Schrobenhausen
Der Wagen sollte bloß 80 Tage halten

Penibel restauriert: Der Schrobenhausener Peter Möchel besitzt einen 75 Jahre alten Willys-Militärjeep

17.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:53 Uhr
Ein Mann und sein Jeep: Einen 75 Jahre alten amerikanischen Willys mit Anhänger besitzt der Schrobenhausener Peter Möchel. Ab und zu fährt er damit dort hin, wo sich der Geländewagen wohlfühlt - ins Gelände. −Foto: Foto: Spindler

Schrobenhausen (PK) Mit einem auffälligen Wagen ist Peter Möchel unterwegs: Er besitzt einen restaurierten Militärjeep der amerikanischen Luftwaffe.

Schon das Anlassen des olivgrünen Wagens ist ein besonderes Schauspiel und nicht mit dem einfachen Knopfdrücken von modernen Autos zu vergleichen. Peter Möchel legt einen unscheinbaren schwarzen Schalter um: "Zündung einschalten." Dann drückt er in der Nähe des Schalthebels für das Getriebe mit seinem rechten Fuß den nächsten Schalter - den für den Anlasser. Gleichzeitig reguliert er mit der linken Hand über den gezogenen Choke die richtige Einstellung des Standgases. Mit viel Gefühl macht der 61-Jährige das. Der Motor läuft.

Seit sieben Monaten besitzt der gebürtige Münchner und Wahl-Schrobenhausener Peter Möchel den Original Willys Overland GPW. Unter der Motorhaube steckt ein Ford-Aggregat mit etwa 2,2 Litern Hubraum, das rund 60 Pferdestärken auf die Straße oder noch viel lieber direkt ins Gelände überträgt. Der wendige Kriegswagen, der ohne Lenkhilfe auskommt - da weiß man, warum beim Militär die Chauffeure oft Kraftfahrer heißen -, verfügt über ein Getriebe mit drei Gängen, die ihn vorantreiben. Gebaut wurde der Jeep in den USA im Jahr 1943. Möchel kann sogar nachvollziehen, dass sein Wagen am 30. April 1943 an die US Air Force ausgeliefert wurde. Die amerikanische Luftwaffe stellte den Wagen dann am 1. Juli 1943 in Dienst - der Tag der Erstzulassung. Dann verliert sich die Spur des Jeeps. Wo er im Krieg eingesetzt war, kann Möchel nicht sagen, selbst der Vorbesitzer habe es nicht mehr recherchieren können.

Im Krieg war der Wagen ganz offensichtlich. Denn als das Fahrzeug Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre wieder nach Deutschland zurückkehrte, fand der Besitzer ein Einschussloch beim linken Hinterrad. Unter dem weißen Lack traten deutlich sichtbare Rostspuren hervor. Fahrersitz? Überbewertet. Fehlanzeige. Ein Holzschemel zierte das spartanische Interieur des Fahrzeugs. Ein texanischer Staatsanwalt muss den Jeep als privaten Jagdwagen in den Weiten seiner Heimat benutzt haben, erzählt Möchel. Den Zustand, in dem der Wagen aus Greenville nach Europa anreiste, bezeichnet Möchel vorsichtig mit den Worten "sehr schlecht".

Dass Peter Möchel das geländegängige Auto heute besitzt, ist eigentlich ein Zufall, wie er selber sagt. In den Bergen, wo Möchel mit seiner Familie regelmäßig Urlaub macht, habe ein Nachbar sich den Jeep damals gekauft. Der Nachbar, so Möchel, begann zusammen mit seinem Sohn den Wagen zu restaurieren. Originalverdeckstoff aus New York wurde dafür genauso herangeschafft wie Originalersatzteile aus anderen Bundesstaaten der USA. Sogar ein zweiter Willys soll auf dem Hof des Vorbesitzers gestanden haben - als Ersatzteillager.

Möchels Bergnachbar und dessen Sohn zerlegten das Vehikel in seine Einzelteile. Alles musste gereinigt und begutachtet werden. Über Jahre hinweg dauerte die Restaurierung, die in einer kleinen Kladde minutiös festgehalten wurde. Möchel blättert immer wieder mal in dem Heftchen. Auch eine detaillierte Fotodokumentation zeigt, wie aus dem heruntergekommenen Jagdwagen wieder ein stolzer Militärjeep wurde.

Doch das Schicksal hat es mit Möchels Nachbarn auf dem Berg nicht gut gemeint. Der Sohn des Mannes starb mit Mitte 50 an einer schweren Krankheit. Einige Jahre, so Möchel, habe sein Nachbar den Wagen noch besessen und sich ganz langsam von seinem Sohn sowie dem Wagen verabschiedet. Im vergangenen Jahr habe der Mann dann Peter Möchel den Wagen angeboten: "Jetzt ist es so weit, hat er nur gesagt." Möchel hat ein Vermächtnis damit übernommen: Er soll nun den Wagen in Ehren halten und später an seinen Sohn weitergeben.

Die Konstruktion des Urvaters aller späteren Jeeps sollte einfach sein. Gleichzeitig sollte ein wendiges und möglichst vielseitiges Fahrzeug entstehen, das nicht viel Geld verschlingt und für den Kriegseinsatz geeignet ist. "Der Wagen sollte bloß 80 Tage halten", sagt Möchel, der mit Blick auf sein restauriertes Schmuckstück mit Stolz in der Stimme hinzufügt: "Und jetzt ist er 70 Jahre alt."

Jürgen Spindler