Gerolsbach
Livestream aus dem Sitzungssaal?

In Gerolsbach ist nicht jeder von einem entsprechenden Antrag der Grünen überzeugt

26.01.2021 | Stand 29.01.2021, 3:33 Uhr

Gerolsbach - Statt Netflix oder Disney-plus heute Abend mal der Gerolsbacher Gemeinderat?

Wenn es nach den Grünen geht, könnte das ab Ende dieses Jahres eine Frage zur Gestaltung des abendlichen Bildschirmprogramms sein. Denn die Gruppierung möchte die Ratssitzungen künftig im Livestream übertragen. Die anderen Fraktionen sind da noch ein wenig zögerlich.

"Digitalisierung ist einfach zeitgemäß", sagte Isabell Steurer (Grüne). Irgendwann werde es Standard sein, dass Sitzungen live übertragen werden. Die Frage, so Steurer, sei nun: "Bin ich Vorreiter oder später Mitläufer oder gar Nachläufer. " Im Internet könne man die Sitzungen mehr Bürgern zugänglich machen. In ihrem Antrag hatten die Grünen auch darauf verwiesen, dass gerade die aktuelle Coronasituation die Bedeutung einer Liveübertragung zeige - derzeit ist die Besucherzahl im Sitzungssaal auf sieben beschränkt. Ganz abgesehen davon sei ein Stream eine gute Möglichkeit für die Bürger, sich persönlich ein Bild von ihren Kommunalpolitikern zu machen.

"Der Datenschutz ist ein Problem", gab Bürgermeister Martin Seitz (CSU) zu bedenken. Zudem befürchte er: "Das Flair von der jetzigen Gemeinderatssitzung geht ein bisserl verloren. " Schließlich müsse dann jeder, der sprechen wolle, erst mal einen Knopf drücken, um sein Mikrofon zu öffnen, sei der eine oder andere vielleicht gehemmt, wenn er wisse, dass sein Beitrag aufgezeichnet wird und er aufpassen müsse, dass er "nur nichts Verkehrtes sagt".

"Ich unterstütze den Antrag vollinhaltlich", sagte dagegen Stefan Maurer (UB). Anhand eines Livestreams könne sich der Bürger ein unverfälschtes Bild machen, wie das im Gemeinderat ablaufe, ganz "authentisch" mit Gestik und Mimik. Von Bundestag und Landtag gebe es das ja auch. "Wir sind alle keine Starpolitiker", warf Peter Popfinger (CSU) ein. Auch er befürchtete, dass nicht jeder so rede, wie er normalerweise rede, wenn eine Kamera auf ihn gerichtet sei. "Es bereichert die Diskussion in diesem Gremium schon, wenn's nicht aufgezeichnet wird", meinte Popfinger, eine Übertragung wäre vor allem für jemanden ein Vorteil, "der sich in gewisser Art und Weise profilieren will".

Wilhelm Reim (Grüne) verwies auf die guten Erfahrungen in Pfaffenhofen, wo es schon seit 2012 Übertragungen der Stadtratssitzungen ins Internet gebe. Die Ratsmitglieder könnten natürlich sagen, dass sie nicht aufgenommen werden möchten, aber mittlerweile lasse sich dort niemand mehr rausschneiden, berichtete Reim. Das könnte auch mit einer Art Gruppenzwang zu tun haben, wie Martin Winter (FW) vermutete: "Es kommt ja auch blöd, wenn sich ein oder zwei Stadträte rausschneiden lassen. "

Albert Zaindl (CSU) fand die Überlegungen generell gut, sähe es aber lieber, wenn nach dem Lockdown wieder mehr Besucher zu den Sitzungen ins Rathaus kämen (diesmal waren zwei Zuschauer dabei). Zaindl schlug einen Podcast - also eine reine Tonaufnahme - vor, die am Tag nach der Sitzung auf die Homepage der Gemeinde gestellt werden könnte. Auch Vizebürgermeisterin Gerti Schwertfirm und Stefan Fottner (beide FW) betonten, dass der persönliche Kontakt noch immer besser sei als der virtuelle, gerade in einer kleinen Gemeinde.

Billig würde es nicht, künftig die Sitzungen live ins Internet zu stellen. Bürgermeister Seitz schätzte die Kosten auf 60000 Euro für die nächsten fünf Jahre und bezeichnete das Ganze als "Luxusthema". Die Verwaltung hatte einige Kosten ermittelt. So würde es pro Sitzung 250 Euro kosten, wenn die Gemeindeverwaltung die Übertragung mit einer fest installierten Kamera organisiert. Eine professionellere Aufbereitung mit mehreren Kameras, Untertiteln und der Übernahme der Beamer-Präsantation schlüge mit weit mehr als 1000 Euro pro Sitzung zu Buche. Ein reiner Podcast wäre für 100 Euro zu bekommen. Dazu kämen jeweils rund 13000 Euro einmalige Ausgaben für eine Lautsprecheranlage. Eine Abstimmung gab es diesmal noch nicht. Die Gemeinderäte sollen nun ihre Fragen und Anregungen sammeln.

bdh