Pfaffenhofen
Ein Blick in den Himmel

Robert Rolnik hat unzählige Kirchenfresken neu erstrahlen lassen - Am Sonntag wird er 70

19.10.2018 | Stand 25.10.2023, 10:32 Uhr
Besondere Kunstwerke an besonderen Orten: Robert Rolnik restauriert Kirchenfresken. Am Sonntag wird der Kirchenmaler 70 Jahre alt. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Wenn man wissen will, was Robert Rolnik beruflich so treibt, dann muss man den Kopf in den Nacken legen: beispielsweise in den Kirchen von Paindorf, Hohenwart, Miesbach oder im Isarwinkel. Die bunten Fresken hoch oben an der Decke sind sein Werk, entweder restauriert oder selbst entworfen. Rolnik ist Kirchenmaler. Am Sonntag feiert der Pfaffenhofener seinen 70. Geburtstag.

"Fassmaler und Vergolder, Trompe-l'?il-Maler" steht auf dem großen Schild an seinem Gartenzaun, das er mit einem Goldrahmen eingefasst hat. Goldrahmen? Erst wenn man genauer hinschaut, erkennt man, dass der Rahmen nur aufgemalt ist. Trompe-l'?il - aus dem Französischen wörtlich übersetzt: täusche das Auge - ist die Kunst, Dreidimensionalität vorzugaukeln. In seinem Haus gibt's dafür Beispiele genug: Da schaut in seinem Atelier ein kleiner schwarzer Hund aus einer halbgeöffneten Tür - aber die Tür gibt's gar nicht; und Dina, der kleine französische Hirtenhund, ist schon lange tot. Sein Herrchen hat ihm mit seiner Illusionskunst ein Denkmal gesetzt. Oder Rolniks Gäste-Toilette: Sie dürfte die einzige im Landkreis mit einem Deckenfresko sein. Der kleine Raum öffnet sich nach oben zu einem hohen klassizistischen Saal, überwölbt von Säulen, die in den weißblauen Himmel ragen - und über eine Balustrade beugen sich zwei fröhliche Musikanten: der Hausherr mit Gitarre, begleitet von seinem Freund auf dem Saxofon.

Rolnik schmückt nicht nur Kirchen aus, sondern auch Profanbauten. Er legt einen ganzen Ordner voller Fotos auf den Tisch, die Schwimmhallen und Dampfbäder zeigen: Für eine Firma, die Wellness-Tempel baut, übernahm er die Innenmalerei. Da hat er dann einen kleinen Pool mit Arkaden-Gang umgeben, durch den man über Zypressen, Palmen und blühende Pflanzkübel aufs Mittelmeer schaut.

Vorbei, sagt Rolnik. Heute habe sich der Geschmack geändert, man mag's jetzt lieber puristisch gefliest. Davon wollten die Maler der Renaissance und des Barocks nichts wissen. Deren Gemälde sind es, die Rolnik vor allem restauriert. Was eine hohe Kunst ist. Der Untergrund, die Substanz, muss aufgebaut und die Farben analysiert werden. Die bekommt man nicht im Baumarkt. Sie bestehen aus Casein, quasi Topfen, Kalk, Öl und Trockenfarben. Diese Mischung, sagt Rolnik, haben die Kirchenmaler schon vor 1000 Jahren verwendet. Sie gibt den Farben Tiefe, Transparenz, Glanz und Intensität. Wenn notwendig, trägt er auch Blattgold auf, eine Wissenschaft für sich.

Das alles kostet viel Zeit und ist entsprechend teuer. Lohnt das? "Die Menschen in früheren Generationen haben vergleichsweise sehr viel mehr aufgewendet, auch an Geld, um Kirchen zu bauen und auszuschmücken." Und da stehen die nachfolgenden Generationen in der Pflicht, diese Vermächtnisse zu erhalten.

Wie wird man Kirchenmaler? Damals, so um 1960, war die Tegernbacher Kirche eingerüstet und der kleine Robert schaute bei der Innenrestaurierung zu. Das wolle er auch mal machen, erklärte er seiner Mutter. "Mei, Bua, dann musst' woanders hingehen zum Lernen." Das tat der Bua dann auch. Während seiner Lehre in München beim Kirchenmaler Otto Wimmer wohnte er bei den Salesianern in Haidhausen, dann arbeitete er beim Pfaffenhofener Restaurator Bernd Holderried, mit dem er zahlreiche Kirchen in neuem Glanz erstrahlen ließ: Lohwinden etwa, Herrnrast, Burgstall, die Stadtpfarrkirchen in Pfaffenhofen und Schrobenhausen. Nach der Meisterprüfung als Vergolder und Fassmaler (was nichts mit Fässern zu tun hat, sondern mit Einfassen), machte sich Rolnik 1983 selbstständig. Sein erster großer Auftrag war ein Deckengemälde für die Kirche in Paindorf. Er schlug dem Pfarrer entsprechend dem Kirchenpatron ein Nikolausmotiv vor - und das hat er jetzt, nach drei Jahrzehnten, wieder betrachten können, als seine Nichte dort heiratete.

Das sind Werke für gefühlte Ewigkeiten. "Ich bin mehr als zufrieden mit meinem Leben, ich bin glücklich", sagt Rolnik. Seiner Frau Cita ist er dankbar, dass sie für ihn den "ganzen wirtschaftlichen Kram" übernommen hat. Und dann ist er eingebettet in einen großen Freundeskreis. Für den organisiert er Mountainbike-Touren durch München, seit Jahrzehnten ist er bei den Schäfflern und im MTV aktiv. Das Glück vollkommen macht seine Heimat. Rolnik ist viel herumgekommen, aber: "Bei uns ist es am schönsten. Kein Land ist vergleichbar mit Bayern."

Albert Herchenbach