Wolnzach
"Ich habe eine ziemliche Wut"

Gewerbeverbandsvorsitzender übt Kritik an Regierungskurs - Andere reagieren erleichtert auf Eröffnung

17.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:31 Uhr
Beim Bau geht es sowieso weiter, doch Kleinbetriebe in Wolnzach dürfen bald auch wieder öffnen. Darüber freut sich Alfred Hammerschmid, der sein Sportgeschäft gerade auf die Wiedereröffnung vorbereitet. Bis zum 27. April greifen die Betriebe noch auf kreative Lösungen zurück: Der Raumausstatter in der Preysingstraße hat Stoffe zur Ansicht vor der Tür stehen. Der Blumenladen gegenüber startete einen Verkauf im Hinterhof - bezahlt wird auf Vertrauensbasis. −Foto: Brenner

Wolnzach - Vor allem die Kleinen werden die Auswirkungen der Coronakrise treffen, befürchtet der Gewerbeverband Wolnzach.

Die aktuellen Lockerungen gingen nicht weit genug, so der Vorsitzende des Wolnzacher Gewerbeverbands, Nikolaus Schuster. "Ich habe eine ziemliche Wut", sagt er. Viele kleine Betriebe machten aktuell so gut wie keinen Umsatz. Wenn Bürger ab und an in Restaurants Gerichte bestellten, müsse der Koch ja dennoch den Herd anmachen. Besonders hart treffe es auch Bedienungen, die nun in Kurzarbeit seien: "Sie leben ja eigentlich vom Trinkgeld. " Warum die Gaststätten weiter geschlossen bleiben müssten, kann er nicht nachvollziehen. "Die Gäste können sich ja draußen auseinandersetzen. "

Das sieht auch der Geschäftsführer des Wolnzacher Gasthofes Zur Post so. "Wir könnten die Sicherheitsvorkehrungen bei uns im Biergarten locker realisieren", sagt Benjamin Stuhlmiller. "Wir feiern keine Feste, sondern bedienen Leute. " Derzeit mache er rund 30 Prozent seines normalen Umsatzes mit seinem Heim-Lieferservice, sein Personal sei teils in Kurzarbeit.

Alfred Hammerschmid, Schriftführer des Gewerbeverbandes und Inhaber der Wolnzacher Sport Alm ist hingegen "sehr erleichtert", am 27. April wieder eröffnen zu dürfen. Hätte er sein Geschäft über den Sommer schließen müssen, "wäre das existenzgefährdent gewesen". Hammerschmid hat fünf Mitarbeiter, die teils in Kurzarbeit sind. Über ein Onlineportal, auf dem er schon länger vertreten ist, sei der Umsatz zwar tatsächlich leicht gestiegen, doch letztlich "ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein".

Für die Sicherheitsvorschriften hat sich Hammerschmid schon gewappnet: "Ich habe bereits Mundschutz, Desinfektionsmittel und einen Plexiglasschutz bestellt", sagt er. "Wir werden hier ohnehin meist nicht mit Menschenmengen überrannt", so Hammerschmid. Wenn es doch zu viele würden, werde er aber zum Beispiel einzelne Lottokunden kurz vor der Tür warten lassen. Apropos Warten: Hammerschmid wartet immer noch auf die Corona-Soforthilfen. "Ich hätte schon gedacht, dass die Hilfe schneller kommt", sagt er. Vor allem, weil sich ständig Politiker damit rühmten, wie schnell und unkompliziert alles gehe.

Verbandskollege Schuster traut allen Wolnzacher Geschäftsleuten zu, nötige Regeln in ihren Räumen einzuhalten. Außerdem: Im Supermarkt seien anfangs noch viele Verkäufer ohne Schutz gesessen, "ich habe nicht mitbekommen, dass da viele sich angesteckt haben".

Schuster fürchtet, dass die Lage sich bald zuspitzt. Er habe zu einigen wenigen Geschäften in Wolnzach Kontakt, "die halten noch ein wenig durch". Sonst bekomme er aber wenig Rückmeldung, wie es den Wolnzacher Gewerbetreibenden gehe. Gefragt habe er auch nicht, "weil ich mir nicht sicher bin, ob mich das etwas angeht".

Schon die bisherigen Schließungen findet Schuster teils nicht gerechtfertigt: Das Bekleidungsgeschäft oder der Friseur könnten ebenso mit Abstandsregeln oder einer Höchstgrenze an Kunden, die den Laden betreten, Sicherheit schaffen. Zudem gebe es Schutzmasken, Desinfektion und Handschuhe. Es sei ganz und gar unverständlich, "dass der Supermarkt Blumen verkaufen darf, der Blumenladen aber zumachen muss". So schlecht geht es uns aber eigentlich gar nicht, sagt Herta Meyer, die seit rund zwei Wochen eine Übergangslösung gefunden hat: Sie verkauft Gemüsepflanzen und Samen im Hinterhof, auf Vertrauensbasis. Es gibt Schilder mit Abstandsregeln, eine Kasse und der Hinweis, dass nicht zu viele Kunden auf einmal kaufen sollen. "Wir sind froh, dass wir den Verkauf auf Vertrauensbasis haben, wir verkaufen in diesem Bereich sogar mehr Ware als sonst, denn die Leute haben jetzt Zeit zu Hause zu garteln. " Deshalb gilt für sie die Devise: "Es hilft nichts, wir müssen da jetzt durch. "

Hammerschmid hofft, dass bei vielen nach der Krise eine "Rückbesinnung" eintrete. "Vielleicht sehen die Menschen ja, dass der Einzelhandel vor Ort einen Mehrwert bietet. " Denn wenn es die Geschäfte im Ortskern nicht gebe, "haben wir das ganze Jahr Verhältnisse wie in der Coronakrise".

WZ