Pfaffenhofen
Wilde Partys und Zerstörungswut

Spielplatz am Gerolsbach hat sich zum Party-Treff entwickelt - Bürger beklagen Saustall und Vandalismus

13.07.2018 | Stand 25.10.2023, 10:30 Uhr
Sind wieder Seile am Klettergerüst durchtrennt? Peter Linseisen, Spielplatzkontrolleur der Stadtwerke, und seine Kollegen müssen am Abenteuerspielplatz bei Niederscheyern fast nach jedem Wochenende Spielgeräte reparieren und bergeweise Müll wegräumen. −Foto: Kraus

Niederscheyern (PK) Zerstörte Sitzbänke, vermüllte Wiesen, leere Wodka- und Bierflaschen, verstreute Glasscherben - Spaziergänger klagen über zunehmenden Vandalismus rund um den schwer einsehbaren Abenteuerspielplatz am Gerolsbach. Auch schon Einwegspritzen von Drogenabhängigen seien gefunden worden.

Peter Schneider, 63, und seine Frau Wilma gehen mit ihrem Hund schon seit Jahren zweimal am Tag am Gerolsbach spazieren. Immer wieder stellen sie fest, dass Randalierer zugeschlagen haben. "Zweimal schon", sagt Schneider, "ist die bunte Mosaikkugel jenseits der kleinen Brücke mitsamt dem Betonfundament in den Gerolsbach geworfen worden." Beide Male zementierten Arbeiter der Stadtwerke dieses Projekt der Niederscheyerer Grundschule neu ein, mit immer größerem Fundament. Manche Jugendlichen sehen das offenbar als Herausforderung. Aus neu aufgestellten Bänken brachen sie eines der Sitzbretter heraus und hebelten damit die Kugel aus der Erde, um sie samt Fundament ins Wasser zu werfen. Schneider ärgerte sich maßlos, immerhin war er es, der bei der Stadt angeregt hatte, dort zusätzliche Bänke aufzustellen.

Besonders aber bringen ihn die Überreste wilder Partys am Abenteuerspielplatz auf. Flaschen würden zerschlagen, Scherben landen im Gerolsbach. Schneider sammelt den Unrat immer wieder ein, auch deshalb, weil seine Hündin sich verletzen könnte. Einmal habe er einen ganzen Supermarkt-Einkaufswagen, den Jugendliche dort abgestellt hatten, voll mit Müll und leeren Flaschen gepackt.

Als er aber vor vier Wochen sonntagsfrüh rund um den Grillplatz einen "Saustall" entdeckte und über 50 kleine Schnapsflaschen eingesammelt sowie abgebrochene Äste zur Seite geräumt hatte, war für ihn Schluss mit lustig: Auf einer Internet-Forumsseite der Stadt beschrieb er seine Beobachtungen: "Schnüffelflaschen mit Kleber und Benzin, sogar mit Atemmaske! Den ganzen anderen Saustall will ich gar nicht beschreiben - da wird mir beim Schreiben schon schlecht. Um 22.30 Uhr war eine Bekannte noch mit dem Hund unterwegs - da war alles noch gut. Wo soll das noch hinführen?" Und weil Schneider nichts Böses ahnte, setzte er unter den Beitrag seinen vollen Namen mit dem Zusatz: "Im Namen vieler, die sich nicht trauen zu schreiben." Jetzt traut sich auch Schneider nicht mehr, der eigentlich anders heißt, aber seinen Namen aus Angst nicht in der Zeitung lesen möchte. Vier Drohanrufe habe er bekommen. "Halt die Klappe, was am Gerolsbach abgeht, ist unsere Sache." Und ein anderer: "Wir kennen euch, legt euch nicht mit uns an."

