Vorwürfe gegen Goldix-Inhaber

11.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:41 Uhr

Als letzter Geschäftsführer meldete Johannes Boecker Insolvenz für das Goldixwerk an.

Neuburg (DK) Auf eine Anzeige der IG Metall hin ermittelt die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen den früheren Inhaber und Geschäftsführer der Textilfirma Goldix in Neuburg, Johannes Boecker (33). Der Verdacht lautet auf Betrug zu Lasten der früheren Arbeitnehmer.

Die Unternehmerfamilie hat nach Angaben des heute 64-jährigen Prokuristen "die Neuburger Firma systematisch ausbluten lassen". Er war zwölf Jahre lang kaufmännischer Chef bei Goldix Neuburg. Im Herbst 2003 hätten Seniorchef Bernward Boecker und sein Sohn Clemens (32) große Barmittel aus dem Betrieb abgezogen.

"Ich musste innerhalb weniger Wochen Beträge zwischen 100 000 und einer Million Euro auf mir unbekannte Konten überweisen", berichtet der Prokurist. Bis Jahresende 2003 seien etwa fünf Millionen Euro aus dem Unternehmen herausgenommen worden. Clemens habe zeitweise mit Blankoschecks große Summen von der Bank abgehoben.

Der Prokurist wollte an einem Freitag ein ernstes Wort mit dem Seniorchef reden. Am darauffolgenden Montag sei er mit Sohn und Anwalt in sein Büro gekommen und habe ihm fristlos gekündigt: "Ich musste sofort meinen Schreibtisch räumen und gehen".

Der 64-Jährige klagte vor dem Arbeitsgericht und holte eine Abfindung heraus. Verbittert ist er heute noch über die Fahrlässigkeit, mit der das einst stolze Mode-Imperium Goldix mit fast 30 Einzelhandelsgeschäften kaputt gemacht worden sei. Was die Produktion in Neuburg betreffe, sei es "vorhersehbar gewesen, dass durch die unrechtmäßige Entnahme von Betriebskapital die Firma zugrunde geht". Das Unternehmen sei immer liquide gewesen, habe Ende 2003 noch 42 Millionen Euro Umsatz und 160 Mitarbeiter verzeichnet. Man hätte auch mit weniger Umsatz komfortabel auskommen können.

Im Laufe des Jahres 2004 verließen weitere Führungskräfte freiwillig den Neuburger Betrieb, darunter Geschäftsführer Dieter van Behren (67), der heute in Minden lebt. Clemens und Johannes Boecker führten die Firma alleine, denn zeitweise sollen sie ihrem Vater Bernward Hausverbot erteilt haben. Clemens ging nach Südamerika, sein älterer Bruder Johannes blieb als alleiniger Geschäftsführer zurück. Für den von ihnen hinausgeworfenen 64-jährigen Prokuristen steht fest: "Wenn die beiden Söhne nicht gekommen wären und das Geld in der Firma geblieben wäre, dann würde Goldix heute noch genausogut dastehen wie damals". Mittlerweile reißen Bagger die letzten Betriebsgebäude an der Franz-Boecker-Straße ab. Ein Supermarkt (Netto) und ein Altenpflegeheim wachsen in die Höhe. Wie berichtet, verwertet eine Gruppe um den Bauunternehmer Hans Mayr das frühere Goldix-Gelände. Im letzten verbliebenen Firmengebäude findet sich niemand mehr. Die Insolvenzverwalter versuchen die Überbleibsel zu veräußern. Im Herbst wird es eine Verhandlung vor dem Insolvenzgericht Ingolstadt geben.

IG Metall-Sekretär Erich Seehars (Ingolstadt) hat mittlerweile Strafanzeige gegen Johannes Boecker erstattet. Der letzte Geschäftsführer soll Beiträge von Arbeitnehmern zu vermögenswirksamen Leistungen vom Lohn einbehalten, aber nicht an die Empfänger (etwa Bausparkassen) überwiesen haben. Es handle sich zwar nur um einige tausend Euro, so der Gewerkschafter, "aber uns geht es hier ums Prinzip".

Auch Erich Seehars hat die Goldix-Pleite lange Zeit nicht verstanden: "Der Betrieb hätte nicht den Bach heruntergehen dürfen". Die Geldentnahme von 2003 mache aber einiges klar. Bedauerlich sei, dass die Initiative zweier Abteilungsleiter im Juni 2008 gescheitert sei. Sie hätten mit 15 bis 20 Kräften Goldix in Eigenregie weiterführen wollen. Dann erfuhren sie kurz vor der Firmengründung, dass der Markenname gerade an Kemper in Krefeld verkauft worden war. "Unglaublich, wie man das letzte Faustpfand so verscheppern kann", ärgern sich die Gewerkschafter. Wenigstens eine gute Nachricht gibt es: Die Goldix-Rentner haben jetzt vom Pensionssicherungsverein Köln die Nachricht erhalten, dass ihre kleinen Betriebsrenten nach- und weitergezahlt würden.