kostenfreien Kitas. "Bildung sollte für alle frei sein - und zwar je nach Weg vom ersten bis hinauf zum mindestens 20. Lebensjahr", sagte er. "Von der Kita bis zum Studium." Dann nahm Gürtner die CSU aufs Korn. "C und S, das Christliche und Soziale, sind längst weg. Nur das U ist geblieben. Es steht für Unruhe und Unheil stiften", so Gürtner. Dass Horst Seehofer und Markus Söder als prominenteste Landesvertreter auf der Beliebtheitsskala hinter Kanzlerin Angela Merkel zurückgefallen seien, spreche Bände. Der eingeschlagene Weg der Radikalpolitik habe die CSU nur geschwächt - und die Rechte dafür stark gemacht. "Ich sehe nur noch Grabenkämpfe. Die CSU hat ihre Identität verloren." Daher würden die Freien Wähler auch weiterhin ganz konsequent auf vernünftige und ehrliche Politik setzen - und auf keinen Fall unnötig nach rechts rücken.

Die Kreispolitik nahmen sich Fraktionssprecher Max Hechinger und der Dritte Landrat Josef Finkenzeller vor - und trafen teils deutliche Aussagen. Hechinger sprach von einem guten Auskommen unter den zehn FW-Kreisräten, die zur nächsten Kommunalwahl gerne auch die eine oder andere Frau in ihrer Runde begrüßen würden. Die Kooperation mit der CSU bestehe zwar und habe der Fraktion den stellvertretenden Landratsposten beschert. Dennoch gebe es etliche Vorgänge, die Hechinger mit Verwundern zur Kenntnis nehme. Angesichts der gewaltigen Investitionen, die dem Kreis in den kommenden Jahren bevorstehen würden, könne er die Forderung nach einer weiteren Senkung der ohnehin extrem niedrigen Kreisumlage nicht nachvollziehen. "45 Prozent passen doch. Der Landkreis sollte auch etwas vom Kuchen haben." Angesichts der großen Vorhaben bei der Geisenfelder Realschule, dem Pfaffenhofener Hallenbad und der Ilmtalklinik sei diese Forderung nur verständlich.

Apropos Ilmtalklinik: Nach den "schweren Verwerfungen" der vergangenen Jahre fühlt sich Hechinger dort wieder "auf Kurs". Die Einigung auf ein bauliches Konzept für die Generalsanierung könne schon bald gelingen. Nicht verstehen könne er hingegen die Personalie Christian Degen. "Dass der Landrat einen persönlichen Referenten bekommt, das ist völlig in Ordnung. Aber muss es ausgerechnet Degen sein?" Der Noch-Geschäftsführer sei an der Klinik zu wertvoll. Die Entscheidung mache die Zukunft der Ilmtalklinik "zumindest beschwerlicher", so Hechinger. Bände spreche in dem Zusammenhang auch die Tatsache, dass die Freien Wähler über diese Entscheidung von ihrem Kooperationspartner nicht einmal persönlich und vorab informiert worden seien, kritisierte Josef Finkenzeller. Auch die hohen freiwilligen Ausgaben des Landkreises kann Finkenzeller nicht nachvollziehen. Unter Rudi Engelhard sei dieser Posten fast auf Null gewesen. Jetzt liege er bei rund 1,25 Millionen Euro. Die Einführung des 50:50-Taxis für jugendliche Partygänger ist ihm dabei auch ein Dorn im Auge. "Ich habe dagegen gestimmt. Wie sollen wir jetzt dagegen argumentieren, wenn auch ein 50:50-Taxi für Senioren gefordert wird", fragte er in die Runde. "Mit fällt da keine Begründung ein."

Die eher unpopulären Bezirkstagsthemen riss Rudi Koppold kurz an. "Den Bezirkstag braucht man eher nicht", räumte er offen ein. "Aber wenn man ihn braucht, ist jeder ausgesprochen froh, dass es ihn gibt." Die Hauptthemen drehen sich rund um die Pflege, die Fachschulen, die Krankenhäuser, um Gewässer und das bayerische Kulturgut. "Es sind Gebiete, die ich kenne, die ich mag und die mir liegen", sagte der ehemalige Pfaffenhofener Stadtkämmerer. "In jedem Fall sind sie nah am Menschen", fügte er an - und somit genau da, wo sich die Freien Wähler ebenfalls verorten.

 

Patrick Ermert