Jämijärvi
In Jämijärvi gibt es noch keine Corona-Infizierten

Das öffentliche Leben ist aber auch in Geisenfelds finnischer Partnergemeinde aus Sicherheitsgründen eingeschränkt

17.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:31 Uhr
Viel herrliche Natur gibt es rund um Geisenfelds Partnergemeinde Jämijärvi. Viele Menschen nutzen die Ausgangsbeschränkungen, um in den Wäldern und an den Seen mit ihren Familien ihre Freizeit zu verbringen. −Foto: Zurek

Jämijärvi - Noch keine Infizierten, weder in der Jämijärvi noch im Landkreis Kankaanpää - diese erfreuliche Antwort hat der Partnerschaftsbeauftragte der finnischen Partnergemeinde Geisenfelds auf eine Nachfrage unserer Zeitung geben können.

In der gesamten südwestfinnischen Provinz Satakunta sind derzeit lediglich 40 Menschen positiv getestet - die meisten davon in der Stadt Pori.

"Natürlich gibt es bei uns aus Sicherheitsgründen dennoch viele Einschränkungen", erzählt Tuomo Leikkola. Menschen über 70 sollen möglichst ganz zuhause bleiben, die meisten Schulen sind geschlossen - lediglich die Vorschulen und die Jahrgangsstufen 1 bis 3 sind eingeschränkt geöffnet. "Damit wird die Betreuung der Kinder von Personen in wichtigen Berufen (in der Krankenpflege, Ärzte, Polizei und ähnliches) sicher gestellt", erklärt der Verwaltungsmitarbeiter, der ergänzt:. Treffen mit mehr als zehn Personen seien verboten und auch der Besuch von Altenheimen und Kliniken sei, ähnlich wie in Deutschland, untersagt.

Die Menschen in Jämijärvi nutzen die Ausgangsbeschränkungen, um die Freizeit in den ausgedehnten Wäldern der Umgebung zu verbringen. Wanderpfade sind viel genutzt und auch die Freizeithütten in Jämi und Mielahti (in denen auch Geisenfelder Gruppen schon untergebracht waren) werden viel genutzt.

"Die Polizei kontrolliert gemeinsam mit dem Militär die Einhaltung der Vorschriften", unterstreicht Leikkola. Öffentliche Sportplätze sind geschlossen und Verwaltungsmitarbeiter von Kommunen und Staat sind gehalten, wenn irgend möglich im Home-Office zu arbeiten. Fahrten zur Arbeit sind aber, wo nötig, erlaubt. Er selbst erledige die meisten Aufgaben vom heimischen Schreibtisch. Seine Frau Marjo sei als Erzieherin hingegen fast wie in normalen Zeiten beschäftigt. Der einzige Unterschied: Statt der 24 Buben und Mädchen sind es derzeit nur zwischen zwei und vier Kinder, die sie in der Vorschule betreut. Wie hierzulande sind Restaurants und Cafés geschlossen, nur der Verkauf per Abholung ist erlaubt. Und alle Grenzen sind dicht.

"Ich denke, Finnland ist ganz gut aufgestellt", freut sich der Partnerschaftsbeauftragte. Man habe zudem den Vorteil, dass Finnland fast eine Art Insel sei und dass das Virus hier viel später ankam als in Zentraleuropa. "Unser größter Fehler war es, dass der Flughafen Helsinki-Vantaa nicht sehr gut vorbereitet war", meint er. Es habe zu lange gedauert, bis man Reisende und Heimkehrer etwa aus Italien kontrolliert habe. Daher hätten diese Menschen viele andere angesteckt. Ein weiteres Problem: Manche Krankenhäuser hatten anfangs nicht genügend Masken und anderes Schutzmaterial. Aber generell sei man bisher ganz gut zurechtgekommen. "Vor allem unsere führenden Minister - meist junge Frauen - waren wirklich gut darin, in dieser schwierigen Situation die Leitung zu übernehmen", erklärt Leikkola, der ergänzt: "Uns Finnen liegt das Vorbereiten auf richtig schlimme Zeiten sozusagen in den Genen, weil wir in unserer Geschichte so viele Krisen zu bewältigen hatten".

Die meisten Menschen hätten im Übrigen kein Problem die Regeln zu befolgen, lobt Leikkola seine Landsleute. Natürlich gebe es einige Uneinsichtige, darunter vor allem junge Leute, die Auflagen missachten. Die Polizei leite sie dann sozusagen auf den rechten Weg.

Auch in Jämijärvi formiert sich ehrenamtliche Hilfe. Die Verwaltung hat dort in Kooperation mit dem örtlichen Einzelhandelsgeschäft und dem Lions Club eine Einkaufshilfe für ältere Menschen und sonstige Hilfsbedürftige organisiert. Ein Anruf oder eine Mail am Morgen und die gewünschten Artikel werden nachmittags kostenfrei geliefert. In der Partnergemeinde wie überall in Finnland leisten wie in Deutschland Nachbarschaftsgruppen unterschiedlichste Formen der Unterstützung.

Die Herausforderungen sind wie überall in Europa die gleichen. Manche Familien haben Probleme damit, den Alltag zu organisieren - die Kinder brauchen Hilfe beim Lernen, gleichzeitig müssen die Eltern von zuhause aus arbeiten. "Ich bin froh, dass wir bei uns ein gutes Glasfasernetzwerk haben, das hilft enorm", so Leikkola, der indes für viele Firmen "wirklich große wirtschaftliche Probleme" sieht. Die Regierung versuche in vielfacher Hinsicht zu unterstützen, was "eine riesige Menge Geld kostet". Sicher werde man nach der Krise "gut zu tun haben, um das alles zu zahlen". Aber das, so mutmaßt der Finne, "auch das dürfte überall gleich sein".

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