Pfaffenhofen
Ehepaar wegen Tierquälerei vor Gericht

Mist bis unter die Stalldecke: Kaninchenzüchter müssen 600 Euro zahlen

30.04.2019 | Stand 25.10.2023, 10:32 Uhr
Schimmel, Mist, Kot: In diesem total verdreckten Raum hielten die Angeklagten ihre Kaninchen. −Foto: Braunmüller

Pfaffenhofen (PK) "Schimmeliges Heu, Kot und kein Licht": Unter dieser Überschrift hatten wir im vergangenen August über einen Kaninchenzüchter berichtet, den Veterinärmediziner des Landratsamts wegen Tierquälerei angezeigt hatten.

Jetzt musste sich der Züchter mit seiner Frau vor dem Amtsgericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ehepaar vor, 22 Kaninchen nicht artgerecht gehalten zu haben. Den Tieren seien wiederholt "anhaltende Schmerzen" zugefügt worden. Nachbarn hatten damals auf die Zustände aufmerksam gemacht und das Veterinäramt in Marsch gesetzt, das im August mit Polizeibeamten morgens um acht bei den Tierhaltern klingelte.

Keine unbekannte Adresse: Zwei Jahre zuvor hatte das Landratsamt die Züchter schon einmal gerüffelt, die Ställe seien zu klein, sie entsprechen nicht mehr den aktuellen Vorschriften. Als sich die Prüfer jetzt die Garage aufsperren ließen, in der die Tiere gehalten wurden, stockte ihnen der Atem, auch wegen des penetranten Ammoniak-Gestanks. In dem finsteren Raum vegetierten die Kaninchen in zu kleinen Ställen, der Mist stapelte sich so hoch, dass die Tiere mit dem Rücken an die Stalldecke stießen. "Nein, mit den Ohren", rechtfertigte sich der Angeklagte Willi B. , 74, (Name geändert), der großen Wert auf Korrektheit legt. Auf jeden Fall aber zu wenig Platz, um sich aufrichten zu können, erklärte als Zeugin die Tierärztin des Landratsamts. Drei Hoppelschritte müssten, so die Vorschrift, einem Kaninchen im Stall ermöglicht werden.

Amtsgerichtsdirektor Konrad Kliegl legt den beiden Angeklagten Fotos vor. Da hockt ein Kaninchen auf einem so hohen Haufen von Mist, darüber Streu und Heu, dass es nicht mal aus der Käfigtür schauen kann. 30 Zentimeter Platz nach oben sei da noch, sagt der Angeklagte. Staatsanwältin Carola Sciurba schaut genauer hin und entdeckt im Hintergrund ein weiteres Kaninchen. "Möchten Sie so gehalten werden", wendet sie sich an Willi B. Richter Kliegl macht aus seiner zurückliegenden Kaninchenhalter-Erfahrung keinen Hehl. "Die Ställe sollten regelmäßig ausgemistet werden. "

"Die Tiere hatten immer genügend Heu und frisches Wasser", beteuert Edith B. , 68, was nicht unbedingt eine Antwort auf Kliegls Vorhalt ist, der wiederholt: "Aber auch das Misten gehört dazu. " "Die Ställe wurden ja regelmäßig ausgemistet", erklärt die Angeklagte. In welchen Abständen, ließ sie offen. In jenem Sommer ganz offensichtlich zu selten. Ihr Mann sei lebensbedrohlich erkrankt, eine schwere Bauchoperation, drei Monate war er im Krankenhaus. Jeden Tag habe sie ihn in Regensburg in der Klinik besucht, "140 Kilometer hin und zurück, er schwebte in Lebensgefahr". "Dann müssen Sie sich eben Hilfe holen", wirft der Richter ein. "Das war ja nicht geplant", erwidert Edith B. , "dass ein Kaninchen 14 Junge bekommt. " Und insofern stimme der Vorwurf nicht, ergänzt ihr Mann, dass 22 Kaninchen zu wenig Platz gehabt hätten. "Vielleicht fünf, sechs oder acht. "

Den Vorwurf der Tierquälerei will Willi B. nicht auf sich sitzen lassen. Bei Landesschauen der Kaninchenzüchter habe er in den letzten Jahren regelmäßig in der Kategorie "Pflege" die volle Punktzahl bekommen. Seine Frau räumt ein, dass ihr wegen der Krankheit ihres Mannes alles über den Kopf gewachsen sei. Erst zwei Wochen vor der Kontrolle sei er aus dem Krankenhaus entlassen worden. "Aber dann hatten Sie ja 14 Tage Zeit", wendet sich die Staatsanwältin an den Angeklagten, "die Zustände zu beheben. " Edith B. : "Mein Mann war doch viel zu schwach, der ging am Rollator, ich musste ihn rund um die Uhr pflegen. " "Gegenüber den Tieren haben Sie eine Sorgfaltspflicht", mahnt die Staatsanwältin. "Dann hätten Sie sich Hilfe holen müssen. " Den Eheleuten, denen inzwischen die Haltung der Kaninchen verboten wurde, ist da offensichtlich niemand eingefallen. Nachbarn hätten, statt zu denunzieren, Unterstützung anbieten können. Für Willi B. keine Option. "Was braucht man noch Feinde", sagt er am Rande der Verhandlung, "wenn man solche Nachbarn hat. "

Richter Kliegl hat ein Einsehen. Er wolle die Kirche im Dorf lassen. Gegen eine Zahlung von 300 Euro für jeden stellt er das Verfahren ein. "Das ist ein Entgegenkommen. " Die beiden Angeklagten bitten um Ratenzahlung, weil auch noch Krankenkosten von 5000 Euro abbezahlt werden müssten. "Wenn man alt und schwach wird", gibt ihnen Kliegl mit auf den Weg, "muss man einsehen, dass manches nicht mehr geht und sich von den Tieren trennen. So geht's doch jedem von uns. " "Ja schon", entgegnet Willi B. , "aber das fällt sehr schwer, wenn man von jung an mit Tieren aufgewachsen ist. "
 

Albert Herchenbach