Pfaffenhofen
Jede Minute zählt

Chefarzt der Neurologie an der Ilmtalklinik in Pfaffenhofen klärt über Schlaganfälle auf

26.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:22 Uhr
Für eine gezieltere Behandlung: Seit 2015 ist Peter Grein Chefarzt der Neurologie an der Ilmtalklinik und baut seitdem die Schlaganfalleinheit am Krankenhaus weiter aus. −Foto: Ilmtalklinik

Pfaffenhofen (PK) Am Montag ist Welt-Schlaganfalltag. Eine Krankheit, die vor niemandem Halt macht. Besonders ältere Menschen sind betroffen, doch auch Jüngere und Kinder können einen Schlaganfall bekommen. Peter Grein ist Chefarzt der Neurologie und klinischen Geriatrie an der Ilmtalklinik und hat unserer Zeitung in einem Interview erklärt, was bei einem Schlaganfall im Gehirn passiert, welche Folgen er für die Betroffenen hat und wie man sich davor schützen kann.

Was passiert bei einem Schlaganfall?

Peter Grein: Bei einem Schlaganfall kommt es zu plötzlichen Ausfällen von Funktionen im Gehirn. Zum einen kann die Ursache darin liegen, dass die Durchblutung gestört ist. Das ist bei etwa 80 Prozent der Fälle so. Oder aber es kommt zu zu einer Hirnblutung. Dabei entsteht so etwas wie ein Bluterguss im Gehirn, etwa weil Blutgefäße reißen. Bei den Durchblutungsstörungen liegt es daran, dass Blutgefäße verstopfen.

Wie erkennt man, dass man einen Schlaganfall hat, also welche Symptome treten auf?

Grein: Halbseitige Sehstörungen, halbseitige Gefühlsstörungen und Lähmungen, die plötzlich auftreten, sind typische Symptome. Manche Patienten können nicht mehr richtig sprechen oder reden Unzusammenhängendes. Andere verstehen die Sprache auf einmal gar nicht mehr. Plötzliche Bewusstlosigkeit und Schwindel können ebenfalls auftreten. Wenn sich Symptome bemerkbar machen, sofort den Notarzt anrufen.

Was sollte man tun, wenn man glaubt, dass man gerade einen Schlaganfall hat?

Grein: Da jede Minute zählt, ist es wichtig, dass die Patienten sofort den Notarzt rufen. Lieber einmal zu viel, als zu wenig. Das ist wirklich wichtig und man kann es nicht oft genug betonen.

Was sind die Ursachen für einen Schlaganfall?

Grein: Die häufigsten Ursachen liegen bei den Risikofaktoren. Also Krankheiten oder äußere Einflüsse, die die Gefahr, einen Schlaganfall zu bekommen, erhöhen. Viele davon sind auch behandelbar, andere nicht. Gut zu behandeln ist hoher Blutdruck und Vorhofflimmern. Dabei schlägt das Herz unregelmäßig und das Blut zirkuliert nicht so gut. Kleine Gerinnsel können sich bilden, ins Gehirn gespült werden und so einen Schlaganfall verursachen. Besonders das Rauchen erhöht das Schlaganfallrisiko, aber auch Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und mangelnde Bewegung sowie anhaltender Stress. Bestimmte Dinge kann man nicht behandeln, wie das Alter. Schlaganfälle nehmen mit dem Alter zu. Das heißt nicht, dass Kinder und junge Menschen keine Schlaganfall bekommen können.

Wann sind auch junge Menschen betroffen?

Grein: Klassischer Weise ist der Schlaganfall eine Krankheit, die mit zunehmendem Alter auch häufiger auftritt. Als junger Mensch sollte man grundsätzlich das Leben genießen - aber Vorsorgemaßnahmen ergreifen, wenn beispielsweise andere Familienmitglieder sehr jung einen Schlaganfall hatten.

Wie kann man vorbeugen?

Grein: Vor allem, indem man die Risikofaktoren behandelt. Beispielsweise mit Medikamenten und indem man man regelmäßig zum Arzt geht. Gerade beim Bluthochdruck, dem Vorhofflimmern und bei Fettstoffwechselstörungen und Diabetes kann man das Risiko mit regelmäßigen Checks und den richtigen Medikamenten klein halten. Aber auch mit einer allgemein gesunden Lebensweise kann man sich schützen. Wer sich viel bewegt und ausgewogen ernährt, beugt vor. Die sogenannte Mediterrane Diät - wenig Fleisch, viel Fisch, Obst und Gemüse - empfiehlt sich dabei. Auch wenn es in unserer heutigen Zeit nicht immer einfach ist, sollte man versuchen, Stress zu vermeiden. Und natürlich aufs Rauchen verzichten.

Wann kann ein Schlaganfall unter Umständen tödlich enden?

Grein: Das kann passieren, wenn sich Blutgefäße verschließen, die für lebenswichtige Funktionen zuständig sind: zum Beispiel die Atmung, den Kreislauf oder das Bewusstsein. Häufig enden schwere Schlaganfälle dann tödlich, wenn man nicht rechtzeitig handelt. Außerdem können sie auch im Verlauf anschwellen, sodass der Druck im Kopf sehr stark wird. Dann muss man operieren und die Schädeldecke öffnen, um den Druck auszugleichen. Auch wenn ein Blutgefäß platzt und eine Blutung im Gehirn entsteht, kann das unter Umständen tödlich enden. Man muss schnell reagieren. Es ist immer ein Wettlauf gegen die Zeit. Allerdings sterben die meisten Patienten an den Folgen eines Schlaganfalls. Zum Beispiel können sie danach nicht mehr schlucken, oder es treten Embolien und Lungenentzündungen auf.

Es gibt ja vorbeugende Behandlungsmöglichkeiten wie Stents. Was bewirken sie und welche Risiken gehen damit einher?

Grein: Sind Blutgefäße hochgradig verengt, kann man vorbeugend einen Stent einsetzen lassen oder operieren. Besonders Patienten, die schon Vorboten eines Schlaganfalls hatten - also Symptome die aufgetreten und dann wieder weggegangen sind - profitieren sehr von einem solchen Eingriff. Dabei wird in die Engstelle ein Maschendrahtgeflecht eingeschoben und aufgedehnt, damit das Blut wieder fließen kann. Bei der Operation wird das Gefäß von außen geöffnet, gesäubert und wieder verschlossen. Das Risiko während dieser Eingriffe und unmittelbar danach einen Schlaganfall zu erleiden, ist jedoch zeitweise erhöht.

Körperliche Einschränkungen und Depressionen treten häufig bei Schlaganfallpatienten auf. Was raten Sie den Betroffenen und auch ihren Angehörigen?

Grein: Depressionen nach einem Schlaganfall muss man sehr ernst nehmen und konsequent behandeln, sowohl mit Antidepressiva als auch psychotherapeutisch. Das Thema wird häufig bagatellisiert. Viele Menschen denken, es sei normal, dass man nach einem Schlaganfall mit seinem Leben und eventuell auch mit der Behinderung hadert. Es ist daher wichtig, die Patienten nach den Depressionen zu fragen, sie zu ermutigen, eine Therapie zu machen. Denn nur dann kann auch am Umgang mit der Behinderung gearbeitet werden.

Wo erhält man als Betroffener Hilfe?

Grein: Es gibt die Zamor-Selbsthilfegruppe Schlaganfall. Außerdem kann man sich an die Deutsche Schlaganfall Hilfe wenden. Außerdem wird es in Zukunft in Pfaffenhofen eine Malgruppe für Schlaganfallpatienten geben.

Die Fragen stellte Tina Blum.