Pfaffenhofen
Aus der Krankheit zurück ins Leben finden

Experten und Teilnehmer begeistert von Malkurs für Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben

09.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:55 Uhr
In fröhlicher Runde mit den Teilnehmern machten sich Dr. Peter Grein (1.v.l.) und seine Unterstützer vom Lions Club, vom Bündnis für Familie und der vhs im Wortsinn "ein Bild" vom neu initiierten Malkurs für Schlaganfallpatienten unter der Leitung von Nathalie Ponsot (6. von links). −Foto: Zurek

Pfaffenhofen (PK) Was sich bescheiden "Malen für Menschen nach einem Schlaganfall" nennt, ist ein von Experten und Teilnehmern hoch gelobtes Projekt. Gemeinsam mit der vhs beschreitet das Bündnis für Familie im Landkreis Pfaffenhofen damit neue Wege zur Inklusion in der Erwachsenenbildung.

Initiator des Projektes ist Dr. Peter Grein, Chefarzt der Neurologie, Schlaganfallmedizin und Akutgeriatrie an der Ilmtalklinik. Der Mediziner begründet seinen Vorstoß mit den "sehr, sehr guten Erfahrungen", die man in München mit solchen Malkursen gemacht hat. Und das nicht nur, was die Linderung körperlicher Symptome angeht. "Die psychosoziale Bedeutung ist enorm" sagt er. Oft seien Menschen "nach der erschütternden Erfahrung der eigenen Verwundbarkeit" seelisch beeinträchtigt, manche würden depressiv. "Dank der kreativen Tätigkeit entdecken sie oft ganz neue Seiten an sich", so der Experte, der in der Folge ein wachsendes Selbstbewusstsein und ein Plus an Lebensfreude beobachtet. Dass die Idee, die er zunächst Sonja Preller vom Bündnis für Familie vorgestellt hatte, "so positiv aufgenommen und von allen Seiten unterstützt wurde", freut den Mediziner.

Preller war im von Thomas Dlugosch geleiteten Arbeitskreis "Inklusion, Pflege und Behinderung", in dem sie mitwirkt, auf offene Ohren gestoßen. "Hellauf begeistert" zeigte sich auch die Koordinatorin des Bündis für Familie, Luitgard Starzer. Doch brauchte es noch einen Kooperationspartner und vor allem: Geld. Ersteren fand man in Gestalt der Volkshochschule. Zweiteres steuerte der Lions Club Pfaffenhofen/Hallertau mit einer Spende in Höhe von 1200 Euro bei.

Man sei bei der vhs "gern in das Projekt mit eingestiegen", betont Geschäftsführer Peter Sauer. Das Thema Inklusion gewinne auch in der Erwachsenenbildung an Bedeutung und dem wolle man zukünftig beim Programmangebot Rechnung tragen. Für den Malkurs hat die vhs die organisatorischen Rahmenbedingungen geschaffen und die finanzielle Abwicklung übernommen. Dass Franz Schreyer vom Verein "Hilfe für das behindert Kind" sofort bereit war, Räumlichkeiten in der Anna Kittenbacher Schule zur Verfügung zu stellen, dafür sei er "sehr dankbar", so Sauer.

"Es ist uns ein besonderes Anliegen, Menschen dabei zu helfen, aus der Krankheit ins Leben zu finden", erklärt der Präsident des örtlichen Lions Club, Tobias Moosmayr, das finanzielle Engagement seines Vereines, der unterschiedliche lokale Projekte fördert.

Zum Ortstermin haben sich alle Mitstreiter im Heilpädagogischen Zentrum eingefunden. "Holzwurm" steht über der Tür und weist den Weg zur Werkstatt. Nathalie Ponsot, die für die Kursleitung verantwortliche Künstlerin, ist gerade dabei, die Werkbänke mit großen Plastiktischdecken gegen eventuelle Farbkleckse zu schützen. Kaum sind Pinsel, Farben, Stifte und Leinwände verteilt, trudeln gut gelaunt acht der neun "Schüler" ein. Sie kennen sich von der Schlaganfall-Selbsthilfegruppe her und sprechen ganz offen über Sprachstörungen, "lahme Hände" und andere Beschwerden. Und machen sich ungeachtet ihrer Handicaps an die Vollendung der großformatigen Bilder, die sie in der Woche zuvor zum Thema "Der kleine Prinz" begonnen haben. Ganz unterschiedlich interpretieren sie die Geschichte, stellen teilweise Zitate dazu. "Ich mal noch ne Bank, weil ich ohne ja nicht auskomm", meint eine Dame mit einer Prise schwarzem Humor.

Die Besucher sind ebenso beeindruckt von der Ausdruckskraft der Maler, wie ihre Lehrerin, die hier sonst stundenweise Schulkinder unterrichtet. Ponsot freut sich über "die enorme positive Dynamik in der Gruppe". Und was sagen die Teilnehmer? Brigitte Ehrmayr aus Pfaffenhofen ist begeistert. "Mir hilft das Malen unwahrscheinlich beim Runterkommen und ruhiger werden", sagt sie. Arnold Stolz aus Tegernbach gefällt es "extrem gut" in der Runde. "Wenn's weiter geht, bin ich dabei!" beteuert er, wie alle anderen.

Sozialpädagogin Hiltrud Leber vom Beratungszentrum "Zamor e.V.", die sowohl im Bündnis für Familie als auch in der Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Pfaffenhofen aktiv ist, hofft "wegen der vielen förderlichen Aspekte" ebenso wie die Teilnehmer auf eine dauerhafte Fortsetzung des Malkurses. "Das hängt davon ab, ob wir wieder ausreichend Unterstützung erhalten", verweist Starzer auf den "Knackpunkt". Mit einer Spende von 500 Euro seitens der Raiffeisenbank Pfaffenhofen ist der Anfang gemacht. Soll der Kurs für die Teilnehmer (die bisher einen Eigenanteil von 25 Euro für sechs Kurseinheiten à zwei Stunden tragen) erschwinglich bleiben, braucht es jedoch mehr Zuschüsse.

"Ist die Finanzierung gesichert, wollen wir das Angebot ausweiten", blickt Starzer in die Zukunft. Ziel sei es, zwei Mal jährlich einen für alle Menschen mit neurologischen Ausfallerscheinungen-also neben Schlaganfallpatienten auch solche mit Multipler Sklerose, Parkinson, degenerativen Muskelerkrankungen oder leichter Demenz - anbieten zu können.

Maggie Zurek