Pfaffenhofen
Online-Unterricht gegen Isolationsfrust

Einige Tanz- und Sportstudios bieten auch während des Lockdowns Kurse für ihre Kunden an

12.02.2021 | Stand 23.09.2023, 17:00 Uhr
Tanztraining unter Lockdown-Bedingungen: Einige Studios unterrichten ihre Mitglieder derzeit per Online-Kurse. −Foto: Tanzstudio Scherg

Pfaffenhofen/Geisenfeld - Vereine haben geschlossen, Fitness-Studios sind dicht, Tanzstudios sind natürlich auch zu.

Gefühlt ist jede Freizeiteinrichtung verschlossen, in der man sich einen angenehmen, gesunden oder sportlichen Ausgleich zum derzeit tristen und monotonen Alltag schaffen kann. Außer Spazierengehen und joggen zu zweit scheint derzeit nichts mehr möglich. Auch kein Fußball auf dem Bolzplatz, wenn es mehr als zwei Personen aus verschiedenen Haushalten sind. Viele sind frustriert, da sie ihre Hobbys in der Gemeinschaft nicht mehr ausüben dürfen und soziale Kontakte fehlen.

Aber ganz so hoffnungslos ist die Lage in manchen Bereichen doch nicht. Einige Studios und Einrichtungen machen sich Gedanken, wie sie ihre Mitglieder positiv durch die triste Zeit begleiten können. Und nehmen dafür auch teilweise einen großen Aufwand in Kauf.

Moderne Technik für Online-Unterricht

"Ich werde öfter auf der Straße mitleidig gefragt: Dein Tanzstudio ist ja nun auch geschlossen. . . ", erzählt Christine Scherg vom gleichnamigen Studio. Und viele reagierten überrascht wenn sie antworte "ja, eigentlich schon, aber wir unterrichten den gesamten Stundenplan online! ". Bereits im ersten Lockdown bot das Tanzstudio online Kurse an - bereits vom ersten Tag an - allerdings eingeschränkt. Vor dem zweiten Lockdown wurde die Technik für Teilnehmer in Quarantäne eingerichtet, damit diese sich zu Hause nicht langweilen müssen und trotzdem digital am Unterricht teilnehmen konnten. Und die Nachfrage war groß, besonders bei denjenigen, die zu einer Risikogruppe gehörten oder eine Infektion befürchteten. "Deshalb haben wir uns schon im ersten Lockdown mit der entsprechenden Technik ausgestattet und auf Glasfaser umgestellt um eine bessere Qualität bei der Übertragung zu gewährleisten", berichtet die Studioleiterin. Sogar die Kindertanzgruppen können auf diese Weise stattfinden. "Die Kinder leben von Gemeinschaft, zudem geht es bei ihnen um Rythmus und Musikalität", ist Scherg überzeugt. Die Fünfjährigen freuen sich über den Kontakt zu ihrer Lehrerin und der Gruppe. Etwa 80 bis 85 Prozent der Mitglieder nutzten das Online-Angebot, schätzt die Inhaberin. Viele betreiben Yoga, Pilates oder Rückengymnastik zu Hause zusammen mit ihrem Partner. Die einzigen Kurse, die derzeit vor Ort statt finden dürfen, sind die Reha-Gruppen für Patienten mit einem Attest vom Arzt. Bei der Herzsportgruppe müsse zusätzlich immer noch ein Arzt anwesend sein, das gehe online überhaupt nicht, sagt Christine Scherg. Eine Lösung auf Dauer wären die Online-Kurse aber nicht. "Insbesondere beim Tanz müssen wir Abstriche machen. Es fehlt die genaue Korrektur von Haltung und Bewegungsabläufen und das Ausarbeiten der Choreographien in der Gruppe. "

Motivation durch Winteraktion

Im Frauenfitnessstudio Bellisma legt man großen Wert darauf, die Mitglieder in Bewegung zu halten und ihnen so positive Momente zu ermöglichen. Viele Menschen stießen derzeit an ihre Grenzen - physisch wie psychisch - und es sei nicht absehbar, wann sich das wieder ändere, so Studioleiterin Anka Rostock. "Unsere Aufgabe ist es daher die Menschen zu motivieren, ihnen Mut zu machen und sie auf andere Gedanken zu bringen. Das ist mein persönliches Anliegen - und das der Übungsleiter. "

Sie hat sich daher für ihre Mitglieder eine spezielle Winteraktion ausgedacht, bei der die Teilnehmer Punkte sammeln könne, je mehr Online-Bewegungsangebote sie in Anspruch nehmen. Dabei gebe es aber kein Ausscheiden oder "besiegt werden", wie Studiomitglied Jana Neik beschreibt. Jeder mache das, was er kann und mag und sammele individuell seine Punkte. Neik selbst nehme an vier bis fünf Kursen pro Woche teil.

"Am Ende gibt es eine Verlosung mit Artikeln rund um den Sport", erzählt Rostock. Aber darum gehe es nicht, sondern darum auf andere Gedanken zu kommen und Mut zu machen. Sie setzt daher momentan ihre Beitragszahlungen aus. "Wir haben ja prinzipiell Anspruch auf Fördergelder während des Lockdowns, die wir aber noch nicht erhalten haben. Deswegen kann ich keine Zahlungen in dieser Zeit von unseren Mitgliedern verlangen", ist die Trainerin Rostock überzeugt.

