Neuburg
"Wie ein Häufchen Elend"

22-Jähriger verkaufte Marihuana an Minderjährigen und wird zu Bewährungsstrafe verurteilt

11.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:41 Uhr

Neuburg (DK) Das hätte auch ganz anders ausgehen können: Ein 22-Jähriger ist gestern vor dem Amtsgericht Neuburg wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an einen Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft wog schwer - und wird juristisch als Verbrechen gewertet. Wären seine Lebensumstände andere und hätte er die Tat nicht vollumfänglich gestanden, wäre auch eine Gefängnisstrafe für den jungen Mann möglich gewesen.

Aber von Anfang an: Staatsanwältin Maike Wimmer warf dem Burschen aus dem Landkreis Pfaffenhofen vor, 19-mal Marihuana an einen 15-Jährigen verkauft zu haben. Beim letzten Kauf wollte sich der Jugendliche mit Drogen für das Wochenende eindecken, hatte aber nicht genug Geld dabei. Als Pfand hinterließ er bei seinem erwachsenen Dealer ein Handy und eine Spielekonsole.

Doch dann flog alles auf - weil die Eltern des 15-Jährigen dem Treiben auf die Spur kamen und mit ihrem Sohnemann schnurstracks zur Polizei marschierten. "Der Vater hat ihn zu uns geschleppt", berichtete im Zeugenstand der Polizist, der die Sache im Oktober vergangenen Jahres aufgenommen hatte. "Der war so klein mit Hut. " Und so nahmen die Ermittlungen ihren Lauf - und der 22-jährige Dealer landete vor Gericht. Ebenfalls als Zeugen anwesend: seine Eltern. Bei der Mutter liefen die Tränen über die Backen, während ihr Sohn auf der Anklagebank Platz nahm. Dass jedoch die Eltern bei der Verhandlung dabei waren, machte bei den Prozessbeteiligten einen guten Eindruck. "Es wäre ein Verbrechen, wenn Sie die Chancen, die sich Ihnen bieten, nicht nutzen", appellierte Richter Christian Veh eindringlich an den 22-Jährigen. Denn noch sei sein weiterer Lebensweg nicht vermurkst. Der junge Mann hat die mittlere Reife, eine abgeschlossene Lehre als Sanitätsinstallateur und arbeitet derzeit als Tief- und Straßenbauer in der Firma seines Vaters. Die Eltern haben ihn auch wieder bei sich Zuhause aufgenommen. "Das ist eine super Sache, wenn man so etwas hat", sagte Veh. "Hier sitzen oft ganz andere Schicksale vor mir, aber Sie haben ein solides Elternhaus. "

Der Angeklagte hatte über seine Verteidigerin Andrea Kremer die Taten gestanden. "Sie waren gut beraten, hier die Hosen runterzulassen und einen Schlussstrich unter diese ganzen Geschichten zu ziehen", befand auch der Richter. "Sie wären nicht der erste, der wegen Drogen von hier aus entweder im Leichenhaus oder im Gefängnis landet. " Für ihn sei es letztendlich ein "Riesenglück" gewesen, dass der Vater des 15-Jährigen damals zur Polizei gegangen sei. So flog die ganze Sache zwar auf - gab dem jungen Mann aber gleichzeitig die Chance, ein für alle Mal mit den Drogen aufzuhören. Ein Schuss vor den Bug, sozusagen.

Auch Staatsanwältin Wimmer hatte konstatiert, dass der Angeklagte "hier wie ein Häufchen Elend sitzt". Seinen Führerschein ist er aktuell wegen seines Rauschmittelkonsums los, er muss sich regelmäßig Alkohol- und Drogentests unterziehen. Die Ergebnisse muss er nun auch dem Gericht vorlegen. Außerdem verurteilte ihn Veh dazu, 2000 Euro an eine karitative Einrichtung zu zahlen - im Endeffekt alles besser, als im Gefängnis zu landen. Dort war er nämlich für eine Nacht in U-Haft. "Das hat bleibenden Eindruck hinterlassen", sagte auch Rechtsanwältin Kremer. Hält sich der junge Mann nun an die Auflagen, steht einem straffreien Leben in Freiheit nichts mehr im Wege.

Verena Belzer