Pfaffenhofen
Lockruf aufs Land

Der Münchner Alexander von Mendel will Hausarzt in der Region werden - Er kam über das Kosta-Projekt

03.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:37 Uhr
Wie man eine Wunde versorgt, demonstrieren der Geisenfelder Allgemeinmediziner Lorenz Eberle (links) und der Weiterbildungsassistent Alexander von Mendel. Von Mendel wohnt momentan noch in München und hat vorher im Krankenhaus gearbeitet. Jetzt will der 42-Jährige raus aufs Land und Hausarzt werden. −Foto: Brenner

Geisenfeld (PK) Während die meisten seiner Kollegen in die Großstadt zu den Privatpatienten streben, kann sich Alexander von Mendel nichts schöneres vorstellen, als Hausarzt auf dem Land zu werden. Er ist einer von zurzeit sechs Ärzten, die unter der Regie der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (Kosta) an der Ilmtalklinik und bei niedergelassenen Ärzten zum Allgemeinarzt weitergebildet werden. Darum geht es im zweiten Teil unserer Serie "Dorf sucht Doktor".

Die Klinik hat ihm nie besonders getaugt. Alexander von Mendel missfielen "die hierarchischen Strukturen im Krankenhaus", sagt er. Der 42-jährige Münchner arbeitete nach seiner Promotion bis 2006 als Assistenzarzt in der Kardiologie eines Krankenhauses in der Münchner Umgebung, bevor er in eine völlig andere Branche wechselte. Denn "nebenbei" hatte er noch fünf Jahre Informatik studiert. Und arbeitete danach auch als Informatiker. "Das hat mir schon Spaß gemacht", sagt er. Dort gab es keine Hierarchien, nur Computer. "Allerdings war es mir dann doch irgendwann zu menschenfremd." Es zog ihn zurück zur Medizin. Diesmal allerdings ging er es anders an. Um später einmal sein eigener Herr sein zu können wählte er die Weiterbildung zum Hausarzt. Er recherchierte und fand das Programm Kosta, an dem sich auch die Pfaffenhofener Ilmtalklinik beteiligt.

Jetzt ist er gerade in der Praxis des Geisenfelder Allgemeinmediziners Lorenz Eberle, insgesamt hat er bereits drei von fünf Jahren seiner Weiterbildung zum Allgemeinmediziner absolviert. Ihm sei hier keine Sekunde langweilig, sagt von Mendel. Die große Bandbreite der Krankheiten in einer Hausarztpraxis fasziniere ihn. "Gerade gestern kam jemand, der sich mit einer Flex verletzt hat, da haben wir zwei Stunden genäht." Er kann sich gut vorstellen, sich später in der Gegend in einer eigenen Praxis niederzulassen. "Ich habe es fest vor." Zumal er auch Verwandtschaft in der Pfaffenhofener Gegend habe.

Um Ärzte wie von Mendel anzulocken, nahm die Koordinierungsstelle Kosta 2011 ihre Arbeit auf. Sie wurde gegründet, weil viele Hausarztsitze unbesetzt seien, heißt es in einer Mitteilung der Ilmtalklinik. Das Durchschnittsalter der Hausärzte sei hoch, in den nächsten Jahren sei mit einer deutlichen Unterversorgung zu rechnen.

Kosta ist ein gemeinsames Projekt der Bayerischen Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und dem Bayerischen Hausärzteverband. Die Ilmtalkliniken in Pfaffenhofen und Mainburg und niedergelassene Hausärzte haben sich zu einem regionalen Weiterbildungsverbund unter der Regie von Kosta zusammengetan.

Bei Kosta gehe es darum, die verschiedenen Abschnitte der Weiterbildung zum Hausarzt aus einer Hand anzubieten, so Eberle, der auch Kosta-Koordinator für die Hausärzte ist. "So haben die Ärzte keine Zeitverluste." Denn ohne Koordinierungsstelle dauere die Weiterbildung statt fünf gerne mal acht Jahre. Denn dann muss der Arzt sich selbst um seine Stationen in Praxis und Klinik kümmern - so komme es dann zu Wartezeiten. Wenn sich die Koordinierungsstelle um die Weiterbildung kümmert, bleiben die Ärzte natürlich auch in der Region - so dass sie sich am Ende hoffentlich auch dort niederlassen.

Bisher hat sich allerdings noch kein Allgemeinmediziner aus dem Kosta-Projekt niedergelassen, so Hansjörg Aust, Ärztlicher Direktor der Ilmtalkliniken. "Am Anfang ist es ziemlich zäh angelaufen", sagt Kosta-Koordinator Eberle. Das bestätigt auch Aust. "Kosta wurde erst als Stiefkind behandelt." Erst in den vergangenen drei Jahren "hat man gemerkt, wie relevant es für unsere Zukunft ist". Gerade die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten sei wesentlich. "Es ist wichtig, dass die Region sich selbstständig um die ärztliche Versorgung kümmert." Und das gehe eben nur, wenn Klinik und Niedergelassene zusammenarbeiteten.

Hausarzt Eberle zieht nach den bisherigen Erfahrungen eine gemischte Bilanz. 14 Praxen mit 24 Ärzten nehmen aktuell an Kosta teil. "Eigentlich könnte ja in jeder Praxis ein Allgemeinmediziner ausgebildet werden", so Eberle. Doch momentan sind laut Aust fünf in den Kliniken in Pfaffenhofen und Mainburg - von Mendel ist der einzige, der bei einem niedergelassenen Arzt ausgebildet wird. "Aber wir wissen jetzt von zwei Ärzten in der Weiterbildung, dass sie fest vorhaben, sich hier niederzulassen", so Aust.

Für Aust wäre es auch denkbar, dass der Landkreis sich mehr einbringt. Als Nächstes schaffe die Klinik einen sechsten Kosta-Platz, "doch anders als die Niedergelassenen, die den Lohn durch die Förderung komplett erstattet bekommen, erhält das Krankenhaus nur 20 Prozent Förderung." Hier könne man überlegen, ob der Landkreis diesen Anteil nicht mit eigenen Mitteln verdoppeln könne, so Aust. Man sei bereits mit dem Landkreis im Gespräch.

Gut sei, dass sich immer mehr Niedergelassene für das Projekt interessierten, so Aust. "Allerdings haben wir für nächstes Jahr bisher erst zwei Kandidaten für die Klinik-Plätze."

Desirée Brenner