Pfaffenhofen
Gescheitertes Projekt als Vorbild

Die Stadt orientiert sich an einem Kreisel, den es gar nicht mehr gibt

09.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:35 Uhr
So sah der Kreisverkehr in Winterbach mit den Temposchwellen aus. −Foto: Bauamt Winterbach

Pfaffenhofen (PK) Der Kreisel an der Kreuzung Hohenwarter Straße/Schirmbeckstrecke in Pfaffenhofen sorgt weiter für Streit. Die Stadt beruft sich auf einen Kreisel in einer anderen Gemeinde - ohne zu wissen, dass der Versuch dort krachend gescheitert ist. Die CSU fordert den sofortigen Rückbau.

Bauamtsleiter Rainer Blessing wirkt verdutzt, als er am Telefon von der Anfrage hört. Einen Kreisverkehr mit Temposchwellen in seiner Gemeinde Winterbach? Den gebe es schon nicht mehr, sagt er nach kurzem Nachdenken. Hat nicht funktioniert.

Dabei hat die Stadt Pfaffenhofen genau auf diesen Kreisverkehr in dem baden-württembergischen Ort explizit hingewiesen, als es um die Nachbesserungen beim Kreisel an der Kreuzung Hohenwarter Straße und Schirmbeckstrecke ging. Ähnliche Temposchwellen wie in Winterbach wolle man auch in der Mitte des Pfaffenhofener Minikreisels einbauen, teilte die Stadt vor zwei Wochen mit. Die acht Fahrbahnschwellen sollten in der Mitte des Kreisverkehrs eingebaut werden. "So können Lkw und Busse, für die der Durchmesser des Kreisels zu klein ist, die Mittelinsel auch weiterhin befahren - allerdings nur noch in Schrittgeschwindigkeit. Und die Autofahrer werden dann wohl die Mittelinsel umfahren - und dabei ebenfalls ihr Tempo drosseln", hieß es. So solle künftig verhindert werden, dass Autofahrer - wie seit der Fertigstellung Ende vergangenen Jahres vielfach geschehen - einfach geradeaus über den flachen Kreisverkehr fahren.

Bei der Gemeinde Winterbach nachgefragt hat aber offenbar niemand. Denn der dortige Bauamtschef Rainer Blessing hätte vermutlich vom Einbau der Temposchwellen abgeraten. "Das war ein Testversuch", sagt er. Wenige Monate nach dem Einbau seien die Barrieren wieder entfernt worden, weil die ersten Schwellen wegen des Lkw-Verkehrs ausgebrochen seien. Aus Angst vor Schadenersatzforderungen, falls ein Fahrzeug durch die Schwellen beschädigt wird, wurden diese wieder abgebaut. Eingebaut hatte die Gemeinde Winterbach die Barrieren aus dem gleichen Grund, aus dem auch Pfaffenhofen sie nun einsetzen will: Autos sind immer wieder widerrechtlich geradeaus gefahren. Dadurch seien vor allem Radfahrer, die im Kreisverkehr überholt wurden, massiv gefährdet worden, sagt Blessing.

Der Pfaffenhofener Stadtbaumeister Gerald Baumann zeigt sich von der Nachricht, dass das Winterbacher Projekt gescheitert ist, überrascht. Das sei ein guter Hinweis, sagt er. Er werde den eigenen Bauhofmitarbeitern mit auf den Weg geben, die Schwellen besser festzudübeln als die Kollegen in Baden-Württemberg. Die bestellten Barrieren sind inzwischen in Pfaffenhofen eingetroffen, voraussichtlich in der kommenden Woche werden sie wohl montiert.

Ob mit oder ohne Schwellen: Die CSU fordert den sofortigen Rückbau des Kreisverkehrs. "Da muss man wirklich von Unsinn sprechen. Das ist nicht durchdacht", kritisiert Fraktionssprecher Martin Rohrmann. Eine Verkehrsverlangsamung sei an dieser Stelle gar nicht nötig, weil es ohnehin schon sehr eng sei. Daher habe er sich von Beginn an gegen den Kreisverkehr an dieser Stelle eingesetzt, für den "horrende Summen" ausgegeben worden seien.

120 000 Euro kostete der Umbau insgesamt. 40 000 Euro wurden laut Bürgermeister Thomas Herker für die Materialkosten des Kreisels fällig, der Großteil des Geldes floss aber in die Fußwege und die Beleuchtung. Geld, das für Baumann nach wie vor gut angelegt ist. „Der Kreisel ist gewöhnungsbedürftig. Das gebe ich zu“, sagt er. Aber es sei Konsens im Stadtrat gewesen, dass die Stadtmitte entlastet und der Verkehr auf die Umgehungsstraße verlagert werden solle. Der Kreisel sei nun die erste konkrete Maßnahme, um die Zufahrt in Richtung Zentrum zu verlangsamen, und schon sprächen die ersten von „Gängelung der Autofahrer“. Das Ziel der Stadt sei aber noch immer, die Entlastung des Hauptplatzes. Einen Rückbau schließt Baumann daher definitiv aus.

Statt der Schwellen setzt Winterbach bei dem Kreisel in seiner Ortsdurchfahrt, den täglich etwa 10.000 Fahrzeuge passieren, inzwischen übrigens auf die derzeitige Pfaffenhofener Lösung: Die Kreiselmitte wurde rot angestrichen. Neue Barrieren seien derzeit nicht geplant, sagt der dortige Bauamtsleiter Blessing. Wegen ein paar Autofahrern, die diese optische Warnung ignorierten, könne man nicht alles umbauen.
 

Daniel Wenisch