Baar-Ebenhausen
"Eine ganz schwierige Zeit"

Leiterin des Seniorenzentrums mit 20 Coronafällen berichtet über die Situation

15.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:32 Uhr
Im Novita-Seniorenzentrum in Baar-Ebenhausen sind aktuell insgesamt 20 Bewohner und Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert, für die Verantwortlichen ist das "eine ganz schwierige Zeit". −Foto: Schittenhelm

Baar-Ebenhausen - Wer derzeit am Novita-Seniorenzentrum in Baar-Ebenhausen vorbei kommt, der vermisst Menschen, die rund um das Heim herum die Sonne genießen und gemeinsam lachen.

 

Wer genauer hinschaut, der sieht die Bewohner - allerdings an den Fenstern ihrer Zimmer. Ein paar Worte vom offenen Fenster aus mit Spaziergängern wechseln: So sieht derzeit der Kontakt der älteren Menschen draußen aus. In dem Seniorenzentrum sind momentan 13 Bewohner und sieben Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert (PK berichtete).

"Das ist für uns alle momentan eine ganz schwierige Zeit", räumt Einrichtungsleiterin Alexandra Litterscheidt ein und ergänzt: "Wir sehen den ganzen Tag nur Menschen mit Masken. Auch für uns Pflegekräfte ist das belastend. " Sie versuchen, mit den Senioren in Kontakt zu bleiben und ihnen "zumindest in Ansätzen die Aufmerksamkeit zu geben, die sie gerade jetzt sicherlich brauchen". Aber gerade in solchen Einrichtungen wie in Baar-Ebenhausen seien die Pflegekräfte an Vorgaben gebunden, um eine Infektion mit dem Coronavirus zu vermeiden.

Personell sei das Seniorenzentrum gut aufgestellt, sagt Litterscheidt im Gespräch mit unserer Zeitung. Für krankheitsbedingt ausgefallene Pflegekräfte habe man schnell Ersatz aus einem Pflegepool bekommen. Für das Personal steht nach ihren Worten genügend Schutzausrüstung zur Verfügung. "Wir stehen zusammen und kümmern uns um unsere Bewohner, die zu keiner Zeit unzureichend versorgt waren. Da kann ich mich ganz auf die komplette Belegschaft verlassen. "

Dass es in der Einrichtung in Baar-Ebenhausen dennoch zu den Infektionen - teils mit tödlichem Ausgang - gekommen ist, sei tragisch: für die Angehörigen ebenso wie für die Pflegenden. Sie haben laut Alexandra Litterscheidt und Novita-Geschäftsführer Lorenz Weichselbaumer "immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt". Seit Bekanntwerden der Corona-Krise sind in der Senioreneinrichtung vier Bewohner gestorben, die sich mit dem Virus infiziert hatten.

Weichselbaumer sagt auf PK-Anfrage: "Menschen, die in einem Pflegeheim betreut werden, sind häufig bereits angeschlagen. Für sie ist die kleinste weitere Infektion schädlich. Und dennoch lässt sich diese nicht ganz ausschließen. "

Die Novita GmbH betreibt bayernweit zehn Senioreneinrichtungen. Als im Seniorenzentrum Baar-Ebenhausen die ersten Corona-Fälle aufgetreten sind, habe man innerhalb kürzester Zeit Unterstützung erhalten - zum Beispiel vom Katastrophenschutz, der in nur 30 Minuten Mittel zur Flächendesinfektion zur Verfügung gestellt hat.

Für die Bewohner mit ihren Erkrankungen ist diese Krise eine schwierige Zeit: Sie sind nur per Skype oder WhatsApp mit ihren Angehörigen verbunden. "Und dennoch verlieren sie nicht den Mut, sondern versuchen, sich gegenseitig aufzumuntern - und zwar digital", erläutert Einrichtungsleiterin Alexandra Litterscheidt. Die infizierten Patienten und Pflegekräfte seien in einem Isolierbereich untergebracht. Sie werden dort laut Litterscheidt konsequent betreut.

Nach ihren Worten stehen die Pflegekräfte derzeit unter einem hohen Druck: "Sie können auch in ihrer Freizeit nicht abschalten und so sind im Dauerstress. " Bis der Alltag im Seniorenzentrum einkehrt, werde es sicherlich noch einige Zeit dauern, so Litterscheidt.

Und so lange wird man wohl das Lachen der Heimbewohner vermissen und nur den einen oder anderen am offenen Zimmerfenster sehen.

PK