Wolnzach
Die Hopfenschmecker

Fachleute testen bei Blindverkostung im Hopfenmuseum Bittereigenschaften neuer Zuchtsorten im Bier

24.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:30 Uhr
Nicht erkennbar war für die Tester, welches Bier sie gerade im Glas hatten, die Auflösung erfolgte erst am Ende der Blindverkostung. Drei Brauereien hatten die zwei neuen Zuchtsorten verwendet, gegenüber gestellt wurden sie einem mit der Sorte Herkules gebrauten Bier. −Foto: Trouboukis

Wolnzach - Sie sind gesund, nicht anfällig gegen Krankheiten und Schädlinge und gut im Wuchs. Wie aber machen sich die zwei neuen, in Hüll gezüchteten Hochalphazuchtstämme im Bier? Um das herauszufinden, wurde nun im Hopfenmuseum ausgiebig geschnuppert, geschmeckt und geprüft: Drei Brauereien haben mit den vielversprechenden Zuchtstämmen und zum Vergleich der gängigen Sorte Herkules gebraut, ein geladenes Fachgremium aus Bier- und Hopfenexperten nahm die Biere jetzt unter die Lupe oder, besser gesagt, in den Mund.

Eine neue Hopfensorte zu kreieren, das dauert. Sie auf dem Markt zu etablieren und sie den Brauereien regelrecht schmackhaft zu machen, ebenso. Das Team des Hopfenforschungsinstituts in Hüll zusammen mit der Züchtungsforschung der Bayerischen Landesanstalt für Pflanzenbau rund um Forschungsleiterin Elisabeth Seigner und Züchter und Beratungsgremiumsleiter Anton Lutz kennt sich da aus - und weiß, was alles dahinter steckt.

Zunächst einmal die Frage: Was soll erreicht werden? Robuste Pflanzen, die wenig Anfälligkeiten gegen Schädlinge und Krankheiten zeigen, am besten - wichtig gerade aufgrund der Trockenperioden der jüngsten Zeit - Trockenphasen gut aushalten können, passenden Ertrag bringen und gute Alphawerte aufweisen. Alleine das sind schon einmal viele Kriterien, ein langer Prozess, für die das Forschungsteam nun eine neue Methodik anwendet: die genombasierte Präzisionszüchtung (siehe Infokasten). Zwei Hochalphazuchtstämme wurden so entwickelt, die in der Versuchsbrauerei St. Johann, der Versuchsbrauerei Weihenstephan der TU München und der Bitburger-Braugruppe verbraut wurden.

"Heute kann der Grundstein gelegt werden für den Erfolg einer neuen Hopfensorte", leitete Peter Doleschel, Leiter des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, den Dienstagvormittag ein. Als er das sagte, saßen vor ihm rund 50 Fachleute, Hopfen-, Bier- und Brauspezialisten, vor ihnen eine ganze Batterie von Gläsern. Ihre Aufgabe: Biere verkosten. Warum ausgerechnet am Vormittag? Christoph Neugrodda, Leiter der Forschungsbrauerei Weihenstephan der TU München kennt die Antwort: "Weil die sensorische Verkostungsleistung am Vormittag em besten ist."

Nach der Reihe wurden ihnen in drei Durchgängen Biere der beiden Zuchtstämme und der Sorte Herkules aus den drei Brauereien serviert. Zum Einstig gab es ein Pegelbier, das mit genau 25 Bittereinheiten praktisch zur Grundorientierung diente. Gebraut hatten die Versuchsbrauereien, wie Christoph Neugrodda erklärte, nach genau gleichen Vorgaben im Brauprozess. Die Bitburger Braugruppe mit Braumeister Stefan Hanke, so Walter König, Geschäftsführer der Gesellschaft für Hopfenforschung, habe dankenswerter Weise "aus Interesse" an den Sudversuchen mitgemacht, die Versuchsbiere aber im dort üblichen Verfahren eingebraut. Intensität des Hopfenaromas in Geruch und Geschmack, ist das Aroma eher blumig, oder eher fruchtig oder krautig? Wie läuft die Bittere durch den Mund, wie ist sie im Antrunk, wie im Nachgang? Zu jedem Bier füllten die Prüfer Bögen aus - und mussten am Ende Punkte vergeben. "Sie müssen sich entscheiden, nur so kommen wir zu einem Ergebnis", so Andi Gahr, Braumeister der Versuchsbrauerei St. Johann. Und die Tester schrieben, prüften, machen es sich nicht leicht, nicht wissend, welches Bier in welcher Flasche war.

Walter König nutzte die Zeit des Schreibens und Testens für ein Kompliment an alle Brauereien: "Sehr saubere Biere, sehr schön zu verkosten, nicht leicht, Nuancen heraus zu schmecken", so sein Fazit. Auch sein persönliches Wunschergebnis nahm er voraus: Man habe bereits einen der beiden Zuchtstämme im Auge, den man gerne im Praxisversuch testen würde. Walter König: "Es wäre sehr schön, wenn heute herauskäme, dass er gegenüber den anderen zumindest nicht abfällt." Wie es ausgegangen ist? Auf das Ergebnis muss auch er noch warten: Die Auswertung der einzelnen Prüfungsbögen ist aufwendig und braucht noch etwas Zeit.

WZ

Karin Trouboukis