Pfaffenhofen
Mehr soziale Gerechtigkeit am Wohnungsmarkt

Mieterbund kritisiert Mängel der Mietpreisbremse und fordert Maßnahmenpaket für bezahlbares Wohnen

02.12.2018 | Stand 25.10.2023, 10:34 Uhr
Gunther Geiler prästentierte in Pfaffenhofen Vorschläge im Kampf gegen steigende Mieten. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Nicht einmal ein Dutzend Zuhörer - eine Handvoll Mieter, keine Stadträte, keine Bauträger - hatten den Weg zum Pfaffenhofener Hofbergsaal gefunden, obwohl der stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Mieterbunds, Gunther Geiler, dort detaillierte und sofort umsetzbare Vorschläge machte, um die Wohnungsnot zu beheben.

Eingeladen hatte der Pfaffenhofener Verein Freundschaft mit Valjevo, der sich neben Völkerverständigung auch für sozialen Frieden einsetzt. Und der ist, erklärte der 1. Vorsitzende Bernd Duschner, durch die Wohnungsnot massiv bedroht.

Die Gründe dafür listete Geiler auf: Der Staat habe sich weitgehend aus dem Wohnungsbau und der Wohnraumversorgung für breite Bevölkerungsschichten zurückgezogen. Sozialhilfeempfängern werde mit subventionierten Wohnungen geholfen, den Wohnungsbau für alle anderen habe man privaten Investoren überlassen, die nur ihren Profit im Blick hätten. Die Folge: Die Durchschnittsmiete sei in Nürnberg (Pfaffenhofen sei vergleichbar) in den vergangenen zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen. Ein Viertel der Menschen gebe 40 Prozent des Haushalteinkommens fürs Wohnen aus. Verschärft wird die Krise, weil bislang günstige Wohnungen teurer werden: Wenn sie mit Zuschüssen gefördert worden sind, fallen sie irgendwann aus der Bindung. Andere werden modernisiert und die Kosten auf die Miete geschlagen, bei Neuvermietungen langen viele Hausbesitzer kräftig hin. Selbst wenn sich herausstelle, dass ein Vermieter die Miete über die rechtlich zulässige Grenze angehoben habe, müsse er beim nächsten Mieter diese Miete nicht senken. "Das ist genau so, wie wenn ich zu schnell fahre und der Polizei erkläre, auch schon gestern mit Tempo 80 in der Stadt unterwegs gewesen zu sein", erklärte der Miet-Experte.

Geilers konkreten Forderungen: Die Sozialbindung für geförderten Wohnungsbau verlängern; die Umlage von Modernisierungskosten auf die Miete senken. Die sei zwar erst von elf auf acht Prozent reduziert worden, der Mieterbund fordert aber vier Prozent und eine Kappung von 1,50 Euro pro Quadratmeter. Heißt in Zahlen: Bei einer Miete von 1000 Euro für 80 Quadratmeter und Modernisierungskosten von 10000 Euro könne der Vermieter auf zehn Jahre pro Jahr 1000 Euro jährlich auf die Miete umlegen, ergibt 83 Euro Mieterhöhung - und nicht wie früher fast die dreifache Summe, sagte Geiler.

An vielen kleinen Stellschrauben muss nach Überzeugung des Mieterbunds gedreht werden. Ganz sicher keine Lösung sei die Eigenheimförderung, die nach Ansicht Geilers tatsächlich eine individuelle Vermögensbildungsförderung sei. "Kann man machen", so Geiler, "aber nur, wenn man alles andere schon erledigt hat." Ohnehin sei es sozial fragwürdig, wenn eine Gemeinde Grundstücksflächen für die luftige Bebauung mir Eigenheimen ausweist, auf der anderen Seite aber in der Innenstadt auch noch auf der letzten Grünfläche nachverdichtet.

Der Mieterbund hat viele Ideen im Köcher, die bezahlbaren Wohnraum erhalten beziehungsweise ermöglichen sollen: Ein rechtsverbindlicher "Milieuschutz" könne verhindern, dass ein gewachsenes Viertel so luxussaniert wird, dass die bisherigen Mieter wegziehen müssen. Wohnungen als Ferienwohnungen auszuweisen, für die der Vermieter ein Vielfaches der Monatsmiete bekommt, sollte verboten und von den Kommunen kontrolliert werden. Gemeinden sollten nicht mehr verpflichtet sein, ihren Grund zum Höchstgebot abgeben zu müssen. Und wenn neu gebaut wird, könne das auch preiswerter gelingen, wenn auf Tiefgaragen verzichtet werde - ein Platz koste bis zu 40000 Euro, so Geiler. Das setze natürlich voraus, dass der öffentliche Nahverkehr funktioniert. Vor allem aber: In den örtlichen Mietspiegeln müssten ausnahmslos alle Wohnungen der Gemeinde erfasst werden. Das würde das Mieten-Niveau schlagartig senken.

Albert Herchenbach