Pfaffenhofen
Abgehängt

In einer Studie zum ÖPNV landet der Landkreis Pfaffenhofen auf einem der letzten Plätze

06.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:18 Uhr
Stadt-Land-Gefälle: Durch die Stadtbuslinien und den Bahnhof ist die Stadt Pfaffenhofen mit ÖPNV-Haltestellen gut versorgt. In Teilen des restlichen Landkreises sieht das allerdings laut einer Studie der Allianz pro Schiene anders aus. −Foto: Csapó

Pfaffenhofen (PK) Was die Platzierung in Rankings angeht, ist der Landkreis Pfaffenhofen erfolgsverwöhnt. Im Focus-Money-Ranking der wirtschaftsstärksten Regionen landete Pfaffenhofen im Dezember 2018 auf Rang zwei, bei einer Studie zur demografischen Lage der Nation spielt der Kreis ebenso in der Spitzengruppe mit: Platz 17 unter 401 Kreisen und kreisfreien Städten kam im April 2019 heraus. Ganz anders sieht es beim öffentlichen Nahverkehr aus. Bei einer Studie der Allianz pro Schiene zur Erreichbarkeit von Bus- oder Bahnhaltestellen landet Pfaffenhofen unter den letzten zehn. Nur acht der 401 Kreise und kreisfreien Städte stehen noch schlechter da als Pfaffenhofen. Die Allianz pro Schiene ist ein Zusammenschluss aus Verbänden und Unternehmen aus der gesamten Eisenbahnbranche. Ihre Motivation ist die Förderung und Verbesserung des Schienenverkehrs in Deutschland. Das Ranking beruht auf offiziellen Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Einer breiteren Öffentlichkeit hat die Studie im Landkreis Pfafenhofen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek zugänglich gemacht. Er wohnt in Wolnzach und spricht von "ernüchternden Zahlen" für den Landkreis. In Pfaffenhofen wohnt nicht einmal jeder zweite Einwohner höchstens 600 Meter Luftlinie von der nächsten Haltestelle oder höchstens 1200 Meter vom nächsten Bahnhof mit jeweils mindestens 20 Fahrtmöglichkeiten am Tag entfernt. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, gilt die Erreichbarkeit nach den Standards des BBSR als zumindest ausreichend.

"Es ist in Bayern über Jahrzehnte autogerecht geplant worden", sagt Janecek zu den Ursachen. Dieses schlechte Ergebnis habe sicher auch mit bahnpolitischen Fehlern der Vergangenheit zu tun. Der Betrieb auf der Hallertaubahn von Rohrbach über Wolnzach nach Mainburg wurde eingestellt, die Strecke größtenteils stillgelegt, genauso wie die Strecke nach Geisenfeld, schreibt er. Auch der Bahnhof Manching an der Strecke nach Regensburg wird seit Jahrzehnten nicht mehr bedient.

In dem Erreichbarkeits-Ranking liegen die fünf Landkreise mit dem schlechtesten Ergebnis alle in Bayern. Der Freistaat nimmt im bundesweiten Vergleich der Flächenländer den vorletzten Platz ein und lässt nur Mecklenburg-Vorpommern hinter sich. "Gerade im Freistaat Bayern sind die Menschen in vielen Regionen auf erschreckende Weise abgehängt vom öffentlichen Verkehr. Von der Vorbildfunktion, die Bayern gerne für sich in Anspruch nimmt, ist hier nichts zu sehen", erklärt Dirk Flege von der Allianz pro Schiene in einer Pressemitteilung.

"Es wäre wichtig, ein Bussystem einzuführen, um die Pendler zu versorgen", sagt Janecek. Außerdem träumt er vom Aufbau eines Fahrdienstnetzes wie es auch der Konzern Uber plant. - allerdings ohne Beteiligung der Amerikaner. Kommunale und private Anbieter sollten laut Janecek zusammenarbeiten, um die Landkreisbewohner an die Bahnhöfe anzubinden. In einem Flächenlandkreis wie Pfaffenhofen gehe es darum, Verbindungen zwischen den einzelnen Bahnhöfen zu schaffen. "Dann hätten die Leute die Möglichkeit auf ein Zweitauto zu verzichten. Man muss politischen Druck erzeugen."

Beim Schienennahverkehr sind laut Flege insbesondere die Landesregierungen und beim Busverkehr die Landkreise gefordert. Die Allianz pro Schiene sieht aber auch den Bund in der Pflicht, die Länder und Kreise stärker zu unterstützen. Das Verkehrsbündnis bekräftigte seine Forderung an den Bund, mit einem eigenen Programm die Reaktivierung stillgelegter Schienenstrecken zu unterstützen.

Laut Landrat Martin Wolf (CSU) beschäftigt sich der Landkreis Pfaffenhofen intensiv mit dem Thema Mobilität im ländlichen Raum. Ein Planungsbüro soll laut Kreistagsbeschluss ein Mobilitätsgutachten und zugleich einen Nahverkehrsplan für den Landkreis erstellen. Die Ausschreibung soll laut Wolf innerhalb der nächsten Wochen erfolgen.

Im Anschluss gehe es darum, zusammen mit den Gemeinden die notwendigen Schlüsse zu ziehen, um die Verkehrsanbindung der Landkreisbürger an die öffentlichen Verkehrsmittel deutlich zu verbessern, so Wolf. Außerdem soll eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Baar-Ebenhausens Bürgermeister Ludwig Wayand (CSU) konkrete Verbesserungen erörtern.

"Parallel dazu arbeitet der Landkreis Pfaffenhofen zusammen mit der Stadt Ingolstadt, den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Eichstätt, der IHK und der Audi AG innerhalb der Region 10 aktiv am Standort-Infrastrukturkreis mit, welcher sich ausgiebig mit der Nahverkehrsanbindung der Bürgerinnen und Bürger der Region 10 beschäftigt", erklärt Wolf. "Der wesentlichste Schwerpunkt liegt hier an einer Optimierung des Ausbaus der Schieneninfrastruktur."

Für Dieter Janecek ist der Ausbau der Radinfrastruktur ein weiterere wichtiger Punkt. "Mit einem E-Bike können auch Ältere 15 bis 20 Kilometer zurücklegen." Damit das funktioniert, müssten aber Radlwege gebaut und Gefahrenstellen beseitigt werden. "Bislang werden Autos im Straßenverkehr bevorzugt. Es ist Zeit, das zu ändern."

Severin Straßer