Pfaffenhofen
Alles reine Knopfsache

Kunterbunte Rundlinge sind ihr Hobby: Alexandra Fischbacher ist der Kopf hinter den Knöpfen

12.12.2018 | Stand 25.10.2023, 10:23 Uhr
Kleine, kunterbunte Knopfmeisterwerke entstehen mit etwas Geschick und ein paar Meter Faden in einer Viertelstunde. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Viel braucht man nicht: einen kleinen Alu-Ring oder ein gelochtes rundes Holzscheibchen, daumennagelgroß, und etwa fünf Meter buntes Garn. Das war's. Aber was Alexandra Fischbacher daraus macht, das ist ein kleines farbenfrohes Kunstwerk. Die 41-Jährige ist Knopfmacherin.

Sie stellt etwas her, mit dem viele als Kinder bei der Oma am liebsten gespielt haben: Was für eine Wonne, in Großmutters Knopfkiste wühlen zu dürfen. Diese Kindheitserinnerungen werden wohl wach, vermutet Alexandra Fischbacher, wenn auf einer Dult Besucher ihren Stand entdecken, wie entrückt "fast stundenlang" ihre Schätze zwischen den Fingern drehen und dann für ein paar Euro ein Stück Kindheit mit nach Hause nehmen. Denn ganz ehrlich: "Meine Knöpfe", weiß die gebürtige Pfaffenhofenerin, "braucht man nicht. Die Leute wollen sie einfach haben, weil sie so schön bunt sind. Es gibt irre viele Knopfsammler."

Für die ist ihr Sortiment eine wahre Fundgrube. Hundert verschiedene Muster hat sie im Angebot, alle haben einen historischen Hintergrund. Wie etwa der Ottobeurer Posamentenknopf mit Kreuzmuster in vier Farben, der früher einmal die dortige Tracht verziert hat. Dann gibt's da noch Zwirnknöpfe, den Sternknopf, das viktorianische und das Wagenrad-Muster, die meisten in 17 Größen von zehn bis 37 Millimeter Durchmesser. Üblicherweise werden Knöpfe für Hosen, Jacken, Hemden oder Bettwäsche gebraucht. Dafür aber sind ihre viel zu schade. Jeder dieser Rundlinge ist ein Unikat, kunstvoll und im wahrsten Sinn des Wortes mit viel Fingerspitzengefühl hergestellt. Einen Einblick gibt es auch auf Fischbachers Homepage www.knopfsachen.de .

Vor sechs Jahren hat Alexandra Fischbacher, gelernte Hotelfachfrau, dieses Hobby für sich entdeckt und mit wachsender Begeisterung geknöpfelt. Im Gegensatz zum geräuschvollen Stricken - klickklickklick -, was andere Familienmitglieder beispielsweise am Sonntagabend beim "Tatort" stört, ist Knopfmachen akustisch absolut emissionsfrei. Und dennoch nicht ganz konfliktlos. "Nach drei Jahren", erinnert sich Fischbacher, "sagte mein Mann, irgendwas müsse jetzt mit meinen Knöpfen passieren. Denn egal, wo er reinschaue, überall lägen meine Knöpfe." Der Ausweg: Verkaufen. Vom Interesse der potentiellen Käufer war sie selbst überrascht.

Inzwischen bietet sie auch Kurse an. Die können vier Stunden dauern - wem das zu lang ist, der kann auch schon nach einem einstündigen "Crash-Kurs" seinen ersten Zwirnknopf herstellen. Und das kann jeder lernen? "Mein Mann hat's versucht", sagt die Knopffrau, "aber nach dreimal Wickeln hat er entnervt aufgegeben." Das naseweise Töchterchen, die fünfjährige Emma, weiß auch warum: "Papa hat zu große Hände." Was für ihn kein Nachteil ist: Martin Fischbacher ist Gerüstbauer. Er hat mit seiner Frau in Langenwiesen hinter Göbelsbach einen Hof gekauft, der groß genug ist, um sein tonnenschweres Material unterzubringen.

Wer einmal versucht hat, eine runde Torte für den Kaffeeklatsch in gleich große Stücke zu teilen, erahnt die Kunstfertigkeit von Alexandra Fischbacher. Sie nimmt einen Alu-Ring von zwei Zentimetern Durchmesser und baut mit gelbem Häkelgarn das "Grundgerüst" auf: Der Rohling wird 18-mal umwickelt, bis er aussieht wie ein Rad mit 36 Speichen in identischen Abständen. Wie sie das so exakt hinbekommt? "Erfahrung und Routine", sagt die Knopfmacherin bescheiden. Das Grundgerüst, die "Speichenabstände", wird dann ausgestickt, je nach Muster ist die Grundfarbe nicht mehr zu sehen. Nach einer knappen Viertelstunde sind fünf Meter Garn verarbeitet, der Knopf ist fertig. Und wozu dient er jetzt? Klar, man könnte ein paar identische Knöpfe an eine selbstgefertigte Strickjacke nähen. Am Schliersee, sagt Fischbacher, gibt es einen Strickladen, der ihr regelmäßig Knöpfe in Auftrag gibt und die dann gemeinsam mit Wolle und Anleitung als Strickpaket verkauft. Die meisten Stücke allerdings wandern entweder in die Knopfschachteln von Sammlern oder sie werden als Schmuckstücke getragen. Fischbacher setzt Knöpfe auf Ringe, hängt sie an ein Halsband oder verarbeitet sie zu Broschen oder Ohrringen.

Ihre Urgroßmutter, erzählt die Knopfmacherin, hätte da nur verständnislos den Kopf geschüttelt. Wie kann man sich bloß einen Wäscheknopf um den Hals hängen? Denn was die Urenkelin heute fabriziert, das war damals ein üblicher Alltagsgegenstand, allerdings wegen des Aufwands schon etwas Besonderes: Knöpfe gehörten damals zur Aussteuer, sie wurden noch nicht hundertausendfach von Industriemaschinen ausgespuckt, sondern in Handarbeit hergestellt. Bunte waren allerdings nicht angesagt: Es gab weiße für Hemden, Blusen und Bettwäsche, und schwarze etwa fürs Brautkleid, das später auch an Festtagen getragen wurde. Beim Waschen trennte man die Knöpfe ab - das Rubbelbrett hätten sie nicht überlebt, weil die "Rohlinge" damals noch aus Bein, also Knochenmaterial, bestanden.

Mit ihren Knöpfen ist Alexandra Fischbacher schon weit gereist: Zu Künstlermärkten bis in die Schweiz, in diesen Tagen zu einer Ausstellung in Köln. Wer zehn Tage vor den Feiertagen noch ein Geschenk sucht, wird da sicher fündig. Und die Knopfmacherin selbst? Wer so schöne Sachen herstellen kann, tut sich mit Weihnachtsgeschenken doch sicher nicht schwer, oder? "Ich verschenke keine Knöpfe", sagt Fischbacher bestimmt. Denn bis auf Mama, für sie hat sie mal dezente Knopf-Ohrringe hergestellt hat, halte sich die Knopfliebe der Verwandtschaft in engen Grenzen.

Albert Herchenbach