Geisenfeld
Auf einer Wellenlänge mit Südafrika

Austauschjahr in der Holledau: Jané und Mia erkennen viele Gemeinsamkeiten mit Annika und Elena

17.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:40 Uhr
Freunde geworden über Kontinente hinweg dank Schüleraustausch sind Jané, Elena, Annika und Mia. −Foto: Zurek

Geisenfeld/Niederscheyern (PK) Der erste Schneefall dieses Winters im Landkreis ist für Jané und Mia ein Grund zum Jubeln gewesen. Die beiden Austauschschülerinnen kommen aus Südafrika und der weiße Zucker über den Feldern und Wäldern blieb nicht die einzige Überraschung in einer für sie fremden Kultur.

Jané saß gerade am Esstisch, als draußen die ersten Flocken am Fenster vorbeischwebten. "Ich war so aufgeregt, ich bin gleich rausgestürmt, um ein Foto zu machen", verrät die 17-Jährige. Sechs Wochen lang wohnte sie bei Familie Schmidt in Geisenfeld und besuchte mit deren Tochter Elena die FOS in Scheyern. Auch ihre Altersgenossin, die in Niederscheyern bei den Wiecks von Ende November bis Anfang Januar ein zeitweiliges Zuhause fand, war begeistert. In Cape Town in Südafrika, wo sie herkommt, sehe man zwar die schneebedeckten Gipfel der umgebenden Berge, "aber da kommt man ja nicht rauf". Und was ist mit der Kälte? "Ich war irgendwie gar nicht richtig angezogen für das Wetter, verrät Jané, für die die Minustemperaturen bei ihrer Ankunft am Flughafen Frankfurt wie ein "Schock" wirkten. Schließlich herrschten im heimischen Pretoria "wohlige 35 Grad".

Ihre Landsfrau, die sie erst im Zug nach Ingolstadt kennen gelernt hat, sieht das anders. "Ich bin froh, dem heißen Sommer entkommen zu sein", meint diese lachend. Gerade im südwestlich gelegenen Kapstadt hatte man heuer mit den Folgen der extremen Trockenheit zu kämpfen. Rasensprengen war verboten und es galt "Maximal zwei Minuten Duschen am Tag und kein Wasser im Pool nachfüllen", sagt Mia.

Doch was hat die beiden Schülerinnen überhaupt bewogen, im Rahmen des 1996 ins Leben gerufenen Austauschprogrammes FSA (Friends of South Africa) nach Deutschland zu kommen? "Meine Lehrerin hat für die Organisation geworben", erklärt Jané. Ebenso wie Mia, die vorübergehend mit ihrer "Gastschwester" Annika die Schulbank auf dem Gnadenthal-Gymnasium in Ingolstadt drückte, möchte sie ihre Deutschkenntnisse aufmöbeln. Ihre Muttersprache ist Afrikaans, Englisch haben sie früh in der Schule gelernt und vor vier Jahren kam Deutsch dazu.

"Wir haben in der Zeitung gelesen, dass die FSA noch Gastfamilien sucht und fanden die Idee, jemanden aufzunehmen, gut", erzählt Elena. Gemeinsam mit den Eltern waren sie gespannt auf die neue Erfahrung und bereut haben sie das nicht. "Wir haben uns richtig angefreundet", sagt Annika und auch Elena möchte die Zeit mit Jané "nicht missen". Gemeinsam mit ihren Gästen haben sie Ausflüge zum Wandern unternommen, München unsicher gemacht und Feste gefeiert. "Weihnachten ist hier viel familiärer und traditionsreicher als bei uns", zieht Mia, für die ihre Gastfamilie am 24. Dezember eine "coole Party" zum 17. Geburtstag ausrichtete, einen weiteren Vergleich.

Auch Silvester sei anders. "Feuerwerke darf man bei uns nur an ganz bestimmten Orten zünden, sie sind eher verpönt", so Jané. Man wolle die Luft nicht verschmutzen und die Tiere nicht verschrecken, argumentiert sie. Lächeln mussten die Schülerinnen, als sie auf Twitter von etlichen der bundesweit derzeit rund 100 FSA-Schülern lasen, dass auch sie in der Silvesternacht Raclette genossen. "Bayerischer Döner" sei aber neben Leberkas und Pfannkuchen ihr Favorit, meinen die zwei Wahl-Holledauerinnen. Erstaunt haben sie die Mengen an Brot und Käse, die man hier isst. "Bei uns gibt es mehr Fleisch und viel Kartoffeln."

Zu Hause besuchen beide eine höhere Mädchenschule und so finden sie es "lustig", dass hierzulande Buben mit im Klassenzimmer sitzen. Überhaupt gehe es "viel lockerer zu", meint Mia. Der Umgang der Lehrer mit den Schülern sei weniger formell und die Atmosphäre regelrecht "gemütlich". Sie seien ein "strenges Regime" gewöhnt, das auch das Tragen einer tadellosen Schuluniform beinhalte. In einer Hinsicht gehe es daheim indes etwas entspannter zu. "Wir werden nicht so häufig abgefragt und es gibt auch nicht so viele Prüfungen", erzählt Jané. Ein "big thing" sei für sie der Sport, verraten die beiden. "Am sportlichen Erfolg ihrer Mannschaften macht sich das Image einer Schule fest", so die passionierte Hockeyspielerin Mia. Doch gibt es auch Gemeinsamkeiten. "Wir hören überraschenderweise gerne die gleiche Musik", verrät Elena.

Alle vier Teenagerinnen bewerten die gemeinsame Zeit als Bereicherung. "Ich würde jedem einen solchen Austausch empfehlen, weil die Erfahrung anderer Kulturen interessant ist und auch die Persönlichkeit irgendwie wächst", sagt Jané und erntet zustimmendes Nicken. Sie habe sich pudelwohl gefühlt und nur einmal "ganz kurz" Heimweh gehabt, betont sie. Und Mia geht soweit, zu bekunden: "Ich würde am liebsten gleich hier bleiben." Nach der Schule hat sie vor, in Deutschland Veterinärmedizin zu studieren. Dass sie und Mia auch sprachlich enorme Fortschritte gemacht haben, bestätigen ihre Begleiterinnen. Wenn sie Missverständnisse vermeiden wollen, weichen sie allerdings sicherheitshalber noch ins Englische aus.

Und wie steht es mit dem Gegenbesuch? Der sei "fest eingeplant", beteuern Annika und Elena unisono. Allerdings wollen sie ihre neu gewonnenen Freundinnen ganz privat besuchen, ohne schulische Verpflichtungen. Die eine noch heuer, die andere im nächsten Jahr. Südafrika sei ein wunderschönes Land, in dem man "sicher und gut leben könne", werben ihre zukünftigen Gastgeber. Ihr Wunsch: "Dass viel mehr Schüler sich auf einen Austausch einlassen und so helfen, gegenseitige Vorurteile abzubauen - ganz wie es die Philosophie von FSA ist".

Maggie Zurek