Pfaffenhofen
Darf's a bissl mehr sein?

Mittlerweile kämpfen viele Kulturveranstalter um Publikum - so wird es immer schwieriger, genug Zuschauer zu finden.

11.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:37 Uhr
Open-Airs sind beliebt: Pfaffenhofens Kulturmanager Sebastian Daschner setzt bei den Veranstaltungen auf zugkräftige Künstler. Dass es in den vergangenen Jahren mehr Konzerte oder Kabarettveranstaltungen gegegeben haben soll als zuvor, streitet er aber ab. −Foto: Stadt Pfaffenhofen

Pfaffenhofen (PK) Auf den Auftritt des Pantomime-Duos Mimikry im November hatte sich Michael Herrmann besonders gefreut - und dann? Absage. Im Vorverkauf waren einfach zu wenige Karten weggegangen, vor einem derart kleinen Publikum wollten die Künstler nicht auftreten. Nicht das erste Mal, dass so etwas auf einer Bühne in der Gegend passiert. "Durch die Flut an Veranstaltungen kommen zu Konzerten in Pfaffenhofen immer weniger Leute", sagt Musikbühnen-Chef Herrmann.

Nicht einmal überregional bekannte Künstler wie Matthias Matuschik, Mathias Kellner und Michael Altinger, die häufig auf größeren Bühnen spielen, machen die Bude noch voll. Auch nicht Michael Dietmayr, der beim Hettenshausener Ilmbrettl vor 20 Zuschauern spielte. Herrmann will jetzt Konsequenzen ziehen: Er will weniger Veranstaltungen organisieren.

Dabei geht es ihm nicht ums Geld, betont er. Das Intakt-Musikinstitut ist eine gemeinnützige GmbH, das heißt, die Gewinne müssen für den gemeinnützigen Zweck verwendet werden und dürfen grundsätzlich nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. "Aber es ist sehr unbefriedigend. Und mir tut es für die Künstler leid."

Musik- und Kabarettfans in und um Pfaffenhofen haben mittlerweile die Qual der Wahl. Am Hauptplatz ein städtisches Open-Air, im Intakt-Musikinstitut Konzerte mit Anspruch, hier und dort der Auftritt eines Kabarettisten und dann auch noch Live-Musik in verschiedenen Kneipen. "So, wie die Veranstaltungen jetzt laufen, ist es nicht gut", sagt Herrmann. Er führt vor allem zwei Kritikpunkte ins Feld. "Es gibt zu viele gleichartige Veranstaltungen", sagt er. "Der gravierendere Punkt ist aber: Es gibt zu viele Kostenloskonzerte." Vor allem in Kneipen und Bars.

Diese Kostenlosmentalität regt den Musikschulchef auf: "Erstens kommen zu den Konzerten mit Eintritt weniger Zuhörer", sagt er. Zweitens geht es ihm um die fehlende Wertschätzung. "Für die Künstler, die davon leben oder auf einem hohen Niveau spielen, ist eine finanzielle Anerkennung wichtig." Er bringt die Idee einer Schutzgebühr ins Spiel. "Keiner sollte Veranstaltungen für einen Eintritt unter fünf Euro anbieten. Um die Wertschätzung zu zeigen." Ausgenommen sollten lediglich Schülerkonzerte, Benefizveranstaltungen oder Ähnliches sein.

Elias von Zwol, der Pächter des Pilspubs 14/1 in der Raiffeisenstraße, sieht kein Problem in seinen Kostenloskonzerten. "Unter den Leuten geht ein Hut rum, mit dem Geld sind die Bands sehr zufrieden", sagt er. 200 bis 500 Euro kämen normalerweise zusammen. "Sobald du Eintritt verlangst, kommt keiner mehr." Mehr als 100 Leute besuchen die Konzerte laut van Zwol im Schnitt. Was die Musikrichtung angeht, sind die Veranstalter flexibel. Von Blues bis Hardrock ist alles dabei, meist spielen Coverbands.

