Pfaffenhofen
Der Stadtbus wird kostenlos

CSU schwenkt um: Mit neuem Fahrplan und verkürzter Taktung fahren in Pfaffenhofen alle umsonst

14.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:04 Uhr
Der Stadtbus soll attraktiver werden: Mitte September werden die Linien ausgeweitet und eine Halb-Stunden-Taktung bis 20.15 Uhr eingeführt. Vor allem wird das Busfahren aber für alle kostenlos - und zwar mindestens bis zur neuvergabe der Konzession im Jahr 2020. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Die Pfaffenhofener können ihren Stadtbus wohl ab Mitte Dezember und vorerst bis zur Neuausschreibung der Konzession im Jahr 2020 kostenlos nutzen. Zudem fahren die Busse auf den wichtigsten Linien künftig jede halbe Stunde - und das bis 20.15 Uhr. Die Verbesserungen kosten die Stadt pro Jahr hohe sechsstellige Beträge, die durch die Parkraumbewirtschaftung der Bahnhofsparkplätze teilweise refinanziert werden sollen.

Möglich gemacht hat diese gute Nachricht für alle Stadtbusnutzer und Pfaffenhofener, die das künftig werden wollen, eine bemerkenswerte und unerwartete Kehrtwende der CSU-Fraktion im Stadtrat. Am Donnerstagabend eröffnete Martin Rohrmann die Stadtbusdebatte mit einem offenen Eingeständnis. "Die CSU hat sich bei diesem Thema zuletzt ungeschickt verhalten", räumte Rohrmann ein. Er führte danach all jene Argumente ins Feld, die von den Befürworter eines kostenlosen Stadtbusses schon bei vorangegangenen Debatten eingeworfen wurden. Die wegfallenden Einnahmen und die Fördermittel, die aufgrund dieser Maßnahme zurückbezahlt werden müssten, würden weniger ins Gewicht fallen als ein kostenloser ÖPNV Vorteile für die Pfaffenhofener hätte, meinte er. "Die Parkplatzsuche im Zentrum wird immer beschwerlicher. Und das kostenlose Angebot ist eine gute Chance, den Menschen den ÖPNV schmackhaft zu machen." Das kostenlose Angebot während der Gartenschau habe die Fahrgastzahlen um 20 Prozent nach oben getrieben - und das in den unattraktiven Sommermonaten. "Im Winter müsste dieser Effekt sogar noch viel höher sein", schloss Rohrmann seine Ausführungen.

Sichtlich und positiv überrascht reagierte die Bunte Koalition mit Bürgermeister Thomas Herker (SPD) an der Spitze auf diese Ansage. "Es ist auf alle Fälle finanziell darstellbar, die kommenden zwei Jahre auf Gebühren zu verzichten", meinte der Rathauschef. Im Gegenzug schlug er sofort vor, flankierend in die Parkraumbewirtschaftung am Bahnhof einzusteigen. Beide Vorschläge gingen letztlich bei Gegenstimmen von Herkers Stellvertretern Albert Gürtner (FW) und Roland Dörfler (Grüne) einhellig durch. So wird es in absehbarer Zeit vermutlich zwischen 1,50 und zwei Euro pro Tag kosten, sein Auto am Pfaffenhofener Bahnhof zu parken. "Wir dürfen da keinen Gewinn machen. Es darf nur kostendeckend sein", erläuterte Herker dazu. Den Bürgern aus Pfaffenhofener Ortsteilen, die nicht ans Stadtbusnetz angebunden sind, aber ebenfalls zum Bahnhof pendeln müssen, will Herker auch noch ein Angebot unterbreiten, um ihnen eine Möglichkeit zu geben, diese Gebühren zu sparen. Wie genau, muss sich allerdings noch weisen.

In den sauren Apfel müssen lediglich Stadtbusnutzer beißen, die sich in letzter Zeit Jahreskarten angeschafft haben. "Diese können wir aus verwaltungstechnischen Gründen nicht rückerstatten", sagte Kämmererin Claudia Jonas. Sie teilte zuvor auch noch die weiteren Änderungen mit, auf die sich Stadtbusnutzer ab Mitte Dezember freuen können. Dann wird nämlich ein neuer Fahrplan eingeführt, der erhebliche Verbesserungen für die Fahrgäste mit sich bringt. Die Linien 1 bis 6 fahren dann im Halb-Stunden-Takt von frühmorgens bis abends um 20.15 Uhr. Die Ilmtalklinik, das Ecoquartier und Daiichi-Sankyo werden zudem ans Netz angebunden. Die Gesamtkosten für alle diese Maßnahmen und den kostenlosen Probebetrieb taxierte Herker letztlich auf rund eine halbe Million Euro. Und einiges an Vorarbeit wird die Verwaltung auch noch zu leisten haben, um alle diese Vorhaben rechtzeitig umsetzen zu können.

Eine längere Debatte lieferten sich die Räte trotz dieser überwiegenden Einigkeit trotzdem. Vor allem Gürtner und Dörfler missfiel nämlich der kostenlose Busbetrieb ziemlich. "Was nichts kostet, ist auch nichts wert", brachte Dörfler eine alte Weisheit vor. "Wir können gar nicht so viel Geld einnehmen, wie wir mit dem Stadtbus wieder rauswerfen." Rund 300000 Euro pro Jahr zusätzlich in den Sand zu setzen, das sei in seinen Augen kein gelungener Umgang mit Steuergeldern. Auch Gürtner warnte, angesichts sprudelnder Einnahmen in völlige Euphorie zu verfallen. Er mahnte seine Kollegen an, diesen "publikumswirksamen Volksfestvorschlag" zu überdenken - und jetzt keinen Schnellschuss abzufeuern.

Dagegen verwehrten sich die übrigen Räte aber vehement. Viele verwiesen auf die teilweise leer fahrenden Stadtbusse, auf die angespannte Verkehrssituation in der Stadt und die Wichtigkeit, den ÖPNV attraktiver zu gestalten. "Die Autos müssen aus der Stadt, der Verkehr muss weniger und ruhiger werden", sagte Hans Prechter (CSU). "Daher ist dieses Experiment gut." Genauso sah es Bürgermeister Herker: "Den Versuch ist es allemal wert. Danach werden wir sehen, wie's weitergeht", meinte er - und bezeichnete nach der eindeutigen Abstimmung das Umschwenken der Christsozialen mit einem leisen Zusatz kurzerhand als "historisch".
 

Patrick Ermert