Der 63-Jährige ist nicht der einzige, der sich über die Zustände am Gerolsbach beklagt. Sigrid Eichert, Hundebesitzerin wie Schneider, stellt fest: "Die Zerstörungswut nimmt überhand." Am Gerolsbach kurz vor der Unterführung der Schrobenhausener Straße habe eine ältere Dame mit ihrem Enkel nach Rücksprache mit dem Grundstückseigentümer für die Allgemeinheit ein Gärtchen mit einem Ruheplatz angelegt. Inmitten von Tomatensträuchern, Dahlien, blühenden Margeriten und Ringelblumen hatte sie drei Plastikstühle und einen Tisch aufgestellt. Die Plastikstühle seien auf der Feuerstelle am Grillplatz verbrannt worden, die abgebrochenen Tischbeine fanden Spaziergänger im Gerolsbach wieder, die Tischplatte lehnt inzwischen einsam an einem Laternenmast. Was Sigrid Eichert am meisten ärgert: "Immer wird auf den Hundebesitzern rumgehackt. Aber die Mehrheit, bestimmt 90 Prozent, verhält sich vorbildlich." Viele würden nicht nur wie sie den Müll, sondern auf den Wegen auch die Hinterlassenschaften von anderen Hunden aufsammeln. "Aber über die steht nichts in der Zeitung!"

Stefan Maier, der bei den Pfaffenhofener Stadtwerken den "Stadtservice" leitet, bestätigt, dass der Niederscheyerer Abenteuerspielplatz ein Brennpunkt ist: "Der Ort dort hat sich zu einem Partyspielplatz entwickelt." Montags nach einem Schönwetter-Wochenende räumen seine Leute dort erst einmal auf und reparieren, was zerstört worden ist. Seile an Klettergerüsten werden zum Beispiel regelmäßig durchgeschnitten oder angebrannt. Neulich wurden sogar Bretter des Spielturms für ein Lagerfeuer herausgebrochen. Vom Entsorgen von Müll und leeren Schnapsflaschen ganz zu schweigen. Ob der Vandalismus zugenommen hat? Gefühlt ja, sagt Maier, aber faktisch will er das nicht bestätigen. Auch Ulrich Pöpsel, stellvertretender Dienststellenleiter der Pfaffenhofener Polizei, sagt: "Das lässt sich nicht recherchieren." Im März sei dort ein Bauwagen, ein Treffpunkt für Jugendliche, aufgebrochen und Stühle verbrannt worden. Aber sonst? Die Polizei kennt die Probleme rund um den Spielplatz, ist aber darauf angewiesen, dass Anwohner und Spaziergänger ihre Beobachtungen umgehend melden. Dass Jugendliche in dem Spielhäuschen kiffen, ist bekannt, ein vermeintlicher Drogenhandel dort ist beim Amtsgericht aktenkundig. Aber der Pfaffenhofener Spielplatz ist nicht der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg, wo der rot-rot-grüne Senat jetzt den Besitz von Haschisch bis 15 Gramm für den Eigenbedarf erlaubt hat. Auch deshalb, weil dort die Polizei die Drogenkriminalität nicht in den Griff bekommt.

Davon ist man in Pfaffenhofen weit entfernt. Julia Spitzenberger, SPD-Stadträtin und Jugendreferentin, hat von den Problemen mit Jugendlichen am Gerolsbach noch nichts gehört. Sie verweist auf die vorbildliche Jugendarbeit der Stadt, die sich drei Stadtjugendpfleger und drei städtische Einrichtungen für Jugendliche leistet, Atlantis, Backstage und Utopia. "Die Jugendpfleger bemühen sich sehr", weiß sie, "und sie gehen auch auf Jugendliche zu."

Das bestätigt Matthias Stadler. Er ist einer der drei Stadtjugendpfleger. Nicht nur in diesen Einrichtungen würden die jungen Leute angesprochen. Jugendarbeit sei Beziehungsarbeit, und die versucht der Sozialpädagoge mit Angeboten für diese Klientel aufzubauen: im Rufbus, bei Fußball-Turnieren, bei der Aktion "Fotogehgrafie" oder auch in der Skatehalle am Ambergerweg. "Wenn ich mich mit Kollegen aus anderen Gemeinden treffe und erzähle, was Pfaffenhofen für Jugendliche anbietet, dann machen die große Augen."

Aber offensichtlich haben manche Jugendliche große Lust darauf, sich einfach mal unkontrolliert auszutoben. Der Abenteuerspielpatz am Gerolsbach scheint ihnen dafür ein idealer Platz zu sein.

 

Albert Herchenbach