Der zweite Grund für die ausbleibenden Zuschauer ist für Herrmann die Flut an Konkurrenzveranstaltungen. "Als wir 2010 angefangen haben, waren wir in der näheren Umgebung so ziemlich die Einzigen - sowohl im Musik- als auch im Kabarettbereich. Früher war oft ganz schnell ausverkauft", sagt er. Neben Kabarettbühnen wie dem Ilmbrettl in Hettenshausen blickt Herrmann vor allem auf die Stadt Pfaffenhofen. Gerade im Bereich Kabarett habe die Stadt keinen Kulturauftrag. Und was die Musik angeht, solle sich die Kommune lieber um die Nischen kümmern. "Alles andere ist durch kommerzielle Anbieter abgedeckt. Ich verstehe deshalb die inhaltliche Ausrichtung nicht. Sie sollten sich deutlicher von den bestehenden Anbietern unterscheiden." Eben Ungewöhnliches abseits vom Mainstream anbieten. Dabei will Herrmann seine Aussagen nicht als Kritik am städtischen Kulturmanager Sebastian Daschner verstanden wissen. "Ich finde seine Arbeit gut. Und ich finde es gut, dass die Stadt Geld für Kulturveranstaltungen ausgibt. Nur für was sie es einsetzt, verstehe ich nicht", sagt Herrmann.

Daschner kann Herrmanns Aussagen nicht ganz nachvollziehen. "Es ist nicht so, dass wir in den vergangenen fünf Jahren viel mehr gemacht haben als davor. Die Veranstaltungstätigkeit hat sich nicht maßgeblich verändert", sagt er. "Eine direkte Konkurrenz zu Intakt gibt es nicht." Auftritte von Kabarettisten seien eher die Ausnahme, im vergangenen Jahr traten im Winterprogramm Ciao Weiß-Blau und Constanze Lindner auf. "Wir versuchen schon, mit unserem Programm Nischen zu füllen", sagt Daschner. Als Beispiel nennt er den Auftritt der Klezmerband Yxalag auf der Winterbühne. "Unser Ziel ist es, kommerziellen Veranstaltern keine Konkurrenz zu machen. Wenn etwas keinen Erfolg hat, liegt es nicht daran, dass sich die Leute nicht entscheiden können, sondern, dass sie das eine lieber mögen als das andere." Egal wo es stattfindet.

Was Daschner aber schon einräumt: Dass die Veranstaltungen im Sommer, die Open-Airs im Bürgerpark und am Hauptplatz, größer geworden sind und mehr Aufmerksamkeit erregen. "Ich glaube aber nicht, dass die Veranstaltungen der Stadt Pfaffenhofen anderen Veranstaltern Publikum wegnehmen. Und ich glaube nicht, dass es insgesamt zu viel ist - auch wenn man sich Städte vergleichbarer Größe anschaut."

Das sieht Sabine Beck vom Ilmbrettl in Hettenshausen ähnlich. "Das Einzugsgebiet ist so groß. Man kann schon hoffen, dass es möglich ist, für alle Veranstaltung eine gewisse Zahl von Leuten zu akquirieren", sagt sie. "Wir haben gesehen, dass je nach Veranstaltung andere Leute im Publikum waren. Wir hatten relativ wenig Wiederholungstäter." Natürlich mussten auch beim Ilmbrettl schon Veranstaltungen abgesagt werden. Es komme schon mal vor, dass etwas nicht so zieht. Und noch etwas ist Beck aufgefallen. "Es wird schwerer, im Vorverkauf Karten zu verkaufen. Die Leute wollen sich ihre Optionen offen halten." Und das bringt die Veranstalter in Bedrängnis. "Eine Veranstaltung macht ja nur Sinn, wenn man absehen kann, dass nicht alle draufzahlen", sagt Beck. Gehen im Vorverkauf also zu wenige Karten weg, können sowohl Veranstalter als auch Künstler nicht gut planen - und müssen die Auftritte absagen, wenn der Vorverkauf schlecht läuft. Insgesamt will Beck aber nicht klagen. "Wir sind mit dem Zuspruch recht zufrieden. Unser Ding ist es, dass die Kultur auf dem Land hochgehalten wird."

Severin Straßer