Freiraum und Sensibilisierung des Geistes

10.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:06 Uhr

Zum Artikel "Zwingend nötig oder Geldverschwendung?

" vom 7./8. Juli:

Wirklich sehr erfreulich, wie die Mehrheit des Ausschusses für die "Kunst am Bau" plädierte. Die Diskussion war ein wichtiger Schritt für ein weiteres Gelingen. Die Gegenargumente sind sehr oft die gleichen Ängste: "Wir müssen sparen und die Architektur ist doch schon die Kunst, die man auch versteht. " Bildende Kunst ist aber nicht einfach ein "draufgesetztes" Luxus-Schmankerl, sondern sie ist ein Teil des Ganzen und sollte eigentlich von Beginn an, bevorzugt gleich vom Architekturbüro, als Teil der Baumaßnahmen eingeplant werden - dann gäbe es weniger Diskussion um diese Ausgaben. Denn der Logik der Kritiker folgend, hätten unsere katholischen Kirchen keine Altarbilder und Skulpturen, die Museen keine Inhalte und jede öffentliche Behörde weiße Wände oder ein profanes, nichtssagendes Entree. Selbst der Bundesnachrichtendienst oder die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin verzichten nicht auf Kunst am Bau. Architekturbüros stehen aber häufig selbst unter hohen Kostendruck, sodass Kunst am Bau zweitrangig behandelt wird oder sehr unbemerkt und ohne Ausschreibung, oft mit fragwürdigen Ergebnissen, in die Kalkulation einfließt. Sicher ist Architektur Kunst, aber der Neubau der Realschule wird sicher kein Vergleich zum Jüdischen Museum in Berlin oder zur BMW Welt in München - die Architektur der Realschule ist angewandte Kunst, deren gestalterische Absicht ganz anderen Zwecken dient. Schülerinnen und Schüler werden sicher nicht durch das Betrachten der schönen Wände oder des gelungenen Treppenhauses für eine Wertediskussion sensibilisiert. Wenn hier also gespart wird, dann ist das meines Erachtens gleichzusetzen mit dem Einsparen von Schulbüchern. Über Kunst lässt sich sehr wohl streiten, und man kann nur hoffen, dass zukünftige Generationen durch Bildung und Reflexion über Kunst weiterhin keine Diskussionen scheuen. Denn Kunst schafft den nötigen geistigen Freiraum dafür und sensibilisiert für einen respektvollen Umgang miteinander. Ich persönlich bin aber jetzt sehr zuversichtlich, dass das Vorhaben "Kunst am Bau" am Neubau der Realschule auch nach der Landtagswahl ihre willigen Fürsprecher behält.

Stefan Wanzl-Lawrence

Neuburg