Pfaffenhofen
Das Bunte Bündnis ist geschmiedet

Albert Gürtner, Karl Huber, Elke Drack und Kerstin Schnapp bilden Landratsquartett

05.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:54 Uhr
Die Architekten des Machtwechsels im Landkreis: Markus Käser (SPD, von links), Michael Franken (Bürgerliste), Landrat Albert Gürtner, Herbert Nerb (beide FW) , Reinhard Haiplik (ÖDP) und Kerstin Schnapp (Grüne) ebneten den Weg zur Bunten Koalition. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen - Der Machtwechsel im Landkreis ist beschlossen: Die 36 Kreisräte von Freien Wählern, SPD, Grünen, Bürgerliste und ÖDP bilden eine Bunte Koalition auf Kreisebene. Am Dienstag verkündeten führende Vertreter aller beteiligten Fraktionen ihre Zusammenarbeit - und benannten auch die Stellvertreter, die Landrat Albert Gürtner (FW) in den kommenden sechs Jahren zur Seite stehen. Als Zweiter Landrat fungiert Karl Huber (Bürgerliste), die zwei weiteren Stellvertreterinnen werden Elke Drack (SPD) und Kerstin Schnapp (Grüne) gewählt.

Gürtner zeigte sich hochzufrieden mit dieser personellen Weichenstellung. "Zwei aus dem Norden, zwei aus dem Süden. Zwei Frauen, zwei Männer. Das ist eine gute Parität", sagte er beim Pressegespräch im Haus der Begegnung. Was aber noch viel wichtiger sei: "Die Chemie stimmt!" Das Landratsquartett will ein offenes Verhältnis pflegen, die Aufgaben und öffentlichen Termine gerecht verteilen, sich regelmäßig alle ein bis zwei Wochen treffen, um Infos auszutauschen. Gürtner meinte dazu: "Wir stehen vor einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe." Er selbst wolle als Landrat eine vermittelnde Rolle einnehmen, ein gutes Verhältnis zu allen Bürgermeistern pflegen. "Mit mir wird es keine Weißwurstaffäre geben", versicherte er. Alle Beteiligten sollen offen ihre Meinung sagen. Genau so sei es auch bei den Koalitionsverhandlungen gewesen. "Wir haben nichts ausgespart, sondern für alle Themen ein gemeinsames Vorgehen gefunden", fügte der Landrat an. "Keiner hat sich auf die Zunge beißen müssen", schloss Gürtner - und ließ seinen Satz durch Kerstin Schnapp beenden: "Genau das ist der große Quantensprung, zu dem wir mit dieser neuen Koalition und unserem Programm ansetzen."

Ein Programm, das in langen Videokonferenzen in den vergangenen Tagen und Nächten geschmiedet wurde - und 100 Punkte umfasst. Manche sprachen von 15 Stunden, andere von bis zu 30 Stunden, die sich die führenden Köpfe der fünf Fraktionen um die Ohren schlugen, bis es gezimmert war. Es habe riesigen Spaß gemacht, versicherten Markus Käser (SPD), Michael Franken (Bürgerliste), Herbert Nerb (FW), Reinhard Haiplik (ÖDP) und Schnapp unisono. Gürtner lobte sie alle - denn aus sämtlichen Fraktionen seien gute Inputs gekommen. Das ganze Programm werde im Laufe der Woche allen 36 Kreisräten zur Unterzeichnung zugeschickt - und danach veröffentlicht. Ein kurzes Statement zu den Zielen gaben aber gleich alle Sprecher ab.

Käser machte aus seiner Freude keinen Hehl und meinte: "Wir brauchen keine CSU mehr. Wenn nicht Corona wäre, würde ich heute ein Fassl aufmachen. Es gibt jetzt eine neue Politik im Landkreis." Sein Dank galt Gürtner für die Integrationsarbeit und allen Mitstreitern für "diesen Quantensprung für unseren Landkreis". Die Projekte hätten während der Verhandlungen über den Posten gestanden. Das Bündnis bringe neue Bewegung in den Landkreis. Käser benannte die Vorhaben im sozialen Bereich - von der Fachakademie für Sozialpädagogen über ein Berufsschulkonzept bis hin zu Hilfsplänen für Sozialdienste und neue Integrationsplätze - als die ihm persönlich wichtigsten Meilensteine.

Nerb räumte ein, anfangs einer der Kritiker der Bunten Koalition gewesen zu sein. "Mich kann man nicht überreden, nur überzeugen", sagte er und versicherte, dass bei den Gesprächen "von Ideologie von keiner Seite etwas zu spüren" gewesen sei. "Wir waren nirgends weit auseinander - und haben schnell und sehr gut zueinander gefunden", betonte er und unterstrich, dass ihm das Verhandeln von Tag zu Tag mehr Freude bereitet habe. Vor allem die lokale Wirtschaft müsse sich keine Sorgen machen. "Da sind gute Ideen dabei. Wir werden alles tun, um den Firmen durch die Krise und wieder auf die Beine zu helfen." Nerbs anfängliche Kritik billigte Gürtner durchaus. "Als wir vor zwölf Jahren in Pfaffenhofen am Anfang des Bunten Bündnisses standen, war ich auch sehr skeptisch", räumte er ein. Aber es sei etwas Gutes daraus entstanden - und auch für den Landkreis werde diese Koalition etwas Gutes mit sich bringen. So müsse sich auch Josef Finkenzeller keine Sorgen machen, für seine harten Vorab-Attacken auf das neue Bündnis parteiintern "abgewatscht" zu werden. "Wir im Norden sind weit weg von Pfaffenhofen. Wir kannten das einfach nicht", verteidigte ihn auch Nerb. Aber jetzt könne und werde auch Finkenzeller diesen Koalitionsvertrag problemlos unterzeichnen.

Weshalb dies Finkenzeller so problemlos könne, erklärte mit Kerstin Schnapp ausgerechnet die grüne Vertreterin in der Runde. "Das sind 100 Punkte, in denen sich jeder wiederfindet", meinte sie - und setzte ihren persönlichen Fokus auf die regionale Wertschöpfung und die Landwirtschaft: Schaffung eines Landwirtschaftsbeirats, runder Tisch für Bauern und Naturschützer, Ausweitung der Bodenallianz. "Wir wollen die Landwirte mitnehmen statt sie auszugrenzen, sie unterstützen statt ihnen Steine in den Weg zu legen", versicherte Schnapp.

Als "bürgermeisterlastigste Fraktion" bezeichnete Michael Franken die Kreistagsvertretung der Bürgerliste. Und so rühmte er das "thematisch runde Gesamtpaket", begrüßte die Fokussierung des KUS-Personals auf die Wirtschaftsförderung und begrüßte die konsequente Kooperationskultur, die zwischen Landratsamt und Gemeinden Einzug halten soll. "Der Umgang ist verbesserungswürdig", sagte Franken. "Wenn wir als kommunale Familie auftreten, können wir den Kreis weit nach vorne bringen."

Einen besseren Umgang wünschte sich auch Reinhard Haiplik, der einen bunten Strauß von Zielen nannte, die ihm gefallen. Landwirtschaft, Klimaschutz, ÖPNV und Jugendkreistag nannte er exemplarisch. "Und wir nehmen auch alle mit, die abgehängt zu werden drohen", freut ihn die soziale Komponente. "Das Bunte Bündnis hat die Stadt vorangebracht - jetzt wird uns das auch im Landkreis gelingen."

PK

Patrick Ermert