Reha-Kurse unter Hygienebedingungen

Das Gesundheitszentrum Ulrike Deutscher bietet neben Physiotherapie und der medizinischen Trainingstherapie auch Reha-Sport für Menschen mit gesundheitlichen Problemen weiterhin vor Ort an. Diese Gesundheitsangebote sind von den Lockdown-Beschränkungen aufgrund einer Verordnung vom Arzt oder Heilpraktiker ausgenommen und werden unter hohen Hygienemaßnahmen durchgeführt, die es aber auch schon vor dem Lockdown gegeben habe. "Trotzdem mussten wir die Patienten erst vorher kontaktieren, ob sie einverstanden sind, die Kurse in unseren Räumen fortzuführen", sagt Inhaberin Ulrike Deutscher.

Einige Wenige, die gesundheitliche Bedenken haben, würde pausieren, der Großteil sei aber froh weiter trainieren zu können. "Wir haben unser Kursangebot aufgestockt, um in kleineren Gruppen trainieren zu können", erzählt Deutscher. Online-Kurse hätten sie zwar während des ersten Lockdowns angeboten, der Aufwand sei aber zu groß. "Wir haben genügend hochqualifizierte Therapeuten und Trainer, um das Kursangebot in kleineren Gruppen zu gewährleisten. "

Videos für Spaß und Gute Laune

Ganz anders läuft es beim Tanzstudio Dance on stage. Inhaberin Angela Fackler ist selbst Mutter und kann daher ihre Kurse nicht online fortführen, da ihre Tochter momentan auch zu Hause ist. Trotzdem versucht sie ihren Kunden ein Angebot zu machen, indem sie Videos hochlädt, die diese jederzeit abrufen können, um nicht ganz auf ihr Training verzichten zu müssen. "Gerade in den letzten zwei Wochen merke ich, dass die Leute wieder nach Normalität lechzen", so die Tanztrainerin. Eltern berichten ihr, dass die kleineren Kinder den Chorographien allein zu Hause nicht so gut folgen können.

Daher bietet sie für diese jetzt Videos mit einfacheren Schrittfolgen, wo der Spaßfaktor im Vordergrund steht. Normalerweise bietet die Tanztrainerin 14 verschiedene Kurse pro Woche ab vier Jahren bis "oben offen" an.

Training für den nächsten Auftritt

Auch die Shadow Dancer versuchen ihr Tanz-Training online fortzuführen. Jeden Samstag von 10 bis 12 Uhr wird vor den Bildschirmen getanzt und neue Choreographien eingeübt "um keine Zeit zu verlieren", berichtet Tanztrainerin und Inhaberin Sandra Rubbey. Denn das Lernen neuer Tänze erfordere sehr viel Zeit. Wenn der Lockdown vorbei ist, möchte die feste Tanzgruppe für Auftritte gerüstet sein.

Trotzdem bleibe im Moment einiges auf der Strecke. "Hebefiguren können wir derzeit leider nicht üben", bedauert Rubbey.

Tanz-Challengesdigital veröffentlicht

Ein weiteres fröhliches Beispiel dafür, wie man mit der aufgezwungenen Distanz kreativ umgehen kann, zeigt ein Blick in die Fenster von "Let's Dance" in Geisenfeld.

"Die Kinder der Tanzschule haben zuhause auf meine Anregung hin bunte Faschingsbilder gebastelt und bei einem Spaziergang bei mir zuhause abgegeben", freut sich Inhaberin Silke Eberhardt. Zur Belohnung gab es eine Tüte frisch zubereitetes Popcorn für jeden der 37 jungen Künstler, die ihre Werke "mit einem strahlenden Lächeln ablieferten", wie die Trainerin erzählt.

Den Kontakt zu den Teilnehmern und ihren Familien zu halten, mache in Zeiten der Pandemie "sehr viel mehr Arbeit und erfordert Kreativität", so Eberhardt, ihr jüngstes Corona-Projekt: Die Kids von Let's Dance haben sich als Motivation einer Tanz-Challenge stellen dürfen, deren Ergebnis in den nächsten Tagen digital veröffentlicht werden wird: ein Auftritt der Minis (Kindergartenkinder) mit einem Tanz zur Musik von Disneys "Eiskönigin" und den Kids (Grundschüler) mit einem "Einhorn-Tanz". "Es ist bereits die dritte Challenge, im Frühjahr und zu Weihnachten gab es bereits Tanzvideos zu sehen", freut sich die Initiatorin. "Bereits im ersten Lockdown habe ich den Unterricht digital umgestellt, den gesamten Sommer über konnten die Familien entscheiden, vor Ort oder lieber digital von zuhause an der Tanzstunden teilzunehmen", so Eberhardt, die laut eigenen Angaben "viel in eine gut funktionierende Technik und in die Lizenz" investiert hat. Auf diese Weise sei es möglich gewesen, alle Unterrichtsstunden wie geplant anzubieten.

Leider gebe es auch einige Teenager, die das Online-Angebot nicht annehmen möchten oder könnten. Umso dankbarer sei sie "den Familien, die trotzdem die Beträge weiterzahlen". Denn nur so könne sie "glücklicherweise alle vier externen Trainer weiter beschäftigen". Ohne diesen Zusammenhalt, da ist sich Eberhardt sicher, "wäre die Zukunft der Tanzschule sehr gefährdet. "

PK

Simone Diaw, Maggie Zurek