Reichertshofen
"Bürgerbegehren juristisch okay"

Das sagt die Kanzlei, die die Reichertshofener Bürgerinitiative mit einer Beurteilung beauftragt hat

12.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:28 Uhr

Reichertshofen (PK) Michael Ende hätte seine Freude daran: Denn in Reichertshofen entwickelt sich mehr und mehr eine unendliche Geschichte. Nachdem der Marktgemeinderat in seiner Sitzung am vergangenen Dienstag Formulierung und Satzung für das Ratsbegehren beschlossen und einen Abstimmungstermin - auch für das Bürgerbegehren - festgelegt hat, meldet sich die Bürgerinitiative. Mit dem Schreiben eines Rechtsanwaltes und einer Presseerklärung dazu.

Wolfgang Freudenberger, zusammen mit Karl Schweiger und Georg Hempel federführend beim Bürgerbegehren "Beibehaltung und Sanierung des bestehenden Rathauses Reichertshofen in der Schloßgasse", sieht sich bestätigt. In der vorletzten Gemeinderatssitzung wurde noch darauf hingewiesen, dass auch der zweite Anlauf, ein rechtlich einwandfreies Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, gescheitert sei. Nun widerlegt eine juristische Expertise die Aussage des Gremiums, die die Bürgerinitiative in Auftrag gegeben hatte. "Unser Bürgerbegehren ist sowohl formell als auch materiell vollkommen in Ordnung" steht in der Pressemitteilung der Bürgerinitiative, die von Freudenberger nun verschickt wurde.

Nachdem der Gemeinderat auf Vorschlag von Bürgermeister Michael Franken (JWU) in der September-Sitzung vorgeschlagen und am Ende auch mehrheitlich abgesegnet hatte, das Bürgerbegehren trotz der monierten rechtlichen Mängel zuzulassen, stellt sich die BI auf die Hinterfüße: Den Vorwurf erneuter formeller Fehler und die mitunter süffisanten Kommentare manches Gemeinderatsmitglieds wollten Freudenberger und Co. nicht auf sich sitzen lassen. Schon nach der Septembersitzung sagte Freudenberger: "Wir werden das Bürgerbegehren von einem Anwalt prüfen lassen." Nun hat eine Ingolstädter Kanzlei die Sichtweise der BI bestätigt, das Fazit hat die Kanzlei auch an den Markt Reichertshofen geschickt.

Darin steht unter anderem, dass "die dem Bürgerbegehren zugrundeliegende Fragestellung juristisch korrekt formuliert" ist und "den Anforderungen des Artikels 18a IV BayGO" entspricht. "Die Fragestellung kann konkret von den Bürgern mit ,Ja' oder ,Nein' beantwortet werden." Es handle sich also nicht um die unzulässige Kopplung von Teilfragen.

Freudenberger legt auch Wert auf die Feststellung der Juristen, die Begründung des Bürgerbegehrens sei aus juristischer Sicht nicht zu beanstanden und die Bürger seien keineswegs mit unwahren Tatsachenbehauptungen zur Abgabe der Unterschrift bewegt worden.

"Die Prüfung unseres Bürgerbegehrens durch einen vom Marktgemeinderat beauftragten Fachanwalt erweckt den Eindruck, man wollte ,das Haar in der Suppe' finden, um unser Bürgerbegehren zu Fall zu bringen oder es zumindest als ,madig' zu verkaufen." Freudenberger betont auch: "Wir sind der Meinung, der Marktgemeinderat sollte auf den Willen der Bürger eingehen und ihn berücksichtigen." Dies hat das Gremium in der Septembersitzung getan, als das wegen juristischer Mängel abzulehnende Bürgerbegehren dennoch akzeptiert wurde.

Freudenberger schießt noch einmal scharf: "Für einige Gemeinderatsmitglieder ist es offensichtlich sehr schwierig, ein in der Gemeindeordnung verankertes demokratisches Recht der Bürger zu akzeptieren." Auch zur jüngsten Gemeinderatssitzung fällt Freudenberger Kritik ein: "In der Sitzung vom 9. Oktober hat der Gemeinderat den Text des eigenen Ratsbegehrens nochmals komplett geändert. War es vielleicht formell oder materiell nicht korrekt?"

Wurde in der Dienstagssitzung ein Bodengutachten präsentiert, das die Tauglichkeit für eine Bebauung feststellt, argumentieren Freudenberg und Co. in eine andere Richtung - gestützt auf das juristische Urteil: "Die Ungeeignetheit des Grundstücks aus topographischer Sicht stellt keine unwahre Tatsachenbehauptung dar." Die Bürgerinitiative führt die angespannte Verkehrslage, die extreme Verkehrsbelastung, die Parkplatzsituation und die Grundstücksgröße ins Feld. Letzteres moniert auch die Ingolstädter Kanzlei: Das Grundstück sei einfach zu klein, Zukäufe wären unumgänglich. "Ohne Zuerwerb des Grundstücks ... erscheint die Realisierung des neuen Rathauses jedoch höchst zweifelhaft." Zudem betonen die Juristen, es gehe "auch aus dem Kartenmaterial der Jahre 1931 und 1948 die Ungeeignetheit des Standorts klar hervor". Man beruft sich auf Überschwemmungen in dieser Zeit, diese seien daher dort "nicht unüblich".

Zum Schluss bitten die Anwälte der Bürgerinitiative die Marktgemeinde um die Übersendung der Stellungnahmen, insbesondere von der Münchner Kanzlei, die den Markt beraten hat, der Rechtsaufsichtsbehörde, des Bayerischen Gemeindetags sowie des Gutachtenergebnisses der Bodenuntersuchungen - spätestens bis zum 15. Oktober.

Nun ist wieder die Marktgemeinde am Zug. Bürgermeister Franken erklärt dazu, dass geprüft werden müsse, welche Unterlagen und Stellungnahmen herausgegeben werden können oder nicht herausgegeben werden. "Wir haben nichts zu verheimlichen", betont der Rathauschef. "Der Gemeinderat hat mehrheitlich beschlossen, das Bürgerbegehren zuzulassen. Ich gehe davon aus, dass wir rechtlich alles richtig gemacht haben."

So wird mit Spannung - nicht nur in der Marktgemeinde Reichertshofen - die Abstimmung am 25. November erwartet werden. Ginge es nach Michael Ende, wäre die Geschichte auch dann noch nicht zu Ende.