Hüll
Dirndl und Schärpe hängen im Schrank

Wegen der Corona-Krise haben Hopfenkönigin Theresa und Vizekönigin Lisa keine offiziellen Termine, aber trotzdem viel zu tun

07.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:32 Uhr
Draußen im Hopfengarten sind sie in diesen Wochen häufig, sie packen auf den elterlichen Höfen mit an: Vizekönigin Lisa Widmann hilft beim Drahtaufhängen (links), Hopfenkönigin Theresa Hagl hat uns ein Bild von sich beim Drahteinstecken geschickt. Offizielle Termine als Repräsentantinnen des Grünen Goldes haben die beiden momentan nicht, aber trotzdem alle Hände voll zu tun. −Foto: privat

Hüll/Oberhornbach - Der Terminkalender ist leer - zumindest was die "royalen" Verpflichtungen betrifft.

 

Krone und Diadem liegen im Schrank und auch Dirndl und Schärpe hatten schon lange keinen Einsatz mehr. So hätten sich Hopfenkönigin Theresa Hagl und Vizekönigin Lisa Widmann ihre Amtszeit auch nicht vorgestellt. Wegen der Corona-Krise gestaltet sich ihre Regentschaft gerade völlig anders als die ihrer Vorgängerinnen.

Klar sei es blöd, dass ausgerechnet in ihrer Amtszeit ein Virus das öffentliche Leben stilllegt - "aber ich kann mich ärgern oder damit abfinden", sagt Hopfenkönigin Theresa Hagl lapidar und entschließt sich für Zweiteres. Langweilig wird der 23-Jährigen aus Oberhornbach (Siegelbezirk Pfeffenhausen), die gerade ihre Bachelorarbeit schreibt, auch zu Hause nicht. "Die Vorlesungen sind vorbei, jetzt muss ich nur noch bis Ende April meine Bachelorarbeit abgeben", sagt die Hopfenhoheit, die durch die vielen Terminabsagen jetzt natürlich gut Zeit hat, sich als Studentin der Sozialen Arbeit in Landshut auf ihre Abschlussarbeit zu konzentrieren.

Ihr letzter offizieller Termin als Repräsentantin des Grünen Goldes war in Wolnzach am 10. März beim Tourismustag - dann war Schluss. Keine Starkbierfeste, die Bier- und Genussmesse in Landshut wurde abgesagt, die Eröffnung der Hopfenspargelsaison in Rohr fällt flach, die Gewerbemesse Wolnzach und einige kleinere Termine mehr, wo Theresa Hagl als Hopfenkönigin dabei gewesen wäre.

Besonders schade findet die Pfeffenhausenerin es aber, dass die Reise nach Texas/USA am 14. April zur Craft-Beer-Messe jetzt auch flach fällt. Darauf hatte sich Theresa besonders gefreut, zumal sie noch nie in den Vereinigten Staaten war. In den Sternen steht auch, ob einige andere Veranstaltungen - viele Volksfeste stehen an, die Wahl der Bierkönigin und das Craftbeerfestival in Regensburg am 20. Mai - stattfinden werden. Noch stehen sie bei der Hopfenkönigin im Terminkalender, denn irgendwann muss es ja weitergehen.

 

Wer aber glaubt, dass die Pflanzerstochter mit Hoheitstitel jetzt aber gelangweilt zu Hause sitzt, irrt sich: Selbstverständlich hilft man auch im Hause Hagl jetzt bei der Hopfenarbeit zusammen: "Zuerst haben wir noch Draht aufgehängt, jetzt steht das Drahteinstecken an - eine Knochenarbeit - und dann geht es mit dem Andrehen los". Die Familie Hagl bekommt das aktuell gut hin, wenn sowohl Theresas Eltern als auch sie selbst und am Wochenende die beiden Brüder mit anpacken. "Und dann gibt es ja noch Freunde," sagt Hopfenkönigin Theresa, die der gemeinsamen Arbeit im Hopfengarten - natürlich mit dem gebotenen Sicherheitsabstand - auch viel Positives abgewinnen kann. Und nicht zuletzt, so der Appell der Repräsentantin des Hallertauer Hopfens, sei es derzeit gerade für Schüler und Studenten eine "Win-Win-Situation". Bis das nach hinten verschobene Semester und die Schule wieder beginnt, könne man sich nebenbei im Hopfen durchaus gutes Geld dazuverdienen.

Alles andere als langweilig ist es in diesen Wochen auch Vizekönigin Lisa Widmann aus Hüll (Siegelbezirk Wolnzach). Die 25-Jährige arbeitet gleich an drei "Fronten": Zum einen hilft Lisa auf dem elterlichen Betrieb mit. "Es ist für mich selbstverständlich, meine Familie zu unterstützen", sagt sie. Das sei schon immer so gewesen und werde sich auch nicht ändern - schon gar nicht in einer schwierigen Zeit wieder dieser. Zudem arbeitet Lisa am Universitätsklinikum Regensburg als medizinisch-technische Radiologin. "In dieser angespannten Lage ist man natürlich in diesem Job mehr gefordert als sonst", berichtet sie. Und drittens ist die Vizekönigin ja auch noch angehende Abiturientin und in der unterrichtsfreien Corona-Zeit mit ihrem Lernstoff daheim auf sich gestellt. "Ich muss den Schulausfall so gut es geht selbst kompensieren. "

Dass sie als Vizekönigin nun gerade Zwangspause hat, sieht Lisa wie ihre Kollegin Theresa eher pragmatisch - auch wenn die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen eine neue Erfahrung seien, "auf die wir gut hätten verzichten können". Aber nun stehe die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen im Vordergrund. Auch wenn Veranstaltungen ausfallen müssen und ihr Amt in gewisser Weise ruht - "für mich persönlich sind die abgesagten Termine zweitrangig", sagt Lisa. Vielmehr gelte es jetzt, nach vorne zu schauen: "Wir müssen uns an jegliche Vorschriften halten, um uns gegenseitig zu schützen, damit wir in naher Zukunft wieder unser geschätztes normales Leben führen können. "

Gut findet Lisa die Solidarität, die viele Hopfenpflanzer aus der Bevölkerung erfahren. Die Hilfsaufrufe, die zum Beispiel über den örtlichen Burschenverein oder den Maschinenring gestartet wurden, kämen gut an - und das sei wichtig. "Fast alle Betriebe sind auf die Hilfe von hiesigen Einwohnern angewiesen", sagt Lisa. Auch bei ihr daheim müssen alle mit anpacken, selbst wenn der Hof vergleichsweise gut aufgestellt ist, weil sechs rumänische Arbeitskräfte bei den anstehenden Frühjahrsarbeiten mithelfen. Gedanken um die Zukunft mache sich die Familie trotzdem. Denn selbst wenn nach dem Stand der Dinge die begrenzte Einreise von Saisonarbeitskräften unter strengen Auflagen möglich ist, wisse man nicht, was noch kommt. "Was heute ist, kann morgen vielleicht schon wieder ganz anders sein", so Lisa. Trotzdem optimistisch bleiben und an andere denken, die es schwer trifft - das ist nun die Devise. Entsprechend lautet Lisas Appell: "Bleibt zu Hause und unterstützt die lokale Wirtschaft und die Landwirte. "

WZ

 

Katrin Rebl, Ellen Kellerer