Die Lehre aus einem Debakel

Ein Kommentar Ilmendorfer Bürgerentscheid

21.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:19 Uhr

Vier Fünftel der Geisenfelder Wähler haben sich beim Bürgerentscheid gegen die Ansiedlung eines Logistikunternehmens bei Ilmendorf entschieden.

Ein klares Votum, ja fast ein Debakel für die Regierenden, das keinen Spielraum für Interpretationen lässt. Solange sich an der niedrigen Arbeitslosenquote nichts ändert, ist dieses Thema "gestorben". Aber hat daran jemand gezweifelt? Wenn man ehrlich ist, war dieses Ergebnis nicht mal in der Höhe überraschend. Und genau das hätten sich alle Stadträte auch schon vorher nicht nur denken können, sondern müssen.

Dass sie es dennoch zum Bürgerentscheid kommen ließen, mag von einem Faible für direkte Demokratie sprechen. Aber eigentlich sollte diese nur das letzte Mittel sein, wenn sich Volksvertreter auf dem Holzweg befinden. Die aufwendige Abstimmung in einem Fall zu wählen, dessen Ausgang so offen auf der Hand liegt, grenzt an Geld- und Zeitverschwendung. Schließlich schafften es Stadträte und Verwaltung nicht einmal selbst, ernsthafte Argumente für die Ansiedlung des Logistikers ins Feld zu führen. Das ganze Vorhaben war zu wenig konkret, die Vorteile waren überschaubar. Da spielt es keine Rolle, ob jedes Argument der Bürgerinitiative stimmig war: In der Summe war deren Haltung auf jeden Fall zündender.

Doch egal, ob es diesen Bürgerentscheid gebraucht hat, eine Lehre lässt sich ziehen: Die Politik hat sich von ihrer Hinterzimmer-Mentalität endlich zu verabschieden. Die Menschen haben ein Recht darauf, besser (und vorab) informiert zu werden, bei Entscheidungen von Tragweite mitzureden und nicht nur vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Ilmendorf war dafür nur ein Beispiel, aber ein gutes.

Die Bürger fordern diese Mitbestimmung immer mehr ein. Sie wollen nicht nur alle sechs Jahre die Großkopferten in den Gemeinderat wählen und dann regiert werden. Sie wollen das Gefühl haben, dass die Gewählten nicht deren eigene Interessen, sondern jene der Bürger vertreten.

Und wer das nicht verinnerlichen kann, sollte für die Kommunalwahl 2020 auf eine Nominierung lieber verzichten.

Patrick Ermert