Neuburg
"Wir haben viel aufzuholen"

Wegen vermehrter Zugausfälle: Bahnbetreiber Agilis stellt sich Fragen von Fahrgästen und Verband Pro Bahn

12.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:38 Uhr
Das Fahrgastinteresse hielt sich in Grenzen: Im familiären Kreis kamen Agilis-Vertriebs- und Marketing-Leiter Bastian Goßner (von links) Manfred Binzer von Pro Bahn und Agilis-Geschäftsführer Axel Hennighausen, mit Günter Thaller, Anette Lenz und Ulrich Appel ins Gespräch. −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Der Frust sitzt tief - allerdings offenbar nur bei wenigen Fahrgästen der Agilis, die sich am Donnerstagabend in einer Fahrgastsprechstunde ihren Kunden stellte. Organisiert hatte die Veranstaltung in der Rennbahn Manfred Binzer vom Fahrgastverband Pro Bahn Oberbayern. Die wurde jedoch nur von drei Fahrgästen angenommen.

"Wir wollten einen Ort für Fahrgäste bieten, um mit Agilis ins Gespräch zu kommen", schickte Binzer voraus. Besonders für Pendler seien die Ausfälle ärgerlich, schließlich "kaufen wir unsere Zeitkarten auf der Grundlage eines Fahrplans". Dass der in den vergangenen Wochen nicht eingehalten wurde, räumten der für Technik und Betrieb zuständige Agilis-Geschäftsführer Axel Hennighausen und Vertriebs- und Marketing-Leiter Bastian Goßner unumwunden ein und entschuldigten sich.

Grund sei der Mangel an Zugführern, bedingt durch mehrere unvorhersehbare Unfälle und Erkrankungen. "Jetzt werden Sie sagen, das kommt überall vor, da muss ein Unternehmen Vorsorge treffen", meinte Hennighausen. "Das tun wir auch, aber im September und Oktober reichte das nicht aus." Deshalb hätten sich die Verantwortlichen entschieden, lieber Züge zu streichen als "täglich im Chaosmodus zu fahren". Er versprach jedoch, "Ende Oktober sind wir damit definitiv durch". Agilis sei verstärkt in die Ausbildung gegangen, das zahle sich nun aus. Der eingeräumte Zeitraum stieß bei Ulrich Appel auf Widerspruch. Als Beispiel nannte er den Zug von Abensberg nach Regensburg, Ankunft 17.34 Uhr, der "fällt seit Monaten aus". Als Anschlusspendler wünschte sich Günter Thaller, dass bei Streichungen auch auf die Anschlusszüge der Bundesbahn geschaut werde, zumal es bei der Bahn ebenfalls Verschiebungen gegeben hätte.

So sei gerade der gestrichene 18.41-Uhr-Zug zwischen Ingolstadt und Donauwörth derjenige, der Anschluss gehabt hätte. "Es fehlen die richtigen Züge", monierte er. Anette Lenz wünschte sich für die Pendler, dass morgens und abends einen Halbstunden-Takt in einem Zeitfenster von etwa zwei Stunden. Wenn ausgedünnt werden müsse, dann solle wenigstens der Stundentakt erhalten bleiben. Der Höhepunkt für sie war in der vergangenen Woche, als Sturm, B16-Sperrung und die Parkplatzprobleme in Ingolstadt noch hinzukamen. Informiert werde über eine App, zudem könne ein Abweichungsnewsletter abonniert werden, antwortete Goßner auf eine entsprechende Frage: "Darüber erfahren Sie Verspätungen oder Zugausfälle in Echtzeit, genauso schnell wie wir." Lob hatte Lenz für das freundliche Zugpersonal, auch die Information funktioniere, entweder über App oder frühzeitige Durchsagen in den Zügen.

Thema war auch das veraltete Schienennetz, an dem seit 50 Jahren nichts mehr gemacht worden sei, wie Binzer anmerkte, die Stellwerkstechnik sei bis zu 100 Jahre alt. Was die Agilis-Leute bestätigten: Die Technik stamme in unserer Region überwiegend aus den 30er-Jahren. Gedanklich orientiere sich auch die Leitungs- und Sicherheitstechnik immer noch an den mechanischen Signalen jener Zeit, auch wenn inzwischen Computer und Satellitentechnik dahintersteckten, ergänzte Hennighausen. Dahinter stehe ein "wahnsinnig langsames Grundsystem". Die Infrastruktur, insbesondere eingleisige Strecken, sei für die von den Fahrgästen monierten verpassten Anschlüsse mitverantwortlich, erklärte Goßner. Denn Agilis könne nicht länger als zwei bis drei Minuten auf den ICE warten, da sonst der Gegenverkehr mitbetroffen würde.

Um die Infrastruktur zu verbessern empfahl Hennighausen, Druck über die (lokale) Politik auf den Verkehrsminister auszuüben. "Sprechen Sie mit Ihren Abgeordneten, mit Oberbürgermeister und Landrat, dass mit der übergeordneten Politik gesprochen wird", ergänzte Goßner. Jetzt sei das richtige Zeitfenster für die Region, da 2024 die Ausschreibung des Agilis-Netzes anstehe. "Man erreicht nur was, wenn wir den Druck von Bürgern und Politikern haben", bestätigte Binzer, Pro Bahn sei in letzter Zeit zu moderat gewesen. "Es war gut, ins Gespräch zu kommen", bilanzierte er, "es gibt ein veraltetes Netz, es gibt die Politik - wir haben viel aufzuholen".

Andrea Hammerl