Scheyern
Ein brandheißes Thema

Nach Bescheiden vom Landratsamt entflammt die Diskussion zu einer Drehleiter in Scheyern neu

25.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:51 Uhr
Als Gebäude am Prielhof 2014 in Flammen standen, rückten die Wehren aus Pfaffenhofen und Petershausen mit ihren Drehleitern an. Seitdem steht in der Gemeinde die Frage im Raum, ob die eigene Wehr auch eine Drehleiter braucht. −Foto: Ermert/PK-Archiv

Scheyern (PK) Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Scheyrer Gemeinde die Frage, ob die Feuerwehr mit einer Drehleiter ausgerüstet werden muss. Im Rahmen einer sogenannten Feuerbeschau sind nun Gebäude im Ort genauer untersucht worden.

Eines der betroffenen Gebäude ist das mehrstöckige Mietshaus des Klosters am Schöneck. Wie Pater Lukas berichtet, hat dort im Frühjahr eben eine Brandbeschau stattgefunden. "Dazu gibt es inzwischen einen Bescheid vom Landratsamt, dass der Rettungsweg im zweiten Stock nicht reicht", erklärt Pater Lukas. Entsprechend solle dort baulich nachgerüstet werden. Der Cellerar erwartet nun ähnliche Vorgaben auch für die Klostergebäude, sobald die Ergebnisse der Brandbeschau in diesen Räumen ebenfalls ausgewertet sind: "Das Mietshaus ist nicht höher als unser Kloster", sagt Pater Lukas. Daher würden wohl auch die Rettungswege im denkmalgeschützten Bau der Benediktiner nicht genügen, so der Cellerar. "Betroffen sein könnte ein Eckbereich vom Schülerwohnheim sowie ein Teil des Konvents", vermutet er. Womöglich könnten auch noch andere Gebäudebereiche den Vorgaben nicht genügen.

Die Forderung des Landratsamts, nun am Mietshaus einen zweiten Rettungsweg bauen zu lassen, will Pater Lukas nicht ohne Weiteres umsetzen: Er hat den Bescheid nicht akzeptiert, sondern verweist auf einen zentralen Satz im Schreiben der Behörde: "Da steht: ,Dem Landratsamt ist bekannt, dass sich diese Situation aufgrund der geänderten Ausstattung der örtlichen Feuerwehr ergibt.' Das ist doch der Hauptsatz in dem Bescheid", sagt der Cellerar. "Verursacher der Situation ist die Gemeinde durch das Außerdienstsetzen der alten Rettungsleiter." Am bereits bemängelten Mietshaus anzubauen - oder später entsprechend auch im Konvent bauliche Maßnahmen umzusetzen - ist für den Cellerar daher nicht die naheliegende Lösung. Stattdessen fordert er, die Möglichkeit einer Drehleiter für die Scheyrer Feuerwehr zu überprüfen.

Wie Bürgermeister Manfred Sterz (Freie Wähler) aus den Akten weiß, ist die Anhängerleiter vor zehn Jahren tatsächlich auf Geheiß der Gemeindepolitik hin aussortiert worden. "Das war eine Entscheidung im Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss", sagt Sterz. "Der damalige Gemeinderat hat das zur Kenntnis genommen." Allerdings verweist der Rathauschef darauf, dass sich die Entscheidung des Ausschusses auf die Einschätzung des damaligen Kommandandten der Scheyrer Wehr sowie den damaligen Kreisbrandrat beruft: "Die hatten gesagt, dass die Hilfeleistung der Pfaffenhofener Feuerwehr mit ihrer Drehleiter reicht." Allerdings ist inzwischen klar: "Der jetzige Kreisbrandrat und unser jetziger Kommandant sagen, das reicht nicht - und damit haben sie auch recht."

Tatsächlich gibt es bei einem Gebäude mit einer gewissen Höhe - mehr als zwei Obergeschosse - letztlich zwei Möglichkeiten, die Brandschutzvorgaben zu erfüllen. Zum einen eben der zweite Rettungsweg; zum anderen eine Drehleiter bei einer Feuerwehr. "Der zweite bauliche Rettungsweg kann durch eine Drehleiter ersetzt werden", sagt Bürgermeister Sterz. Vor einer solchen Anschaffung will er aber noch die restlichen Ergebnisse der Feuerbeschau abwarten sowie die Einschätzung des Landratsamts als zuständiger Baubehörde, ob die geforderten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Anfang Juli soll es dazu einen Termin im Landratsamt geben. Auch das Landratsamt teilt mit: "Die Prüfung der vorgelegten Fälle ist noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse sind abzuwarten." Die Resultate fließen in die Gesamtbetrachtung des Brandschutzes in der Gemeinde Scheyern ein, "zu der noch Gespräche zu führen sind".

