Keine Gemeinsamkeiten

04.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:32 Uhr

Zu "Seehofer erzählt seine Version" (DK vom 1. Oktober):Der Wahlkampfauftritt von Horst Seehofer darf getrost als Wertung der CSUler im Landkreis über seine Arbeit als direkt gewählter Landtagsabgeordneter bezeichnet werden.

Ich war selbst nicht in Karlshuld, da ich dachte, dass der Saal mit Sicherheit überfüllt sein wird, selbst wenn nur die Vorstandsmitglieder der CSU-Ortsverbände und die CSU-Mandatsträger kommen würden. Aber nicht mal der engste Zirkel der CSU im Landkreis will sich offenbar noch mit Seehofer zeigen. Auch auf den fünf CSU-Veranstaltungen die ich besucht habe, waren CSU-Mandatsträger äußerst spärlich vertreten.

Sie haben offenbar vergessen, was Seehofer 35 Jahre für unsere Heimat geleistet hat. Für die letzten zwei Jahre, die wahrlich nicht optimal gelaufen sind, wurde er nun von den engsten Freunden mit Missachtung abgestraft.

Warum hat man Seehofer nicht auf das Problem mit der massiv gestiegenen Prämie der Haftpflichtversicherung für Hebammen hingewiesen, was augenscheinlich der Grund ist, dass mittlerweile die Zahl der Hebammen deutlich zurückgeht. Auch die finanziellen Probleme der kleinen Krankenhäuser hätte Seehofer in Berlin bei den Koalitionsverhandlungen beseitigen können, wenn er davon gewusst hätte.

Erschreckend ist für mich aber auch, mit welchen Leuten nun die CSU auf den Wahlversammlungen zu punkten versucht. Beim politischen Frühschoppen beim Hochzeitsfest in Ehekirchen versprach Alexander Dobrint, dass der Soli abgeschafft wird, da man den Leistungsträgern unserer Gesellschaft einen Teil der derzeitigen Überschüsse der öffentlichen Hand zurückgeben will. Dass er vor fünf Jahren die baldige Einführung der "Ausländer-Maut" versprochen hat, ist schon vergessen. Schlimmer ist jedoch, dass er nicht wissen will, warum die öffentlichen Haushalte momentan Überschüsse erwirtschaften: Wegen der Nullzinspolitik, durch welche breite Schichten der Bevölkerung derzeit einen Wertverlust ihrer Ersparnisse hinnehmen müssen, sparen sich die öffentlichen Haushalte bei 2000 Milliarden Schulden etwa 50 Milliarden Euro jährlich an Ausgaben. Die Überschüsse in der Krankenversicherung entstehen hauptsächlich durch die nachträglich beschlossenen Krankenkassenbeiträge auf die Auszahlung von Direktversicherungen, was eine große Anzahl von Rentnern betrifft.

Warum man aber den CSU-Europaabgeordneten Albert Deß zu einer Veranstaltung in Habertshausen eingeladen hat, verstehe ich nicht. Allein dass Deß vor zwei Jahren nach den Terroranschlägen in Brüssel auf Facebook gepostet hat: "Nicht alle Moslems sind Terroristen, aber alle Terroristen sind Moslems", disqualifiziert ihn in meinen Augen für alle politischen Mandate. Seine am vergangenen Samstag beim CSU-Hofgespräch dargelegte Überzeugung, dass es derzeit keinen Klimawandel gibt, kennt man sonst nur von den Herren Trump und Gauland. Bei seiner Kritik über die Verwässerung der guten Beschlüsse bezüglich der Landwirtschaft im Europaparlament durch die Mitgliedsstaaten zielte Deß hauptsächlich auf Berlin, wo die Landwirtschaftspolitik in den vergangenen zwölf Jahren von der CSU (einschließlich der Landwirtschaftsminister Seehofer und Aigner) verantwortet wurde.

Ich habe den Eindruck, dass es in der CSU keine großen Gemeinsamkeiten mehr gibt, da jeder nur noch schaut, selbst gut da zu stehen. Da spielt es offenbar keine Rolle mehr, dass sich Horst Seehofer seit 1980 für die Region regelrecht aufgeopfert hat, auch wenn er die letzten Jahre etwas überfordert wirkt.

Martin Kappelmaier,

Gachenbach