Pfaffenhofen
Schwere Zeit

Der Pfaffenhofener Hospizverein war auch während der Ausgangsbeschränkungen für Sterbende da

20.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:19 Uhr
Normalerweise nah dran: Für die Trauer- und Sterbebegleiter des Pfaffenhofener Hospizvereins und ihre Klienten waren die Wochen der Ausgangsbeschränkungen und Besuchsverbote eine Ausnahmesituation. −Foto: Bott/Förster, dpa

Pfaffenhofen - Endlich wieder ein Eis essen, ein bisschen reden und den Regen auf der Haut spüren.

 

Für Trauer- und Sterbebegleiter wie Beate Bott (59, kleines Foto) vom Pfaffenhofener Hospizverein und ihre schwer kranken Klienten waren die Wochen der Ausgangsbeschränkungen besonders schwer. Wer an einer unheilbaren Krankheit leidet gehört automatisch zur Risikogruppe, jeder Kontakt birgt das Risiko einer Infektion mit der Krankheit, an der Menschen mit Vorerkrankungen mit höherer Wahrscheinlichkeit sterben als gesunde.

Derzeit kümmert sich Bott um eine Frau Mitte 50, sie hat unheilbar Krebs. "Ich konnte sie noch unter normalen Umständen kennenlernen", sagt Bott. "Wir haben ein Gespräch geführt - und hatten ein wahnsinnig gutes Gefühl." Was die Sterbebegleiter mit ihren Schützlingen machen, hängt ganz von den Patienten ab. Spazieren oder ins Kino gehen, reden, einfach für sie da sein. Es läuft gut, Bott und die krebskranke Frau haben einen guten Draht zueinander.

Dann kam die Nachricht, dass Treffen nicht mehr möglich sind. Die beiden Frauen telefonierten jetzt öfter miteinander. "Oft möchten die Schwerkranken einfach mit jemandem reden. Über ganz normale Dinge. Das Telefon war hilfreich. Aber ich war schon froh, als die Lösung kam, dass sich zwei Haushalte wieder treffen dürfen", sagt Bott. "Wir haben die Lockerung des Verbots mit einem Eisessen gefeiert. Wir sind im Regen spaziergegangen und haben uns drei Kugeln Eis reingeschraubt. " Trotzdem sind die Sterbebegleiter nach wie vor vorsichtig. "Man hat eine Grundangst, dass man Schwerkranken was mitgibt", sagt Bott. "Das will man sich nicht vorstellen. "

Aber nicht nur für die Kranken selbst ist die Arbeit des Hospizvereins wichtig. Den Angehörigen bieten die Treffen oft ein bisschen Abstand, bringen den nötigen Freiraum. "Wenn sie sagen, ich möchte was für mich machen, ich brauche eine Hilfe. "

 

Eine besondere Situation herrschte auch in den Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern. Mittlerweile sind die Besuchsverbote wieder gelockert, aber wochenlang durften Angehörige nicht in die Heime. Für die Bewohner eine kaum auszuhaltende Lage: "Ich glaube, dass viele Leute das Gefühl hatten, dass sich das Leben nicht mehr lohnt", sagt Bott. "Fehlender Kontakt macht die Sinnhaftigkeit des Aushaltens hinfällig. Die Leute stellen sich die Frage: Warum bin ich noch da? " Viele Menschen bräuchten am Ende ihres Lebens ohnehin nicht viel. Aber wenn der Kontakt zu den Angehörigen wegfalle, könne das für die Heimbewohner einen großen Schaden bedeuten.

Bott weiß das aus eigener Erfahrung. Ihre Schwiegermutter lebt im Pflegeheim. "Ich habe das Gefühl, dass sie komplett abbaut. Ihr hat etwas wichtiges gefehlt. Sie wirkt gedämpft und nicht mehr richtig lebensfroh. Auch Freunde, die Angehörige im Pflegeheim haben, sagen, dass es unglaublich schwierig ist. Man muss sehen, wie sich das Ganze wieder fängt", sagt Bott.

Dem Personal in Alten- und Pflegeheimen spricht Beate Bott ihr Kompliment aus. So sei vielen Bewohnern die Kommunikation über WhatsApp ermöglicht worden. "Ich glaube schon, dass die digitale Form des Kontakts besser ist als gar keine. " Viele Menschen seien durch die Situation unglaublich kreativ geworden. Trotzdem sei es gut, dass die Angehörigen wieder in Pfemgeheime dürfen.

Gerade für Menschen am Ende ihres Lebens seien persönliche Kontakte wichtig. "Viele wollen ihnen wichtige Menschen einfach noch einmal gesehen haben. Sie wollen mit dem Gefühl gehen, dass die Verwandten nochmal da gewesen sind, dass bestimmte Dinge besprochen waren", sagt Bott. "Ich hoffe, dass es nicht zu Situationen gekommen ist, in denen das nicht mehr möglich war. "Den Sterbenden ist wichtig, dass sie in Frieden gehen können. Ich weiß, dass das kitschig klingt, aber es ist so. "

PK