Rohrbach
"Weil sie Blut brauchen"

Trotz Corona: 144 Spender leisten in Rohrbach wichtige Hilfe

20.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:18 Uhr
Ausreichend Abstand ist wichtig: Mindestens eineinhalb Meter sollten alle Spender zueinander einhalten. Das medizinische Personal musste ihnen allerdings zwangsläufig etwas näher kommen. Dafür wurden die Liegen häufig desinfiziert und ständig gelüftet. −Foto: A. Ermert

Rohrbach - Was bringt es, wenn sich keiner ansteckt, aber einem Schwerverletzten das Leben nicht mehr gerettet werden kann?

 

Diese Frage beantworten am Donnerstag 144 Frauen und Männer aus Rohrbach und der Umgebung mit "gar nichts bringt das". Sie kommen trotz Coronakrise zum Blutspenden in die Landrat-von-Koch-Schule, um ihr Blut zu spenden und wichtige Hilfe zu leisten.

Wer Blutspender kennt, der weiß, dass sich da hilfsbereite und geduldige Menschen mit Sinn für die Gemeinschaft in die Schlange stellen. Diese Tugenden werden angesichts des Kampfs gegen das Virus jetzt einer harten Prüfung unterzogen. "Maximal acht Leute auf einmal dürfen in den Anmeldebereich", erklärt mit Luise Weichselbaumer eine der Helferinnen von der Rohrbacher Tennisabteilung den Wartenden ihre missliche Lage. Dann streckt sie den Spendern ein Thermometer entgegen - und bittet zum Fiebermessen. "36,5 Grad, alles bestens", sagt Weichselbaumer und wandert zum nächsten. Wer zu hohe Temperatur hat, wird nach Hause geschickt. Minute für Minute wird die Schlange länger. Gegen 19 Uhr stehen die Frauen und Männer bis hoch zur Straße. Die Sonne ist da längst verschwunden. Aus anfangs gut 15 Grad sind höchstens noch fünf Grad geworden. Die dünnen Jacken reichen nicht mehr. "Ich hab nicht gemeint, dass ich hier über eine Stunde stehe", meint ein Spender in kurzer Hose. Aber trotzdem: Niemand verabschiedet sich aus der Schlange, alle harren aus. Als eine der Wartenden angerufen und von ihrem Partner gefragt wird, ob sie nicht lieber nach Hause kommen will, zeigt sich die Hartnäckigkeit eines Blutspenders. "Ja nie", antwortet sie verständnislos. Und warum? "Weil sie Blut brauchen. " Punkt. Aus. Ende. Die Spende ist wichtiger. Alles andere muss jetzt mal für zwei, drei Stunden zurückstehen.

 

Im Lauf der Zeit lernen sich die Wartenden recht gut kennen. Sie halten zwar alle brav die vorgeschriebenen 1,5 Meter Abstand in der Schlange ein. Aber reden kann man trotzdem. Über was? Natürlich über die Coronakrise. Sie ist das beherrschende Thema. Warum das Blutspenden so wichtig ist, wird aber auch diskutiert. Bartholomäus Schwaiger aus Rohrbach spendet bereits zum 75. Mal den gewünschten halben Liter seines Bluts. "Mein Vater ist immer gegangen - und ich geh auch schon immer. Es könnte ja sein, dass ich es auch mal brauche", erklärt er seine Motivation. Auch Mario Öxler aus Fahlenbach spendet immer, wenn er Zeit hat. "Es tut mir gesundheitlich gut - und auch meinem Gewissen", sagt er.

Der Eschelbacher Mathias Kaindl ist erst 21 Jahre, hat aber schon eine Knochenmarkspende hinter sich - und darf erst jetzt wieder Blutspenden. "Es ist für mich heute das erste Mal", meint er. Stefan Stolz aus Kleinreichertshofen geht seit 35 Jahren regelmäßig zum Blutspenden. "Heute bin ich gekommen, weil ich in der Zeitung gelesen habe, dass dringend Blutspenden gebraucht werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit für mich. " Manuela Seidl aus Fahlenbach spendet seit ihrem 18. Geburtstag. "Ich habe mit Null negativ eine seltene Blutgruppe, eine Notfallblutgruppe - ich bin eine Universalspenderin. " Die Coronakrise geht auch an ihr nicht spurlos vorbei. "Trotzdem komme ich gerne her - einfach, weil es so wichtig ist. "

 

Drinnen in der Schule steht für alle Spender erst einmal eine Vorsichtsmaßnahme an. "Ab zum Händewaschen. Dann kommt ihr bitte wieder her", sagt mit Katja Haslbeck die Rohrbacher Tennis-Abteilungsleiterin - und der Motor hinter der Blutspendeaktion. Sie hat zusammen mit Edmund Chmeliczek, dem Pfaffenhofener Gebietsreferenten beim BRK-Blutspendedienst, einige Hürden aus dem Weg räumen müssen, um den Termin abhalten zu können. "Ich bin froh und glücklich, dass so viele gekommen sind", sagt sie. Es sind sogar mehr als bei der letzten Aktion in Rohrbach. Auch die Tatsache, dass viele Erstspender, nämlich 41, kommen, sei prima. "Das hat zwar den Betrieb zusätzlich aufgehalten. Aber fürs große Ganze ist das toll. "

Das ganze Team vom Blutspendedienst bedankt sich im Nachhinein für die große Geduld der Spender. Wegen der Coronagefahr stehen weniger Liegen bereit als sonst, weil der Mindestabstand von 1,5 Metern überall eingehalten werden muss. Vorsichtshalber wird im Abgaberaum so gut wie durchgehend gelüftet. Und die Liegen müssen regelmäßig desinfiziert werden. "Das ist gut. Sonst legt sich ein Infizierter hin und alle danach stecken sich an", meint Mario Öxler.

Bei der ärztlichen Beratung wird die Coronagefahr ebenfalls thematisiert. Die Zusatzfragen erstreckten sich auf Auslandsaufenthalte. "Wer in den vergangenen Monaten in Österreich oder Italien war, darf nicht spenden", erläutert Chmeliczek. Leider sind tatsächlich beim Termin in Rohrbach einige Frauen und Männer dabei, die deshalb nach Hause geschickt werden müssen. "Die meisten der 34 Abgewiesenen hatten allerdings Kreislaufprobleme - oder im Vorfeld zu viel Sport getrieben, zu wenig gegessen oder kaum getrunken", sagt er im Nachhinein. Gründe also, die es bei jeder anderen Blutspendeaktion auch zuhauf gibt. "Die Zahl der Spender ist trotzdem ungewöhnlich hoch", ergänzt Chmeliczek.

Das lange Warten lohnt sich am Ende für alle. Um 20 Uhr, also wie geplant, war für die Helfer diesmal noch lange nicht Schluss. "Eine Stunde länger bleiben wir auf alle Fälle da", meint die TSV-Helferin Anna Ermert. "Und fürs Aufräumen müssen wir Freitagfrüh nochmal ran. " Der nächste Blutspendetermin im Landkreis ist am 24. April in Reichertshofen geplant. Ob er stattfinden kann, vermag Chmeliczek nicht zu sagen. "Wenn weitere Einschränkungen kommen, wird's schwierig. "

PK

Patrick Ermert