Ranis
Zum Jubiläum ein Sack Karotten

Wisentgehege in Thüringen feiert Zehnjähriges - Landrat Weigert trifft Ministerpräsident Ramelow

18.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:26 Uhr
Gelbe Rüben regnete es von der Besucherbrücke aus auf die Wisente. Anlass war das zehnjährige Bestehen des Geheges im thüringischen Ranis. Zu Gast war Ministerpräsident Bodo Ramelow und eine Delegation des Donaumoos-Zweckverbandes. −Foto: Frank

Ranis/Neuburg (DK) "Ein wunderbares Gemeinschaftsprojekt, europaweit und ohne Grenzen." Es ist Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der das Dienstagnachmittag in Ranis bei herrlichem Herbstwetter zwischen Burg Ranis und Schloss Brandenstein sagt. Anlass ist das zehnjährige Jubiläum des Wisent-Freilandgeheges mit nunmehr fünf Tieren.

Mit dabei beim runden Geburtstag sind auch Besucher vom Donaumoos-Zweckverband mit Landrat Roland Weigert an der Spitze. Der Saale-Orla-Kreis ist Partner von Neuburg-Schrobenhausen und über die Wisentzucht eng mit einander verzahnt. Erst vor wenigen Tagen sind ein junger Bulle und eine Kuh an die Thüringer abgegeben worden. Legendär war der eine Tonne schwere Bulle Nox, den die Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen als Betreiber des Geheges im Jahr 2008 aus dem Donaumoos erhalten hat. Er hat Nachkommen gezeugt, musste aber im Alter von 17 Jahren nach einer Beinfraktur eingeschläfert werden. Gesprächsstoff bietet er aber heute noch. Nun grast eine kleine Herde von fünf Tieren in dem beschaulichen Bachtal, das zwischen Wald und Hügeln eingebettet ist.

Der Besuch des Ministerpräsidenten kommt nicht von ungefähr. Bodo Ramelow (Linke) ist selbst Wisentpate. Der Bulle, für den er die Patenschaft übernommen hat - und auch bezahlt - heißt Bramelow und weidet inzwischen in Brandenburg. Zum Geburtstag brachte der 62-jährige gebürtige Niedersachse und ehemalige Gewerkschafter einen Sack Karotten für die Wildrinder mit. Der Ministerpräsident lobte in einer kenntnisreichen Rede die Entscheidung, die europäische Wisentzucht auf mehrere Inseln zu verteilen als gute und richtige Entscheidung, auch wenn die Idee noch vor einigen Jahren als verschroben und seltsam wahrgenommen worden sei. Ramelow plädierte für mehr Ökologie und eine Natur, die auch Rückzugsräume habe. Andererseits brauche man aber auch eine Landwirtschaft, die "ordentlich mit der Natur umgeht", und für ihre Produkte faire Preise erziele. In Zusammenhang mit der Wisentzucht dankte der Ministerpräsident auch dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen für die gute Zusammenarbeit. Dem schloss sich auch Anette Feike, die stellvertretende Landrätin des Saale-Orla-Kreises an. Sie sprach mit Blick auf die Topographie des Geheges und die kleine Herde von einem "tollen Naturerlebnis für alle Generationen".

Ein exzellenter Kenner der wilden Rinder ist Martin Görner, Leiter der Arbeitsgruppe Artenschutz Thüringen. Er erinnerte an die Anfänge des Geheges im Jahr 2008, als der Bulle Nox und eine Kuh nach Ranis kamen. In den folgenden zehn Jahren wurden 22 Wisente in dem idyllischen Bachtal mit einer Holzbrücke, die das Gehege überspannt, geboren, sind dort gestorben oder mussten der Herde entnommen werden. Görner freute sich über die beiden Neuerwerbungen aus dem Donaumoos. Eigentlich sollte der Bulle Donatello eine Weile von den Kühen getrennt bleiben. Das hat aber nicht geklappt. Die Natur verschaffte sich ihr Recht, Donatello demontierte einen Absperrbalken und grast nun gemeinsam mit den Damen. "Die Tiere haben das Gehege sehr gut angenommen", freute sich Görner.

In Thüringen wird die Wisentzucht wissenschaftlich begleitet. Unter anderem werden Antworten auf die Frage gesucht, wie sich Fauna und Flora durch die Wildrinder verändern. In Ranis lassen die Wiederkäuer dem Indischen Springkraut, einem unerwünschten Neophyten, und den Brennesseln keine Chance. Sie werden ratzekahl abgefressen, was wiederum Raum für heimische Wildpflanzen schafft. Bei den Vogelarten habe man, so Görner, eine enorme Zunahme an Individuen festgestellt. Auch Fledermäuse und Kleinsäuger haben Aufwind bekommen. Der Kot, den die Wisente fallen lassen, wird von Käferarten genutzt.

Abseits der Wissenschaft ist das Gehege, das Tag und Nacht ohne Eintritt frei zugänglich ist, Besuchermagnet und touristische Aufwertung. Sowohl die Stadt Ranis als auch die Kreissparkasse leisten finanzielle Hilfe. Letztere als verlässlicher Partner und Sponsor. Durch diese Hilfe konnte auch die Brücke über das Gehege errichtet werden. Zum Geburtstag erschien eine erkleckliche Anzahl von Besuchern. Manche spazieren fast täglich durch die Anlage.

Landrat Roland Weigert hatte die Fahrt zu dieser Jubiläumsfeier zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit Landrat Thomas Fügmann (CDU) in Schleiz genutzt. Als Gastgeschenk überreichte Weigert seinem Amtskollegen eine Zeichnung des Neuburger Künstlers Viktor Scheck - die natürlich Wildrinder aus dem Donaumoos zeigt. Die, so berichtete Weigert den Besuchern in Thüringen, sei überaus begehrt. So gab es in jüngerer Zeit Exporte nach Moskau, Innsbruck und in die rumänischen Karpaten.