Es steht laut Sterz außerdem die Frage im Raum, wie mit nicht genehmigten Bauten umgegangen werden soll: Für etwa ein Viertel der beanstandeten Umbauten und Gebäude gibt es nämlich laut Sterz nicht die notwendige Genehmigung: "Eine Baugenehmigung im deutschen Sinne ist nicht immer vorhanden."

Für den Bürgermeister ist aber momentan klar: "Bis dato ist das Ergebnis, dass alle Mängel baulich lösbar sind", fasst Sterz den Stand der Dinge zusammen. "Die Gemeinde entscheidet letztlich über die Anschaffung einer Drehleiter - aber bis jetzt gibt es dazu noch keine Aufforderung."

Tobias Zull als Kommandant der Scheyrer Feuerwehr würde eine solche Anschaffung unterstützen. "Die Feuerwehr hat nach dem Brand im Prielhof 2014 ein Fahrzeugkonzept aufgestellt", erklärt er. "Da steht auch eine Ersatzbeschaffung für die Anhängerleiter mit drin." Tatsächlich hat die Gemeinde diese Anregung zumindest als geplante Ausgabe mit aufgenommen: Im Finanzplan der Gemeinde stehen stets gut 600000 Euro mit auf der Agenda, um für die Feuerwehr ein Drehleiterfahrzeug anzuschaffen. Umgesetzt wurde der Kauf bisher nicht.

"Eine Drehleiter geht massiv ins Geld", sagt Bürgermeister Sterz. Die Geisenfelder Drehleiter beispielsweise hat vor wenigen Wochen rund 630000 Euro gekostet. "Die Finanzierung betrifft hier nicht nur die Anschaffung sondern auch spätere Wartungen, Schulungen und anderes."

Laut Kreisbrandinspektor Armin Wiesbeck gibt es im Landkreis Pfaffenhofen momentan fünf Drehleitern: in Pfaffenhofen, Reichertshofen, Vohburg und bei Airbus sowie seit wenigen Wochen nun auch in Geisenfeld. Er verweist darauf, dass es für die Stationierung von solchem Equipment auch sogenannte Hilfsfristen gibt: Konkret dürfen nur zehn Minuten vergehen, bis die Einsatzkräfte vor Ort sind. "Davon gehen anderthalb Minuten für das Telefonat mit der Leitstelle weg, wenn jemand den Notruf wählt", sagt Wiesbeck. "Weitere 4,5 Minuten brauchen die Einsatzkräfte im Schnitt, bis sie abfahrbereit sind - insgesamt sind bis dahin sechs Minuten vergangen. Dann bleiben also noch vier Minuten, um zu Einsatzstelle zu fahren." In dieser Zeit müsste es daher auch die Pfaffenhofener Drehleiter bis nach Scheyern schaffen - wenn es um Menschenleben geht. "Die Hilfsfrist gilt für die Menschenrettung", sagt Wiesbeck. "Wenn es rein feuerwehrtaktische Gründe sind - dass man mit einer Drehleiter besser löschen kann beispielsweise -, dann gilt diese Zehn-Minuten-Frist nicht und es ist mehr Zeit." Grundsätzlich betont Wiesbeck: "Wenn es möglich ist, ist ein zweiter baulicher Rettungsweg immer zu bevorzugen."

Mit diesem Argument unterstreicht auch Bürgermeister Sterz seinen Standpunkt: "Ein baulicher Rettungsweg ist immer voranzustellen: Er ist immer da und sofort zu nutzen", sagt Sterz. "Eine Drehleiter muss erst alarmiert werden - da muss man hoffen und bangen, dass die Drehleiter rechtzeitig aufgestellt wird."

Sterz führt noch zwei weitere Punkte ins Feld. Würde tatsächlich in Scheyern eine Drehleiter stationiert, würde auf die Freiwillige Feuerwehr sowie die Gemeinde auch die Verantwortung zukommen. "Unsere Feuerwehr ist momentan hervorragend aufgestellt - aber es können auch Zeiten kommen, wenn das nicht so ist. Dann muss die Gemeinde Personal vorhalten", sagt Sterz. Zudem verweist Sterz auf die Verhältnismäßigkeit: "Wenn es am Ende in Scheyern nur ein einziges Gebäude gibt, das nicht umgebaut wird, soll die Gemeinde dann diese Investition machen?"

Wenn es jedoch auf die Lösung einer Drehleiter hinaus läuft, könnte nicht nur die Scheyrer Wehr für dieses Projekt zuständig sein. "Die Regierung hat hier schon angeregt, dass hier vielleicht mehrere Gemeinden sich für eine gemeinsame Beschaffung in einem Zweckverband zusammen schließen", sagt Sterz. "Eine Drehleiter im südlichen Landkreis wäre sinnvoll - aber die Last sollte nicht auf einer einzelnen Gemeinde liegen."

Claudia Lodermeyer