Pfaffenhofen
Dem Stein zeigen, wo der Hammer hängt

Beim traditionellen Steinheben behaupten sich die Pfaffenhofener - Stadt vergibt erstmals Wanderpokal

18.09.2018 | Stand 25.10.2023, 10:31 Uhr
Der stärkste Mann des Abends: Jonas Nedvidek, Logistikmeister aus Pfaffenhofen, hob im Schwergewicht 279 Kilo 102 Zentimeter hoch und holte damit den 1. Platz. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Pfaffenhofener zeigen Muckis: Beim traditionellen Volksfest-Steinheben im Stiftl-Zelt demonstrierten sie beeindruckend, was sie unterm Muskel-Shirt zu bieten haben. In der Schwergewichtsklasse ging der Sieger-Pokal an einen Pfaffenhofener, beim Normalgewicht der 2. Platz. In der Frauenliga wurde die 21-jährige Altenpflegerin Franzi Bayerl aus Scheyern Vizemeisterin.

Nur zum Vergleich - und damit man weiß, wovon in diesem Beitrag die Rede ist: Ein Kasten Bier mit 20 Flaschen wiegt etwa 20 Kilo, eine Waschmaschine um die 80 Kilo. Was das bedeutet, weiß jeder, der schon einmal umgezogen ist. Jonas Nedvidek hätte sich die Maschine unter den rechten und den Trockner unter den linken Arm geklemmt, wäre damit die Treppe runter und zum Umzugsauto gestiefelt. Für ihn ein Leichtes: Er schaffte es, ein Gewicht von 279 Kilo 102 Zentimeter hochzuheben. Der 28 Jahre alte Pfaffenhofener Logistikmeister ist damit der erste Preisträger, dem der Zweite Bürgermeister Albert Gürtner (Freie Wähler) den neu gestifteten Wanderpokal der Stadt überreichen konnte.16 Männer und vier Frauen hatten sich zum Steinheben gemeldet, alte Bekannte waren darunter wie der Feldmochinger Landwirt Hans Kammerer, der von 2001 an neun Mal in Folge in der Liga "Normalgewicht" den ersten Preis holte. Den sicherte er sich auch in diesem Jahr. Das Publikum begrüßte ihn mit tosendem Applaus, und der 40-Jährige wusste, was er ihm schuldet. Er tauchte seine Hände ins weiße Talkum, band sich den Ledergurt um, reckte die rechte Faust und stieg aufs Podest. Dort ließ er sich noch eine Maß hochreichen, um einen kräftigen Schuck zu nehmen, ging leicht in die Hocke, packte die Querstange und zog die 254 Kilo in die Höhe: 35 Zentimeter, noch einen Ruck, 37 Zentimeter, jetzt konzentrieren - und dann bewegte sich die rote Digitalanzeige weiter nach oben und blieb bei exakt 43,96 Zentimeter stehen.

Moderator Roland Balzer hätte gern mehr Mucki-Männer auf der Bühne gesehen. Aber die kräftigen Jungs im Publikum ließen sich nicht locken, sie blieben hinter ihrer Maß sitzen und übten sich im einarmigen Heben in der 1,0-Literklasse. Ein Problem übrigens bereits im ersten Jahr des Steinhebens 1957, wie der damalige Kurier-Reporter notierte: "Zaghaft nur wagten sich die Heros-Jünger auf die Bühne, als der Lautsprecher an Mut und Kraft appellierte. Erst nach einigen vergeblichen Versuchen, die durchs Mikrofon mit der ironischen Bemerkung kommentiert wurden: ,Nicht die halbstarken, sondern die starken Männer sind aufgerufen', fanden sich einige, die neben gutem Willen und Schneid auch Kraft mitbrachten, den steinernen Koloss zu lüpfen."

Einer von ihnen war Georg Kistler aus Untermarbach. Balzer konnte den jetzt 81-Jährigen auf der Bühne begrüßen. Oben zeigte er dem Publikum stolz ein kleines Schwarz-Weiß-Foto: Da zieht er 508 Pfund 25 Zentimeter vom Bühnenboden hoch. Was auch heute noch eine stramme Leistung ist, wie Andreas Starzer erklärt, der auf der Bühne die Athleten betreute. Damals sei die Technik, die es heute den Steinheben leichter macht, noch nicht so ausgefeilt gewesen. Starzer muss es wissen: Er ist viermaliger Deutscher Meister als "Strongman".

Vor 61 Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass das schwache Geschlecht den Muskelmännern Konkurrenz macht. Jetzt traten fünf Frauen an, um dem Stein zu zeigen, wo der Hammer hängt: Mona Englisch und Anja Gollnhofer aus Pfaffenhofen, Franzi Bayerl aus Scheyern, die zum vierten Mal dabei ist, Maxi Lauterbach und Uli Ertl aus Tiefenbach in der Oberpfalz. Die Frauen starteten mit 100 Kil, quasi fünf Bierkästen. Für Franzi kein Problem: Sie nimmt Platz, fixiert einen Punkt irgendwo oben im Zeltdach und zieht, zieht noch mal, zieht wieder - 80,27 Zentimeter. Da ist offenbar noch Luft nach oben: Wettkampfleiter Starzer legt 25 Kilo obendrauf, Franzi zieht - 44,12 Zentimeter. Nun ist es kein Nachteil, als Altenpflegerin mit ausreichend Irxenschmalz gesegnet zu sein, aber Franzi glaubt nicht, dass ihr der Beruf zum Erfolg verholfen hat. Sie sei auch mal in einem Fitness-Studio gewesen, verrät sie hinter der Bühne, "aber das war mir zu anstrengend." Es muss wohl in der Familie liegen: Auch ihr Bruder Simon schaffte 42 Zentimeter - allerdings mit 254 Kilo, 2. Platz im Normalgewicht.

In einer anderen Liga spielt da Uli Ertl. Die ehemalige Bodybuilderin hat sich aufs Kreuzheben verlegt. Sie steigt erst ein, als das Gewicht bei 125 Kilo liegt und schafft 87 Zentimeter. Eine Lachnummer. 150 Kilo - Uli Ertl atmet langsam aus, zieht an - 83 Zentimeter. Da ist noch Luft nach oben. Starzer legt nach, 200 Kilo. Uli braucht eine kleine Verschnaufpause, die die Tegernbacher Schloßmusikanten für eine schmissige Polka nutzen, dann zieht sie: 60 Zentimeter, 1. Platz.

Das können nur die beiden Schwergewichts-Matadore toppen, die sich am Schluss einen Mucki-Showdown liefern. Florian Winter, Fitness-Trainer auch Friedberg mit dem Kreuz eines Kleiderschranks, Bizeps von Oberschenkel-Maßen und dem Auftreten einer Dampframme zieht die 274 Kilo 73 Zentimeter hoch. Rivale Jonas Nedvidek, Student der Sozialen Arbeit, toppt ihn um ein Viertel: Er zieht an, hoch, höher, der ganze Apparat gerät ins Wanken, Starzer springt hinzu und hält Jonas am Rücken - 102 Zentimeter. Wenn er den Titel zweimal verteidigt, erklärt ihm der Zweiter Bürgermeister Gürtner, dann muss der Wanderpokal, den die Stadt in diesem Jahr erstmals vergeben hat, nicht auf Tour gehen; dann darf er ihn behalten.

 

Albert Herchenbach